Und vorne steht wieder der Kollege
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Gender-Pay-Gap und die Benachteiligung von Frauen im Theaterbetrieb sind Themen der zweiten "Burning Issues"-Konferenz. Über ihre eigenen Erfahrungen sprechen Schauspielerin Katrin Wichmann und Autorin Maria Milisavljevic.
Die "Burning Issues"-Konferenz, bei der es um strukturellen Sexismus im Theaterbetrieb ging, fand im vergangenen Jahr zum ersten Mal statt – initiiert vom Ensemble-Netzwerk. Das Echo war groß, auch deshalb findet die zweite Konferenz am kommenden Wochenende im Rahmen des Theatertreffens in Berlin statt.
Nachdem die Probleme benannt wurden – unter anderem der Gender-Pay-Gap und das Missverhältnis zwischen Männern und Frauen, wenn es um Leitungspositionen oder Regieaufträge geht –, soll nun unter anderem im Rahmen der "Burning Issues Academy" auch an konkreten Lösungen gearbeitet werden. Dort kommen zahlreiche Künstlerinnen, Feministinnen und Aktivistinnen zusammen, geben Workshops und diskutieren über brennende Fragen: unter anderen die Schauspielerin Katrin Wichmann und die Theaterautorin Maria Milisavljevic.
Die psychischen Probleme - haben Frauen
Katrin Wichmann beschäftigt sich in ihrem Workshop, der den Untertitel "Pretty when you cry" trägt, mit den immer noch sehr eingeschränkten Bildern von Weiblichkeit auf den deutschsprachigen Bühnen. "Das habe ich natürlich am Anfang meiner Schauspieler-Laufbahn nicht infrage gestellt – aber irgendwann habe ich schon gedacht: Warum steht der Kollege jetzt wieder vorne und hält den Schlussmonolog und ich liege hinten im Gegenlicht im Regen im BH und bin tot, also bin ein schönes Bild und muss da jetzt liegenbleiben eine halbe Stunde. Oder warum sehe ich das ständig, wenn ich selber ins Theater gehe?" Und sie betont: "Ja, das hat mich schon irgendwann angefangen zu stören."
Maria Milisavljevic wurde unter anderem mit dem Kleistförderpreis für junge Dramatik, dem Autorenpreis des Heidelberger Stückemarkts 2017 und dem Else-Lasker-Schüler-Stückepreis 2017 ausgezeichnet. Sie denkt als Autorin stark über andere Darstellungen von Weiblichkeit nach. Wichtig für sie sei, "dass Handlung von Frauen vorangetrieben wird und es auch um eine weibliche Sichtweise in Texten gehen kann".
Sie erklärt: "Ich musste mir da selbst auf die Füße treten, weil ich in einem Podiumsgespräch von einem Alt-68er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich einen Weltenlenker geschrieben hatte, der ein Mann war. Warum nicht eine Frau?" Sie habe feststellen müssen, sagt Milisavljevic: "In meinem Assoziationsraum gab es keine Frau als Weltenlenkerin. Und ich musste darüber hinaus feststellen, dass sämtliche Charaktere, die in meinem Stück psychologische Probleme hatten, Frauen waren."