Bye Bye Mitte
Bevor die Fotogalerie C/O Berlin im Herbst am Bahnhof Zoo ihr neues Zuhause eröffnet, heißt es am alten Standort einpacken und dem ehemaligen Postfuhramt in der Oranienburger Straße "tschüss" sagen.
Es ist Freitag, der 8. März. Im Kassenbereich von C/O Berlin herrscht reger Betrieb. Viele sind gekommen, um gemeinsam mit C/O Berlin "Bye Bye Mitte" zu sagen. Und Kurator Felix Hoffmann lässt es sich nicht nehmen, diese "letzten" Gäste persönlich zu begrüßen:
"Meine Damen und Herren, wer Lust hat, an einer Führung teilzunehmen. Ich mache jetzt einfach mal eine Führung. Heute ist ja der letzte Tag hier im Postfuhramt. Ich bin der Kurator hier vom Haus. Und das ist meine Art, mich von dem Gebäude zu verabschieden. Wir sind ja hier gegründet worden. Deswegen heißen wir auch C/O Berlin. Hat ja mit der Post auch zu tun."
Durch schmale Gänge, kleine Kabinette, große Säle führt Hoffmann eine Besuchergruppe durch das alte Gebäude, in dem schon zu Kaisers Zeiten Postler arbeiteten. Vorbei an den Schwarz-Weiß-Aufnahmen des Schweden Christer Strömholm, die in ihrer Melancholie und stillen Heiterkeit ganz gut zur Abschiedsstimmung passen. Ein Abschied, bei dem manch Besucher lieber für sich bleibt:
"Das ist so für mich, auch selber noch mal zu sagen: Ich komm noch mal her. Ich nehm‘ diesen Ort noch einmal in mir auf und behalte ihn dann so in Erinnerung, wie er jetzt ist."
Sagt die Fotografin Christine Kisorgsy und macht noch schnell ein paar Aufnahmen, als Erinnerung. Die Berlinerin ist einer der vielen Stammgäste, die das Haus über die Jahre gewonnen hat. Insgesamt zählte man 950.000 Besucher seit der Gründung von C/O Berlin. Sie sahen sich Klassiker der Reportagefotografie wie James Nachtwey an, Farbfilm-Pioniere wie Joel Sternfeld, entdeckten die Nachtfotos von Jerry Berndt, strömten zu Ausstellungen von Larry Clark oder Annie Leibovitz.
"Da waren 1200 Besucher am Tag für zweieinhalb Monate. Das war eigentlich unser größter Erfolg. Und wir haben auch ein Schlangen-Management angefangen. Das heißt, wir haben an der langen Schlange Schirme verteilt, Kaffee verteilt, mit den Menschen geredet. Wir haben einfach erklärt, dass wir eine leidenschaftliche junge Initiative sind, die keine öffentlichen Gelder bekommt und das alles aus Passion zur Fotografie macht."
… erinnert sich Stephan Erfurt, Mitbegründer von C/O Berlin. Doch nicht nur die Fotos machten das unweit der jüdischen Synagoge gelegene Gebäude zum Anziehungspunkt.
"Man kommt hier auch, um den Ort zu sehen, nicht nur die Ausstellung. Das hat einen besonderen Charme."
… meint eine junge Frau aus Bologna. Ein bisweilen recht maroder Charme, stellt man fest, wenn man durch die Räume geht.
Über die Jahre und wechselnden Eigentümer ist das denkmalgeschützte Gebäude sanierungsbedürftig geworden. Zwar hätten die Fotografen das etwas Morbide geliebt, erzählt Stephan Erfurt, mit dem Blick auf blätternden Putz, verblassende Farben. Wohl auch, weil dieser Ausstellungsort dadurch so anders ist als die gewöhnliche Galerie, das Staatliche Museum. Aber das Haus hat es den Künstlern auch nicht immer einfach gemacht. Gab es doch wahrhaft "sportliche Herausforderungen":
"Das war eine Turnhalle für Schüler in der DDR. Und vorher war es ein Lesesaal für die Postler. Aber jetzt ist es eben eine Turnhalle. Man erkennt das noch an dem Basketballkorb, an dem Holzfußboden."
Im Jahr 2000 fand in diesem zentralen Ausstellungsraum die erste Ausstellung von C/O Berlin statt, mit Fotografien der Agentur Magnum. Doch richtig loslegen konnte man hier erst 2006, als die Post einen Investor gefunden hatte. Den ersten von einer ganzen Reihe:
"Mit den Planungen hier war es immer extrem schwierig, wir hatten immer nur Planungssicherheit maximal für ein Jahr. Manchmal musste ich sogar die Unterschrift fälschen. Denn die Arnold Newman Retrospektive war geplant, dass wir Auftakt einer Welttournee sind. Das wurde aber zwei Jahre vorher geplant. Da habe ich gedacht, ich unterschreib‘ jetzt. Und da haben wir Glück gehabt. Dann ist die Schau auch gekommen – war ein riesiger Erfolg."
… erzählt Stephan Erfurt, während er die Tür zum Konferenzraum aufschließt. Der ist fast leer – steckt aber voller Erinnerungen. Daran, wie er vor gut zwölf Jahren hier gemeinsam mit dem Architekten Ingo Pott und dem Designer Marc Naroska C/O Berlin gründete. Wie sie hier von einer Zukunft an diesem Ort träumten. Träume, die sich nicht erfüllten. So dass Stephan Erfurt nur noch der wehmütige Blick zurück bleibt – aus dem Fenster, herunter auf den Hof:
"Dort, die ehemaligen Pferdeställe. Hier haben wir Bookdays gemacht in den Ateliers. Da waren die Büros. Und wenn wir hier gestanden haben und der Hof war voll mit 3-4000 Menschen und es gab Konzerte, dann war das schon eine einzigartige Atmosphäre. Und wir hätten das gern hier gehalten und fühlen uns immer noch als emotionaler Eigentümer. Aber das Leben ist eben kein Wünsch-dir-was… und so ziehen wir jetzt weiter."
