Bulgakows Tagebücher und Briefe

Krankheit und Mühsal für die Zensur

Thomas Reschke ist Literaturübersetzer. Unter anderem hat er das Buch "Ich bin zum Schweigen verdammt" von Michail Bulgakow übersetzt
Übersetzer Thomas Reschke: Bulgakow als charmanten, eleganten und lebensfrohen Mann kennengelernt © Deutschlandradio / Oranus Mahmoodi
Thomas Reschke im Gespräch mit Jörg Magenau |
Der Übersetzer Thomas Reschke widmet sich der russischen Literatur seit vielen Jahrzehnten. Im "Lesart"-Gespräch erklärt er, warum für ihn Bücher des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow leichter ins Deutsche zu übersetzen sind als andere.
"Ich bin zum Schweigen verdammt" heißt das jetzt erschienene Buch, das Bulgakows beständiges Ringen mit der Zensur zeigt und auch von seinem gescheiterten Versuch, die UdSSR zu verlassen, erzählt. Im Übersetzerleben von Thomas Reschke nimmt der Schriftsteller eine zentrale Rolle ein. Die Übersetzung von "Meister und Margarita" war für den Mitarbeiter des ostdeutschen Verlags "Volk und Welt" ein Fest: Schon den Roman zu lesen habe ihm ehemals "helle Freude" bereitet, betont Reschke. Das Buch sei wunderbar, klug und dabei nicht schwer zu lesen. Und außerdem "unendlich weit" entfernt vom aufoktroyierten sozialistischen Realismus gewesen – es bewegte "sich in geistigen Sphären, die man eigentlich aus der sozialistischen Literatur überhaupt nicht mehr kannte".
Bulgakow ist leichter zu übersetzen als Pasternak
Bulgakow ist laut Reschke leichter zu übersetzen als andere russische Autoren wie beispielsweise Pasternak. Der sei "viel russischer". Bulgakow habe eine europäische Bildung genossen und man könne seine Texte deswegen leichter nachvollziehen. Die jetzt veröffentlichten Tagebücher findet Reschke nicht wirklich aufschlussreich. Die Briefe hingegen schon. Diese hätten eine Zeitlang sein Bild von dem Schriftsteller verändert. Er habe Bulgakow immer als elegant, charmant und lebensfroh betrachtet, sagt der Übersetzer.
"Und wenn ich die Briefe lese, dann sehe ich eigentlich nur Krankheit, Schwierigkeit, Mühsal. (...) Mir ist dann klar geworden: Er wusste natürlich, dass seine Briefe von der Postzensur gelesen werden und hat sie entsprechend abgefasst."
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