Cannes: "Western" von Valeska Grisebach

Unterdrückte Rivalität und Wunsch nach Freiheit

Szene aus "Western" von Valeska Grisebach
Szene aus "Western" von Valeska Grisebach © © Komplizen Film
Von Susanne Burg |
Elf Jahre musste man auf Valeska Grisebachs neuen Film warten. Jetzt wurde "Western" in Cannes gezeigt und zählt seit seiner Premiere zu den überzeugendsten Werken der 70. Filmfestival-Ausgabe.
"Un Certain Regard" ist die wichtigste Nebenreihe bei den Filmfestspielen von Cannes. Der erste Film, der dieses Jahr gezeigt wurde, ist Valeska Grisebachs "Western".
Der Film spielt an der bulgarisch-griechischen Grenze und folgt dem Alltag deutscher Bauarbeiter, die in einem kleinen Dorf ein Wasserwerk errichten sollen. Doch leider fehlt ihnen das nötige Wasser und auch die geforderten Ladungen Kies lassen auf sich warten. Während des Wartens geraten die Männer immer wieder mit der Dorfbevölkerung aneinander. Das geht so lange, bis sich zwei von ihnen, Meinhard und Vincent, immer weiter in ein halsbrecherisches Duell reinsteigern.

Western als Vehikel

Wunderbar spielt Valeska Grisebach mit den Elementen und Mustern des Western-Genres. Die Duelle der beiden Männer werden dabei nicht unnötig dramatisiert. Der Western ist hier eher eine Versuchsanordnung, ein Vehikel, um die unterdrückte Rivalität und den Wunsch nach Freiheit zu visualisieren.
Beeindruckend ist die Tatsache, dass die Regisseurin, die 2005 mit "Sehnsucht" auf der Berlinale zum Kritikerliebling wurde, wieder ausschließlich mit nicht-professionellen Darstellern arbeitet. Sie kitzelt diesen ansonsten eher stummen Männern erstaunliche Lebensweisheiten heraus.
Lange Recherchen zählen zu Grisebachs Markenzeichen. Sie hat viel Zeit bei deutschen Bauarbeitern im Ausland verbracht. Insbesondere die extremen Arbeitsbedingungen haben Sie zu ihrem Film inspiriert.

Langsam nagende Ungeduld

In "Western" zeigt sich das vor allem an der langsam nagenden Ungeduld, mit der die Arbeiter im flirrenden Bulgarischen Sommer konfrontiert werden.
Der unaufhaltsame Zusammenprall mit der Fremde und die Begegnung mit der bulgarischen Kultur schaffen einen spannungsreichen Kontext für dieses erzählerische Experiment, der sich auch vor aktuellen Themen wie Flüchtlingskrise und europäischer Verständigung nicht versteckt. In Cannes zählt "Western" seit seiner Premiere jetzt schon zu den besten Filmen des Festivals.

Die Regisseurin wird am Samstag live in Vollbild, dem Filmmagazin im Deutschlandfunk Kultur zu Gast sein: 14:30 Uhr – 16:00 Uhr.

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