"Die EU ist kein Wunschkonzert"
Der britische Premier David Cameron hat auf dem EU-Gipfel Forderungen gestellt, etwa nach der Begrenzung von Sozialleistungen auch für EU-Bürger. Diese Idee hebele das Grundrecht auf Arbeitskräftemobilität aus, kritisiert der Politikwissenschaftler Henrik Enderlein.
Die EU-Länder müssen mit dem britischen Premier David Cameron bis Mitte Februar über dessen Forderungen zur Reform der Union verhandeln. Besonders umstritten ist Camerons Anliegen in Bezug auf Arbeitsmigranten: Zugewanderte EU-Bürger müssten vier Jahre in Großbritannien gearbeitet haben, um bestimmte Sozialleistungen zu erhalten, fordert Cameron. Das wäre ein grundsätzlicher Kurswechsel innerhalb der EU.
Der Politik- und Sozialwissenschaftler Henrik Enderlein verwies im Deutschlandradio Kultur auf die Bedeutung bestimmter Grundprinzipien in der Europäischen Union. So ein Grundprinzip sei etwa die Arbeitskräftemobilität innerhalb offener Grenzen, sagte der Direktor des Jacques Delors Instituts in Berlin:
"Wenn man jetzt anfängt, zwischen EU-Bürgern zu differenzieren, ob sie in das eine oder andere Land kommen und wie lange sie warten müssen, dann hebelt man dadurch ein Grundrecht Europas aus. Und das kann nicht sein."
Arbeitnehmer "zweiter Klasse"
Sollte Cameron sich durchsetzen, werde ein Arbeitsmigrant zunächst einmal vier Jahre als "Arbeitnehmer zweiter Klasse" behandelt, kritisierte Enderlein, :
"Und genau das wollen wir nicht. Denn das begrenzt die Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Wenn Sie heute als Deutscher nach Frankreich auswandern, dann sind Sie sofort, wenn Sie dort eine Arbeit haben, wie ein französischer Bürger im französischen Sozialsystemintegriert. Das Gleiche gilt auch für Großbritannien."
"Und genau das wollen wir nicht. Denn das begrenzt die Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Wenn Sie heute als Deutscher nach Frankreich auswandern, dann sind Sie sofort, wenn Sie dort eine Arbeit haben, wie ein französischer Bürger im französischen Sozialsystemintegriert. Das Gleiche gilt auch für Großbritannien."
Warnung vor "Flickenteppich" in der EU
Er rechne allerdings damit, dass Camerons Vorschlag in manchen EU-Ländern Zustimmung finden werde, meinte Enderlein:
"Wir wissen alle, wie schwierig es im Augenblick in Europa mit diesen Migrationsfragen ist. Wir haben in Polen eine eher Euro-skeptische Regierung. Wir haben in Ungarn eine Euro-skeptische Regierung. Und natürlich hängen die sich in den Windschatten von Cameron. Und sie sagen sich: 'Wenn der einen guten Deal bekommt, damit Großbritannien im Euro bleibt – dann nehmen wir den auch für uns in Anspruch.'"
So könne jedoch ein "Flickenteppich, ein Wunschkonzert" in der Europäischen Union entstehen, warnte Enderlein:
"Und keine wirklich integrierte Union mehr, die auf ein paar Grundprinzipien beruht, die dann für alle gelten."
"Und keine wirklich integrierte Union mehr, die auf ein paar Grundprinzipien beruht, die dann für alle gelten."