Bundesverfassungsgericht

    Urteil zum Tagebau erschwert Zwangsumsiedlungen

    Die beiden Klagen gegen den nordrhein-westfälischen Tagebau Garzweiler sind vor dem Bundesverfassungsgericht größtenteils gescheitert. Das Gericht stärkte aber den Rechtsschutz von Bürgern bei künftigen Bergbauprojekten.
    Die betroffenen Bürger müssten ihre Klagerechte schon in einem frühen Stadium geltend machen können, entschied das Gericht. De facto billigten die Richter aber den Braunkohletagebau Garzweiler II. Dessen Zulassung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da es die Energieversorgung von "Gemeinwohlbelang" sei.
    "Es ist eine energiepolitische Entscheidung, mit welchen Energieträgern und in welcher Kombination der verfügbaren Energieträger eine zuverlässige Versorgung sichergestellt werden soll", stellte der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, klar. Wie Land und Bund dies regeln, sei ihnen weitgehend selbst überlassen – das Grundgesetz biete dafür keine Maßstäbe, erläuterte Martin Roeber in unserem Programm.
    Mit der Entscheidung steht somit dem bis 2045 geplanten Abbau von Braunkohle in der Grube Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen rechtlich vorerst nichts mehr im Weg. Das Urteil dürfte aber Vorhaben zur Gasförderung mit dem umstrittenen Fracking-Verfahren erschweren.
    Enteignung einer Obstwiese rechtswidrig
    Vor dem Verfassungsgericht war die Klage der Umweltschutzorganisation BUND erfolgreich, die eines von Umsiedlung betroffenen 50-jährigen Hauptkommissars aus Immerath aber nicht. Laut Gericht war die Enteignung eines dem BUND gehörenden Grundstücks mit einer Obstwiese verfassungswidrig, weil Behörden die nötige Gesamtabwägung des Tagebauprojekts unterlassen hatten. Konsequenzen hat das laut Richterspruch aber keine, da das Grundstück schon längst weggebaggert ist.
    Die Klage des Anwohners gegen die Enteignung seines Elternhauses wiesen die Richter ab – er hatte ein "Recht auf Heimat" gefordert. Die freie Ortswahl finde ihre Grenzen an den Regelungen der Bodennutzung, die dem Gemeinwohl dienen, heißt es im Urteil.
    RWE will noch bis 2045 Braunkohle abbauen
    Wegen des Braunkohletagebaus Garzweiler II bei Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen gibt es seit Jahren politischen und juristischen Streit. Der Energiekonzern RWE plant, die dort geförderte Braunkohle noch Jahrzehnte lang zur Energieversorgung zu nutzen. Bis 2045 sollen rund 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle abgebaut werden.
    Dafür müssten in den kommenden Jahrzehnten allerdings zwölf Dörfer abgerissen und insgesamt 7600 Bürger ihre Grundstücke abgeben. Die Bewohner wollen das nicht hinnehmen.
    Laut NRW-Landeskorrespondentin Barbara Schmidt-Mattern halten sich jedoch seit Oktober dieses Jahres hartnäckig Gerüchte über einen möglichen früheren Ausstieg des Stromkonzerns RWE aus dem Braunkohletagebau, wenngleich der Konzern dies dementiert. Der Grund: Der Abbau und vor allem die Verfeuerung von Braunkohle könnten wegen der Energiewende unrentabel werden, so Mattern.
    Der Tagebau Garzweiler II wurde 2006 in Betrieb genommen, seine Fläche von 48 Quadratkilometern entspricht rund 6500 Fußballfeldern.
    mhu – mit dpa, epd und AFPD

    Programmtipp:

    Über das Verfassungsgerichtsurteil zu Enteignugnen beim Braunkohle-Tageabbau berichten wir in unseren Ortszeit-Sendungen ab 12:07 Uhr, 17:07 Uhr und 22:30 Uhr.

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