Arbeitswelt
Haben wir alle wieder Lust auf einen Ausflug ins Büro? © Imago / Westend61
Wofür wir das Büro brauchen
Kann das Büro weg, wo wir doch nun das Homeoffice haben? Oder erlebt es ein Comeback und wird besser als je zuvor? Immer neue Formen der Arbeit im Büro hat es gegeben, und damit ist bestimmt nicht Schluss. Das Büro der Zukunft wird jetzt konzipiert.
Jeder dritte Beschäftigte arbeitet heute am Schreibtisch, fährt morgens den Computer hoch oder klappt irgendwo, im Co-Working Space oder am Küchentisch, den Laptop auf. Arbeiten geht für viele Menschen inzwischen überall. Warum ist da überhaupt noch ein Büro nötig?
Nicht jeder will dort arbeiten, vor allem nicht jeden Tag: "Büro ist wie Achterbahnfahren", sagte Bernd Stromberg in der nach ihm benannten deutschen Comedy-Serie, "wenn man das jeden Tag acht Stunden machen muss, täglich, dann kotzt man irgendwann."
In seiner Geschichte musste das Büro immer wieder neu erfunden werden – durch technische Innovationen wie die Schreibmaschine und später den Computer oder durch soziale Veränderungen wie den massenhaften Eintritt von Frauen ins Berufsleben und die Individualisierung der Arbeitszeiten. Und 2023, nach der Pandemie, den Lockdowns und dem Siegeszug des Homeoffice? Zeit für eine Bestandsaufnahme.
Eine Vision für das bessere Büro
Im besten Fall wird jetzt, nach gut drei Jahren in einer veränderten Arbeitswelt, sogar bei hartnäckigen Homeoffice-Fans das Gefühl entstehen, etwas zu verpassen, wenn sie nicht im Büro sind. Klar ist: Die Firmen können die Zeit nicht zurückdrehen auf das Jahr 2019, viele wollen das ja auch gar nicht.
Wie groß der Wunsch nach Homeoffice oder eben Corporate Office ist, das schwankt. Alles im Fluss. Räumlich wird aber schon mal umgestaltet. Gläserne Wände, Räume für hybride Konferenzen, Schreibtische auf Rollen, die bei Bedarf zu einem Konferenztisch zusammengeschoben werden können. Man sieht viele Sofas, Alkoven, Sessel, und auch in den Farben wird das Wohnliche betont. Wer weiß, vielleicht wird das Büro der Zukunft dann sogar das schönere Zuhause.
Wie die Renaissance des Büros gelingt
„Das Büro wird jetzt zum sogenannten Lagerfeuer, zu einem Heimathafen, zu einer Bühne“, sagt der Verleger Robert Nehring, der sich in seinem Fachbuchverlag dem Thema Büro widmet. „Es wird zu einem Identifikationsort, zu einem Kreativitätsraum. Und es muss noch eine ganz wichtige Aufgabe erfüllen: Es muss einen Ausgleich schaffen. Also vereinsamte Home Worker sollten hier die Möglichkeit zur physischen Zusammenarbeit bekommen. Zu Hause abgelenkte Heimarbeiter müssen Rückzugsräume für konzentrierte Arbeit vorfinden.“
Das Homeoffice sei zwar „gekommen, um zu bleiben“, konstatiert Nehring, aber das Büro sei quicklebendig, gerade weil es nun im Wettbewerb mit anderen Arbeitsorten stehe: „Das wird auch zu seiner Veränderung, zu seiner Verbesserung sicherlich beitragen.“
Bloß keine Großraumbüros oder strenge Einzelzellen-Struktur, stattdessen variable Räume, die konzentrierte Stillarbeit, aber auch Teambesprechungen und Videokonferenzen ermöglichen. Das Büro muss schon einiges zu bieten haben, um Menschen, die sich an die Vorzüge des heimischen Büros gewöhnt haben, wieder in die Firma, die Agentur, die Redaktion oder Kanzlei zu locken.
Warum Menschen ins Büro kommen – und warum nicht
Stefan Rief vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart denkt darüber nach, wie es gelingen kann, das Büro als Arbeitsort wieder attraktiv zu machen. Der Mensch rückt dabei immer mehr in den Fokus. Er soll nicht nur keine Rückenschmerzen haben, sondern sich wohlfühlen am Arbeitsplatz – und muss je nach individueller Lebenslage mit bestimmten Anreizen ins Büro gelockt werden.
"Mit dem Arbeiten von Zuhause ist natürlich dem Büro eine mächtige Konkurrenz erwachsen", sagt Rief. Andererseits sei das Büro immer ein Ort gewesen, "an dem man zusammenkommt, an dem man Dinge mitbekommt, vor allem zufällig Informationen erhält und ja auch unter Menschen ist". Man komme ins Büro, "um auf Leute zu treffen, um dort gut miteinander arbeiten zu können", sagt Rief.
Zu den Hemmnissen, ins Büro zu gehen, komme an erster Stelle die Sorge, dort nicht fokussiert arbeiten zu können oder keine Videokonferenzen machen zu können, die anderen zu stören oder einfach seine Privatheit nicht zu haben. Diese Sorge sei ein größeres Hemmnis als der mitunter lange Arbeitsweg.
Hybrides Arbeiten: ein bisschen Büro, ein bisschen Homeoffice
Mal im Büro arbeiten, mal im Homeoffice, dieses Modell gewinnt derzeit enorm an Zugkraft. Hybrides Arbeiten kann vor allem bedeuten, weniger pendeln zu müssen. Das spart Zeit, Geld und CO2-Emissionen. Es kann bedeuten, weniger Stress zu haben, sich die Arbeitszeit freier einteilen zu können, Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren zu können.
Die negativen Effekte des Arbeitens im Homeoffice können sich abgeschwächt auch beim hybriden Arbeiten zeigen: die soziale Isolation in der Heimarbeit und die Erschöpfung nach einem Tag voller Videokonferenzen.
Was spricht für das Arbeiten im Büro?
Nach anfänglicher Begeisterung für flexiblere Arbeitszeiten im Homeoffice sei es Zeit, die ganze Sache etwas nüchterner zu bilanzieren, meint die Publizistin Susanne Gaschke. Sie begrüßt die Rückkehr ins Büro: "Die Trennung von Arbeit und Freizeit, von Wohnung und Arbeitsplatz war doch eine ziemlich großartige kulturelle Errungenschaft. Eine Errungenschaft, die durch die angeblichen Vorteile der digitalen Verbundenheit nicht annähernd aufgewogen wird."
Das zwischenmenschliche Phänomen „Gruppe“ habe einen erheblichen Einfluss auf die Kreativität und Ausdrucksfähigkeit des Individuums, betont Gaschke. Im Homeoffice fehle das kollektive Augenrollen, das souveräne Chefs als interne Qualitätskontrolle für ihre Vorschläge nutzen könnten. "Außerdem fehlt vollkommen die gemeinsame Begeisterung für ein Projekt."
Quellen: Mandy Schielke, Susanne Gaschke, Deutschlandfunk Kultur, scr