Die deutsch-kroatische Autorin und Kulturmagerin Jagoda Marinić, geboren 1977, studierte Germanistik, Politische Wissenschaft und Anglistik in Heidelberg. Die Schriftstellerin verfasst Romane, Essays und Erzählungen, aber auch Kolumnen für die Süddeutschen Zeitung, taz und die Internationale New York Times. Zuletzt erschien von ihr 2019 das Sachbuch "Sheroes – neue Heldinnen braucht das Land".
Mehrheit lehnt Spahn-Pläne zur Organspende ab
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Die Abgeordneten des Bundestags haben die Widerspruchslösung für die Organspende abgelehnt. Die deutsch-kroatische Schriftstellerin Jagoda Marinić bedauert das und verweist auf Erfolge mit dieser Regelung in Spanien und Kroatien.
Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), bei der Organspende eine Widerspruchslösung durchzusetzen, sind bei der Abstimmung im Bundestag gescheitert. Organspenden bleiben in Deutschland weiterhin nur mit ausdrücklicher Zustimmung von Spendern erlaubt. Die Parlamentarier lehnten mehrheitlich den Vorschlag ab, dieses Prinzip umzukehren. Stattdessen gab es eine Mehrheit für die erweiterte Zustimmungsregelung.
Das Parlament entschied sich mit breiter Mehrheit für einen Antrag der Abgeordnetengruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock, Linken-Chefin Katja Kipping und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP). Damit bleibt es im Grundsatz bei der geltenden Regelung: Organe und Gewebe dürfen nach dem Tod nur entnommen werden, wenn die betreffende Person dem zu Lebzeiten zugestimmt hat, einen Organspendeausweis besitzt oder die Angehörigen der Entnahme zugestimmt haben.
Sie hätte gedacht, dass Spahn sich durchsetzt, sagt unser Studiogast, die deutsch-kroatische Schriftstellerin Jagoda Marinić. "Überrascht bin ich aber trotzdem nicht." Deutschland sei ein Land, das sich gerne im Bestehenden einrichte. Andere Länder seien da bereits weiter. Viele Zahlen zeigten, dass die Widerspruchslösung eigentlich die Ergebnisse erziele, die wichtig seien.
Zeichen der Nächstenliebe
In der deutschen Debatte dominiere sehr stark die Frage eigener Befindlichkeit und des staatlichen Zugriffs. "Aber viel zu wenig die Frage, wer braucht Organe, wie viele brauchen wir und wie viele Menschenleben retten wir?" Andere Länder, die diese Widerspruchslösung hätten, lieferten da eindrucksvolle Zahlen, so Marinić. Sie habe vor allem zu Spanien und Kroatien persönliche Bezüge. Gerade in diesen christlichen Ländern habe sich die Debatte so entwickelt, dass es als Zeichen der Nächstenliebe gewertet werde, wenn jemand ein Organ benötige.
Mitsprache der Angehörigen
Die Widerspruchslösung setze einen breiten Impuls, sagte Marinić. "Ihr müsst Euch jetzt wirklich damit befassen." Es werde ja niemandem etwas verordnet und es werde auch nicht einfach nach einem Tod auf einen Körper zugegriffen. Sie finde die türkische Variante interessant, bei der die Angehörigen ein Mitspracherecht hätten. "Der große Ruck, der kommt durch die neue Regelung eher nicht."
(gem)