Respekt für Irlands Krisenbewältigung
Bei seinem Staatsbesuch zollte Bundespräsident Johannes Gauck Irland seinen Respekt dafür, wie es vor einigen Jahren mit der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise umgegangen sei. Irland habe gezeigt, dass es in einer Krise reale Gestaltungschritte gebe.
Auf einmal ist es vorbei mit der friedlichen Stimmung auf der saftig grünen irischen Weide: Die Kuhherde, die die Wiese bisher für sich alleine hatte, sieht nun einen Tross von Dutzenden gut gekleideten Damen und Herren auf sich zusteuern. Mittendrin: Bundespräsident Joachim Gauck.
Die fröhlichen Bilder, die dieser Abstecher Gaucks zu einem westirischen Landwirt liefert, scheinen irgendwie passend: Denn schwere politische Klippen hat der Bundespräsident bei seinem dreitägigen Staatsbesuch in Irland nicht zu umschiffen. Gleichwohl heißt das nicht, dass Gauck ohne eine wichtige politische Botschaft hergekommen ist:
"Auch weil ich das Gefühl hab‘, das größte Land der Europäischen Union sollte diesem etwas kleineren Land mal Respekt zollen für eine großartige Leistung der Krisenbewältigung. Dieses Land kann uns zeigen, dass Krisen zu bewältigen sind. Wenn eine Regierung klug gegensteuert. Das wir nicht träumen von einer Lösung der Krise, sondern das reale Gestaltungsschritte möglich waren."
Der Umgang der Iren mit der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise ist das dominierende Thema dieses Staatsbesuches. Auch Michael Harris, Staatssekretär im irischen Finanzministerium, findet, dass seine Regierung den richtigen Weg geht. Wobei er auch einräumt, dass dieser noch lang sein kann:
"Ich denke, die Narben der Krise werden noch viele Jahre zu sehen sein. Es gibt noch immer zu viele Leute ohne Job, die Arbeitslosenquote liegt jetzt bei 9,7 Prozent. Wir erwarten Vollbeschäftigung für das Jahr 2018. Aber solange wir nicht jeden zurück in Arbeit gebracht haben, ist die Krise noch nicht vorbei. Die irische Wirtschaft ist letztes Jahr am stärksten von allen europäischen Ländern gewachsen und wird dies wohl auch dieses Jahr wieder tun, neue Jobs werden geschaffen und unsere Schulden gehen zurück. Also, es sieht besser aus – aber wir sind noch nicht durch."
Unis mussten kräftig sparen
Fast alle Iren haben die Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen - auch die Studierenden. Die irischen Unis mussten zwischen 2008 und 2014 Einsparmaßnahmen von 32 Prozent verkraften. Monica Doyle ist 24 Jahre alt macht derzeit ihren Master in Business and Management am renommierten Trinity College in Dublin. Ob sie danach einen Job in ihrem Heimatland findet, wisse sie nicht, sagt Doyle:
"Ich würde sagen, dass wir eine beinahe vergessene Generation sind. Im heutigen Irland hat man als Uni-Absolvent nicht viel zu gewinnen. Es fehlt auch an Unterstützung durch die Regierung. Man verbringt sieben Jahre damit, um zu studieren. Und das, was man danach erhält, ist nicht viel wert, es gibt nur wenig Chancen. Man versucht, das Beste daraus zu machen. Oder man wandert eben aus."
Ohne Zweifel hat die irische Regierung andere Maßnahmen getroffen als die griechische. Doch die Krisen in beiden Ländern lassen sich nur schwer vergleichen, betont auch der deutsche Bundespräsident. Die scharfe Kritik am Handeln der deutschen Regierung in der Griechenland-Krise weist Gauck indessen zurück:
"Weil ich nicht erkennen kann, dass es ein Defizit an Solidarität der Deutschen und der deutschen Regierungen gibt, um das mal ganz deutlich zu betonen. Wir haben über viele Jahre hinweg gezeigt, dass wir ein Interesse am Zusammenhalt Europas haben. Und dass uns eine Politik des Abbröckelns an den Rändern Europas nicht gefällt.“
Ehrendoktorwürde für Gauck
Von der Universität Galway erhält der Bundespräsident die Ehrendoktorwürde. Sie würdigt Gaucks Engagement um die europäische Demokratie und die Menschenrechte. In seiner Dankesrede fordert Gauck, die Erfolge der europäischen Integration gegen Populisten von links und rechts zu verteidigen.
Gleichzeitig lenkt das deutsche Staatsoberhaupt den Blick auch auf ein anderes Thema: Die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union in Sachen Menschenrechte hänge vom Umgang mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen ab.