Bütikofer zu Hongkong

Werte gegen den Rivalen China besser verteidigen

07:50 Minuten
Ein Demonstrant wird in Hongkong von zwei Polizisten abgeführt. Auf dem T-Shirt des Verhafteten ist "Courage" zu lesen.
Repression gegen die Opposition: Kritiker befürchten, dass durch das neue Sicherheitsgesetz die Demokratie in Hongkong eingeschränkt werden könnte. © Picture Alliance / dpa / AP / Vincent Yu
Reinhard Bütikofer im Gespräch mit Julius Stucke |
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Mit dem neuen Sicherheitsgesetz für Hongkong habe China eine rote Linie überschritten, ist Reinhard Bütikofer überzeugt. Der grüne EU-Abgeordnete fordert ein einheitliches Vorgehen der EU gegen Peking. Vor allem Deutschland sei dafür gefragt.
Demonstrierende Menschen, die leere, weiße Zettel hochhalten: Das ist eines der Bilder aus Hongkong, denn Protest-Slogans sind verboten. Das Sicherheitsgesetz ermöglicht es China, gegen jene vorzugehen, die in den Augen Pekings als subversiv gelten oder als Verschwörer einstuft werden.

Tabula rasa in Hongkong

Kritiker sagen, damit sei Hongkong unter chinesischer Kontrolle. Wobei Peking versichert, die Stadt behielte ihre Autonomie. Dem widerspricht Reinhard Bütikofer. Er ist Abgeordneter der Grünen im EU-Parlament und unter anderem Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China.
Für Bütikofer steht fest: Peking schaffe nun in Hongkong Tabula rasa. So werde die Demonstrationsfreiheit eingeschränkt, Angeklagte könnten auf das Festland gebracht werden, wo ihnen die Todesstrafe drohe. Außerdem fänden Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss statt.
Nun sei der Moment für die Europäische Union aufzustehen, findet der Grünen-Politiker. So könnte das Auslieferungsabkommen mit Hongkong storniert werden. Außerdem könnte dafür gesorgt werden, dass verfolgte Demokratieaktivistinnen und -aktivisten in Europa Asyl erhielten. "Wir können sowas offensiv anbieten."

Schlechte Entwicklung

Auch wirtschaftlich müssten Konsequenzen gezogen werden, sagt Bütikofer. Denn China habe nicht nur das Vertrauen zu den Hongkongern gebrochen. In Bezug auf das Versprechen Pekings, den Sonderstatus des Stadtstaates zu wahren, stellt der Abgeordnete fest: "Das ist auch der Bruch von völkerrechtlich verbindlich eingegangenen Verpflichtungen. Deswegen stellt man sich meines Erachtens zu Recht die Frage, was sind denn Verpflichtungen von China überhaupt noch wert? Wenn die dann hinterher sagen, wir halten uns nicht dran."
Porträtaufnahme von Reinhard Bütikofer bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen 2009.
Reinhard Bütikofer ist seit 2009 Abgeordneter im EU-Parlament.© imago images / Rüdiger Wölk
In den vergangenen Jahren habe es in China einen Prozess der Veränderung gegeben. Doch für Bütikofer sei dieser nicht zum Besseren gewesen, sondern zum Schlechteren. So trete das Land "zunehmend aggressiv auf". Daher sei es notwendig, Peking klarzumachen, dass dieses Vorgehen seinen Preis habe. Denn: "Durch gutes Zureden ändert sich ein totalitärer Diktator nicht", so der Grünen-Politiker.

Falsches Bild von China

Die Europäische Union müsse deswegen geeint handeln. Dabei liege die Verantwortung bei Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie tue so, "als wäre das China von heute immer noch das China von vor zehn Jahren, wo wir noch anders kooperieren konnten", ist Bütikofer überzeugt.
Doch: "Heute ist China ein aggressiver, systemischer Rivale für uns. Das heißt nicht, dass wir nicht Kooperation suchen. Aber wir müssen dabei unsere Werte und Interessen wesentlich aktiver vertreten", so der EU-Abgeordnete. Dabei bleibe die Bundesregierung hinter dem zurück, wie andere Staaten gegenüber Peking auftreten würden.
(rzr)
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