Legalisierung von Cannabis
Für die einen ist die Legalisierung von Cannabis längst überfällig, die anderen warnen vor Joints als Einstiegsdroge. © Getty Images / EyeEm / Jordan Tempro
Überfällig oder gefährlich?
85:04 Minuten
In Deutschland wird gekifft: Fast jeder dritte Erwachsene hat mindestens einmal zum Joint gegriffen. Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, will die Bundesregierung Cannabis legalisieren. Befürworter jubeln, Kritiker warnen vor gesundheitlichen Schäden.
Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Cannabis-Legalisierung ab 18 Jahren sorgen für erhitzte Diskussionen. Für die einen ist die Freigabe längst überfällig, der Konsum gehöre entkriminalisiert. Kritiker warnen vor Cannabis als Einstiegsdroge und vor gesundheitlichen Schäden.
Fakt ist: In Deutschland wird gekifft. Fast jeder dritte Erwachsene hat bereits mindestens ein Mal in seinem Leben zum Joint gegriffen – bei unter 25-Jährigen jeder Vierte. Jährlich werden 200 bis 400 Tonnen Cannabis konsumiert, so der Deutsche Hanfverband.
„Eine drogenfreie Welt wird es nicht geben“
„Ich glaube, dass die bisherige Verbotspolitik ihr Ziel nicht erreicht hat“, sagt Prof. Dr. Kirsten Müller-Vahl, Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin. „Das Ziel war ja, dass möglichst wenig Menschen Cannabis einnehmen, und das ist komplett gescheitert.“
Die Medizinerin gehört zu den Befürwortern einer kontrollierten Freigabe an Erwachsene, auch, um die Qualität der Substanzen zu garantieren und den Schwarzmarkt auszutrocknen.
Ihr Plädoyer: „Der richtige Weg ist Aufklärung, informieren, dass jede Droge Risiken hat. Alkohol hat Risiken, Nikotin hat Risiken. Auch Cannabis hat Risiken. Und wenn man das versteht, dann kann man sicherlich verantwortungsbewusst damit umgehen.“
Es sei Zeit für einen realistischeren Umgang mit dem Thema, so Müller-Vahl. Denn: „Eine drogenfreie Welt wird es nicht geben.“
„Das hat mit Jugendschutz nichts zu tun“
„Es ist erschreckend, dass sich ein Gesundheitsminister, der zugleich Arzt ist, für die Legalisierung einer Droge einsetzen muss“, sagt Dr. Klaus Reinhardt. Der Präsident der Bundesärztekammer ist ein vehementer Kritiker einer Freigabe von Cannabis.
„Das ist eine Substanz, von der wir wissen, dass sie potenziell süchtig machend ist“, warnt er. „Dass sie bei Menschen, die noch nicht das 21., 22. Lebensjahr erreicht haben, hirnorganische Veränderungen macht. Eine Substanz, von der wir wissen, dass sie eine Zunahme von Psychosen, von Depressionen, von Angststörungen und kognitiven Störungen auslöst. Das hat mit Jugendschutz nichts zu tun!“
Auch die Erwartung, dass durch die Regulierung, Legalisierung und Entkriminalisierung der Schaden verringert werde, sei nicht belegt. Ziel müsse es vielmehr sein, die Verbreitung suchtauslösender Substanzen einzuschränken, so der Allgemeinmediziner.
Legalisierung von Cannabis – überfällig oder gefährlich?
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer am 5. November mit Kirsten Müller-Vahl von der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Bundesärztekammer-Präsidenten Klaus Reinhardt – live von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
(sus)