Der Darmstädter mit dem Hipster-Bart lebt vegan
Er ist der Mann mit dem längsten Bart in der Bundesliga: Marco Sailer von Darmstadt 98. Zudem verzichtet er auf tierisches Eiweiß und ernährt sich vegan - auch wenn das für einen Bundesliga-Profi nicht ganz einfach ist.
Marco Sailer nimmt in der Geschäftsstelle von Darmstadt 98 gleich neben einem lauten Getränkeautomaten Platz. Bei Getränken, sagt der Bundesligaspieler, der vegan lebt, muss er sich eigentlich nicht einschränken:
"Bei Getränken gibt es eigentlich nichts, was ich nicht trinken kann beziehungsweise was ich nicht vorher schon getrunken habe. Klar, ersetze ich dann den normalen Kakao, den ich mit tierischer Milch getrunken habe, ersetze ich jetzt mit Sojamilch."
Seit einem knappen Jahr setzt sich Marco Sailer mit veganer Ernährung auseinander:
"Ja, es war so ein fließender Übergang. Es hat begonnen Anfang Januar dieses Jahres. Damals war dann auch aber auch eine schwierige Zeit, Trainingslager in der Türkei und ich habe mich selber noch nicht 100 Prozent ausgekannt, was ich wie jetzt machen muss und dann habe ich mich so ein bisschen reingefühlt und 100 Prozent vegan jetzt seit Juni, würde ich sagen, ja."
Am Anfang dachte der 30-jährige Darmstädter Fußball-Profi, er könne ganz auf Nahrungsergänzungsmittel zur veganen Ernährung mit viel Obst und Gemüse verzichten. Doch der Körper eines Leistungssportlers braucht auch viel Eiweiß:
"Man macht sich halt das Leben so ein bisschen leichter und einfacher, wenn man dann Sachen zuführt um den Kopf nicht nur bei der Ernährung zu haben. Deshalb habe ich schon ein eigenes veganes Eiweißpulver, das ich täglich zuführe. Aber sonst brauche ich nichts oder braucht der Körper nichts."
Heißhunger auf Steck ist passé
Klar, sagt Marco Sailer, am Anfang seines veganen Weges habe ihn schon nochmal ab und zu der Heißhunger auf ein Steak oder ein Stück Fisch gepackt. Doch der Mensch sei irgendwie auch ein Gewohnheitstier…
"… und wenn man mal eine Zeit lang drin ist und sich dann gut fühlt und ich dann auch die Übergangsphase kenn wo ich sage: Hey, ich habe jetzt gerade keine Alternative, jetzt esse ich ein Stück Fleisch und mir ging es halt hinterher magentechnisch nicht so gut, dann ist dann die Zeit auch vorbei, wo ich dann irgendwas hinterhertrauere."
Der Lohn für die Ernährungsumstellung ist körperliche Fitness und ein guten Grundgefühl – auch politisch. Denn ein bekannter Bundesligaspieler wie Marco Sailer weiß, dass er mit seiner Haltung ganz beiläufig auch etwas gegen Massentierhaltung tut:
"Ist natürlich auch immer eine Ethik-Frage, ob ich hinter dem Tierschutz stehe oder nicht. Aber jeder Mensch, der teilweise die Fernseh- und Zeitungsberichte mitbekommt, der weiß, dass irgendwas nicht mehr ganz so in Ordnung läuft und dass man über vieles Nachdenken sollte und ich glaube, dass man damit alles ein bisschen schneller vorantreiben und unterstützen kann."
Sailer freut sich über wachsendes Angebot
Dass sich im Bewusstsein der Gesellschaft in Sachen Tierhaltung, gesundes Essen und auch in Bezug auf vegane Ernährung etwas ändert, erkennt Marco Sailer an den Regalen in den Lebensmittelläden. Die bieten zur Freude des Fußballprofis immer mehr vegane Speisen an:
"Für mich wird es natürlich einfacher dadurch, Vorher bin ich durch die halbe Stadt gefahren, um noch was zu finden, Und jetzt weiß ich genau, ich habe sogar noch Alternativen, wo ich sagen kann: Heute fahre ich da hin oder dort hin und klappere mehrere Länden ab. Also mir macht es die Sache einfacher und zugleich wird das Leben auch noch besser."
Ein Moralapostel oder verbissenes Vorbild für andere will Marco Sailer jedoch nicht sein, das betont er im Gespräch neben dem brummenden Getränkeautomaten im alten Stadion am Darmstädter Böllenfalltor. Jeder müsse schließlich nach seiner Fasson leben und sich auch so ernähren dürfen, wie er wolle. Ob Fleischesser, Vegetarier oder eben ein Veganer, wie er selbst:
"Weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass man jeden akzeptiert. Jeder Mensch hat das Recht, das auszuprobieren und die Meinung zählen zu lassen. Das liegt mir am Herzen: Das sich jeder so akzeptiert wie er ist und sich Gedanken darüber macht, was in seinem Umfeld passiert und vielleicht auch ein Stück weiterdenkt. Und ich glaube, dann können wir alle dazu beitragen, dass das Gesamte besser wird."
Hören Sie dazu auch das Interview mit Sportwissenschaftler Robert Erbeldinger und Klaus Pöttgen, Mannschaftsarzt SV Darmstadt 98. Audio Player
Hören Sie dazu auch das Interview mit Sportwissenschaftler Robert Erbeldinger und Klaus Pöttgen, Mannschaftsarzt SV Darmstadt 98. Audio Player