Bundestag diskutiert Documenta-Eklat
Konsens im Großen, Dissens im Detail: Der Bundestag spricht über Antisemitismus bei der Documenta. © picture alliance/dpa/Michael Kappeler
Ungeduldig Aufklärung gefordert
06:13 Minuten
Im Bundestag wurde über Antisemitismus bei der Documenta debattiert. Wie konnte es zu dem Debakel kommen und was für Konsequenzen müssen gezogen werden? Die Hauptverantwortlichen waren nicht vor Ort.
Weder Documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann, noch jemand vom Kuratorenkollektiv Ruangrupa waren anwesend, als der Bundestag über den Antisemitismus-Skandal bei der Documenta 15 debattierte.
Der Vorgang wurde in seiner ganzen Breite besprochen, sowohl das antisemitische Plakat von "Taring Padi", das später entfernt wurde, als auch der inzwischen fast vergessene Wirbel um die Einladung eines palästinensischen Künstlerkollektivs, dem antisemitische Einstellungen vorgeworfen wurden.
Es gab auch Einigkeit
Die Union warf Kulturstaatsministerin Roth vor, zu gutgläubig gegenüber den Kuratoren aufgetreten zu sein. Aber die Fraktionen waren sich glücklicherweise auch in einigen zentralen Punkten einig: Antisemitismus geht gar nicht und politisch-aktivistische Kunst muss sich an den Kriterien einer politischen Debatte messen lassen.
Wo genau die Grenzen zwischen Freiheit der Kunst und Verletzung der Menschenwürde liegen, wurde nicht abschließend geklärt. Aber das wäre wohl auch zu viel verlangt.
Ungeduld lag in der Luft
Die Debatte war von einer großen Ungeduld geprägt, sagt unser Hauptstadtstudio-Kulturkorrespondent Jürgen König: "Man will endlich wissen, wie es zu diesem Debakel gekommen ist. Warum niemand sich verantwortlich dafür gezeigt hat, warum es unklare Strukturen gab, nicht geklärte Zuständigkeiten."
Über den Weg zur Aufklärung gab es verschiedene Vorstellungen. Die Union wollte eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen. Die wird es nicht geben. Die Vertreter der Ampelkoalition argumentierten, man arbeite ja bereits an der Aufklärung, eine weitere Kommission brauche es nicht.
Wer muss gehen?
Nach der Debatte scheinen einige Konsequenzen unausweichlich. Auf der einen Seite Veränderungen an der Institution Documenta. "Der Bund muss wieder ein Mitspracherecht bekommen. Er hatte sich als 2018 aus dem Dokument der Aufsichtsrat zurückgezogen, was inzwischen als schwerer Fehler angesehen wird. Claudia Roth will dem Bund mehr Einfluss verschaffen. Andernfalls soll es weniger oder gar kein Geld mehr geben vom Bund", sagt König.
Und auch personelle Veränderungen sind wahrscheinlich. Hier dürfte es den Aufsichtsratsvorsitzenden der Documenta, den Kasseler OB Christian Geselle und die Generaldirektorin Sabine Schormann treffen.
Oder aber es kommt ganz anders, wie Jürgen König sagt: "Mir kam heute der Gedanke, ob nicht vielleicht die Zeit solcher Großveranstaltungen der zeitgenössischen Kunst in dieser Form einfach vorbei ist."
(beb)