Das ist geplant:
Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen laut der Vorlage des Bundesgesundheitsministers künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm "Genusscannabis" sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in "lizenzierten Fachgeschäften" und vielleicht auch Apotheken ermöglicht werden. Der Anbau der Pflanzen soll staatlich reguliert in Deutschland stattfinden. Unionspolitiker und Ärztevertreter kritisieren die Pläne.
Geplante Freigabe von Cannabis
Demonstrantin bei der Hanfparade: Legalize it! Diese alte Forderung könnte schon bald in Deutschland erfüllt werden. © picture alliance / dpa / Annette Riedl
Haben Dealer bald ausgedealt?
07:14 Minuten
Cannabis kaufen, konsumieren, anbauen: Laut einer Vorlage aus dem Bundesgesundheitsministerium soll das künftig legal sein. Dass Anbau und Beschaffung gleich mitgedacht werden, sei richtig und wichtig, sagt der Kriminologe Robin Hofmann.
Darauf haben viele regelmäßige Konsumenten von Cannabis lange gewartet: Erwachsene sollen in Deutschland künftig kleine Mengen Cannabis kaufen, besitzen und konsumieren dürfen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) hat die entsprechenden Eckpunkte für ein Gesetz jetzt vorgestellt, das Bundeskabinett hat zugestimmt.
Wer sich also künftig ab und an etwas zum Kiffen kauft oder für den Eigenbedarf anbaut, verletzt damit nicht mehr automatisch das Betäubungsmittelgesetz. Vorausgesetzt, die Lauterbach-Vorlage wird auch auf europa- und völkerrechtlicher Ebene durchgewunken. Das wird nun geprüft.
Drogentourismus nach Deutschland?
Welche Folgen hätte eine Legalisierung für Deutschland? Erlebt das Land dann einen Drogentourismus-Boom? Kommen Busladungen mit Österreichern, um in Bayern Nachschub einzukaufen, oder Schweden per Schiff nach Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern, um ein bisschen „Stoff“ zu shoppen?
Für den Kriminologen Robin Hofmann, Assistenzprofessor an der Universität im niederländischen Maastricht, ist dieses Szenario gar nicht so abwegig. Die Niederlande, die viele als Kiffer-Paradies betrachten, taugt für ihn keineswegs als gutes Praxisbeispiel für Deutschland, sollte die Liberalisierung wirklich umgesetzt werden.
Die Niederlande sind kein Vorbild
In den Niederlanden habe man Cannabis in den 1970er-Jahren nicht legalisiert, sondern Konsum und Besitz werde seither nur toleriert, betont Hofmann. „Daraufhin sind dann überall im Land die Coffeeshops entstanden. Doch dort war das große Problem, dass man zwar zur Vordertür hinaus Cannabis verkaufen und kaufen konnte, aber die Coffeeshops immer Schwierigkeiten hatten, das Cannabis in großen Mengen einzukaufen. Denn das wurde natürlich nicht toleriert.“
Mit gravierenden Folgen: „Das hat dazu geführt, dass die Coffeeshops in großem Stil auf die organisierte Kriminalität zurückgreifen mussten, die das Cannabis dann geliefert hat.“ Das sei bis heute so. Alles, was sich seit den 70er-Jahren in Sachen Drogenkriminalität in den Niederlanden entwickelt habe, sei auf die inkonsequente Haltung – tolerieren, aber nicht legalisieren - zurückzuführen.
Anbau und Beschaffung mitdenken
Deutschland – so sieht es Hofmann – muss also von Anfang an die Strukturen von Anbau und Beschaffung mitdenken, um nicht in ähnliche Probleme hineinzurutschen. Die Vorlage von Lauterbach gehe dabei in die richtige Richtung, sagt er.
Der Experte ist „vorsichtig optimistisch“, dass hierzulande damit der Drogenkriminalität das Handwerk gelegt werden könnte. Immerhin sei zu begrüßen, dass offenbar vorgesehen sein, in offiziellen Verkaufsstelle auch "sehr starkes Cannabis“ zu verkaufen. Dieses sei vor allem bei jungen Konsumentinnen und Konsumenten sehr beliebt. „Das erhöht tatsächlich die Chance, dass die Dealer dann verschwinden.“
(mkn/dpa)