"Dieser Einsatz ist bittere Notwendigkeit"
So riskant er auch sein mag, der Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien sei ohne Alternative, kommentiert Martin Steinhage und kontert die Kritik, der Einsatz sei ziellos. Es gelte, den IS zu bekämpfen und zu zerschlagen.
"Wir sind zur Solidarität bereit, aber dieses Land wird unter meiner Führung für Abenteuer nicht zur Verfügung stehen." – Unmissverständlich verweigerte der damalige Bundeskanzler Schröder im Sommer 2002 einen deutschen Beitrag zum Irakkrieg, der dann unter Führung der USA und ihrer "Koalition der Willigen" stattfand, aber ohne Beteiligung der Bundeswehr. Längst weiß man, dass Schröder richtig handelte. Der Krieg war falsch, und seine Folgen waren fatal: Er destabilisierte dauerhaft die Region – und er schuf in seiner Folge das Monster "Islamischer Staat".
Seit Jahren terrorisieren die selbsternannten Gotteskrieger die Menschen im Irak und in Syrien, sie morden und brandschatzen mit einer Brutalität, die ihresgleichen sucht. Spätestens die Anschläge von Paris haben gezeigt, dass die Kämpfer des IS überall auf der Welt zuschlagen können, und dass sie eine globale Bedrohung darstellen.
Seit jenem schwarzen Freitag von Paris sieht sich Frankreich im Krieg mit dem Islamischen Staat und fordert die Solidarität seiner Partner ein, und damit auch und gerade von uns Deutschen. Wobei Präsident Hollande und seine Landsleute unter Solidarität einen militärischen Beitrag im Kampf gegen den IS verstehen.
Was ist die Alternative?
Anders als Gerhard Schröder, der damals US-Präsident George W. Bush diese Form der Solidarität verweigerte, ist Angela Merkel bereit, dem französischen Partner die gewünschte Unterstützung zu gewähren. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag grünes Licht für einen Bundeswehreinsatz gegeben. Und so wie Schröder damals das Richtige tat, so handelt auch seine Nachfolgerin richtig: Dieses Mal ist ein Kriegseinsatz bittere Notwendigkeit, trotz aller damit einhergehenden großen Risiken. Da muss auch Deutschland seinen vergleichsweise bescheidenen Beitrag mit militärischer Aufklärung und Geleitschutz leisten.
Was wäre die Alternative? Mit den Mörderbanden zu verhandeln, verbietet sich von selbst. Dem IS endlich mit geeigneten Maßnahmen die finanzielle Basis zu entziehen, worauf vor allem die Opposition im Bundestag setzt - das ist notwendig und hätte längst in Angriff genommen werden müssen. Aber dies allein wird nicht reichen, es ist nur ein – wenn auch wichtiger - Teil der Lösung.
Nur mit friedlichen Mitteln ist das selbst ernannte Kalifat nicht zu bezwingen. Viel zu lange hat die Weltgemeinschaft dem Erstarken des Islamischen Staates mehr oder minder nur zugeschaut. Nun gilt es entschlossen zu handeln. Außenminister Steinmeier – der über jeden Verdacht erhaben ist, ein Bellizist zu sein - hat darauf hingewiesen, dass es schon bald zu spät sein kann für die Befriedung Syriens und dessen Wiederaufbau – weil es dann vielleicht nichts mehr geben wird, was man wieder aufbauen könnte.
Es müssen umsichtige Maßnahmen folgen
Insofern greift auch die Kritik zu kurz, Ziel und Strategie des Militäreinsatzes seien unklar: Es gilt, den IS zu bekämpfen und zu zerschlagen. Nicht mehr und nicht weniger. Dass damit die Gefahr terroristischer Anschläge nicht gebannt wird, ist völlig unstrittig. Unsere Sicherheit ist und bleibt für einen nicht absehbaren Zeitraum äußerst gefährdet. Wären wir aber sicherer, wenn wir uns dem Kampf gegen die Terroristen verweigern würden? Allein der Gedanke ist zynisch, wenn man nur an die Toten von Paris denkt.
Ebenfalls nicht überzeugen kann der Einwand, mit Luftschlägen allein sei der Islamische Staat nicht zu besiegen, der Krieg werde am Boden entschieden, niemand in der Anti-IS-Koalition aber sei bereit, Bodentruppen zu entsenden. Das mag zutreffend sein. Daraus aber den Schluss zu ziehen, es mit dem militärischen Kampf gegen die Terrormiliz dann lieber gleich ganz zu lassen, wäre grundfalsch.
Allerdings machen alle militärischen Anstrengungen nur dann Sinn, wenn ihnen dieses Mal umsichtige und kluge politische Maßnahmen folgen. Die schweren Versäumnisse nach dem letzten Irakkrieg oder dem Afghanistan-Einsatz, um nur zwei Beispiele zu nennen, dürfen sich nicht wiederholen. Daher wird die größte Herausforderung, den islamistischen Terror dauerhaft unschädlich zu machen, nicht der Kampf gegen die Terroristen sein, sondern die Zeit nach dem Militäreinsatz. Dieser Einsatz aber ist die Voraussetzung für alles, was dann folgen muss.