"Meine Damen und Herren, wer Lust hat, an einer Führung teilzunehmen. Ich mache jetzt einfach mal eine Führung. Heute ist ja der letzte Tag hier im Postfuhramt. Ich bin der Kurator hier vom Haus. Und das ist meine Art, mich von dem Gebäude zu verabschieden. Wir sind ja hier gegründet worden. Deswegen heißen wir auch C/O Berlin. Hat ja mit der Post auch zu tun."
Durch schmale Gänge, kleine Kabinette, große Säle führt Hoffmann eine Besuchergruppe durch das alte Gebäude, in dem schon zu Kaisers Zeiten Postler arbeiteten. Vorbei an den Schwarz-Weiß-Aufnahmen des Schweden Christer Strömholm, die in ihrer Melancholie und stillen Heiterkeit ganz gut zur Abschiedsstimmung passen. Ein Abschied, bei dem manch Besucher lieber für sich bleibt:
"Das ist so für mich, auch selber noch mal zu sagen: Ich komm noch mal her. Ich nehm‘ diesen Ort noch einmal in mir auf und behalte ihn dann so in Erinnerung, wie er jetzt ist."
Sagt die Fotografin Christine Kisorgsy und macht noch schnell ein paar Aufnahmen, als Erinnerung. Die Berlinerin ist einer der vielen Stammgäste, die das Haus über die Jahre gewonnen hat. Insgesamt zählte man 950.000 Besucher seit der Gründung von C/O Berlin. Sie sahen sich Klassiker der Reportagefotografie wie James Nachtwey an, Farbfilm-Pioniere wie Joel Sternfeld, entdeckten die Nachtfotos von Jerry Berndt, strömten zu Ausstellungen von Larry Clark oder Annie Leibovitz.
"Da waren 1200 Besucher am Tag für zweieinhalb Monate. Das war eigentlich unser größter Erfolg. Und wir haben auch ein Schlangen-Management angefangen. Das heißt, wir haben an der langen Schlange Schirme verteilt, Kaffee verteilt, mit den Menschen geredet. Wir haben einfach erklärt, dass wir eine leidenschaftliche junge Initiative sind, die keine öffentlichen Gelder bekommt und das alles aus Passion zur Fotografie macht."
… erinnert sich Stephan Erfurt, Mitbegründer von C/O Berlin. Doch nicht nur die Fotos machten das unweit der jüdischen Synagoge gelegene Gebäude zum Anziehungspunkt.
"Man kommt hier auch, um den Ort zu sehen, nicht nur die Ausstellung. Das hat einen besonderen Charme."
… meint eine junge Frau aus Bologna. Ein bisweilen recht maroder Charme, stellt man fest, wenn man durch die Räume geht.
Über die Jahre und wechselnden Eigentümer ist das denkmalgeschützte Gebäude sanierungsbedürftig geworden. Zwar hätten die Fotografen das etwas Morbide geliebt, erzählt Stephan Erfurt, mit dem Blick auf blätternden Putz, verblassende Farben. Wohl auch, weil dieser Ausstellungsort dadurch so anders ist als die gewöhnliche Galerie, das Staatliche Museum. Aber das Haus hat es den Künstlern auch nicht immer einfach gemacht. Gab es doch wahrhaft "sportliche Herausforderungen":
"Das war eine Turnhalle für Schüler in der DDR. Und vorher war es ein Lesesaal für die Postler. Aber jetzt ist es eben eine Turnhalle. Man erkennt das noch an dem Basketballkorb, an dem Holzfußboden."
Im Jahr 2000 fand in diesem zentralen Ausstellungsraum die erste Ausstellung von C/O Berlin statt, mit Fotografien der Agentur Magnum. Doch richtig loslegen konnte man hier erst 2006, als die Post einen Investor gefunden hatte. Den ersten von einer ganzen Reihe:
"Mit den Planungen hier war es immer extrem schwierig, wir hatten immer nur Planungssicherheit maximal für ein Jahr. Manchmal musste ich sogar die Unterschrift fälschen. Denn die Arnold Newman Retrospektive war geplant, dass wir Auftakt einer Welttournee sind. Das wurde aber zwei Jahre vorher geplant. Da habe ich gedacht, ich unterschreib‘ jetzt. Und da haben wir Glück gehabt. Dann ist die Schau auch gekommen – war ein riesiger Erfolg."
… erzählt Stephan Erfurt, während er die Tür zum Konferenzraum aufschließt. Der ist fast leer – steckt aber voller Erinnerungen. Daran, wie er vor gut zwölf Jahren hier gemeinsam mit dem Architekten Ingo Pott und dem Designer Marc Naroska C/O Berlin gründete. Wie sie hier von einer Zukunft an diesem Ort träumten. Träume, die sich nicht erfüllten. So dass Stephan Erfurt nur noch der wehmütige Blick zurück bleibt – aus dem Fenster, herunter auf den Hof:
"Dort, die ehemaligen Pferdeställe. Hier haben wir Bookdays gemacht in den Ateliers. Da waren die Büros. Und wenn wir hier gestanden haben und der Hof war voll mit 3-4000 Menschen und es gab Konzerte, dann war das schon eine einzigartige Atmosphäre. Und wir hätten das gern hier gehalten und fühlen uns immer noch als emotionaler Eigentümer. Aber das Leben ist eben kein Wünsch-dir-was… und so ziehen wir jetzt weiter."