"Capone"
Drama, USA 2019
Regie: Josh Trank
104 Minuten, FSK 16
Der Wahn des letzten Jahres
06:16 Minuten

Der begnadete Tom Hardy spielt die Titelrolle in "Capone", aber er kommt nicht gegen das konfuse Drehbuch an. Als Dekonstruktion eines amerikanischen Mythos endet dieser ideenlose Abgesang auf einen Gangster in Gewaltexzessen und Ekeleinlagen.
Um was geht es?
Al Capone, der berüchtigtste Mafioso in den USA, wird 1931 wegen Steuerhinterziehung verhaftet. Er leidet unter Neurosyphilis und baut physisch und geistig stark ab. 1939 wird er wegen guter Führung vorzeitig entlassen. Er lebt in seiner Villa in Florida unter Hausarrest. Nicht nur das FBI, das ihn permanent abhört, vermutet, er könne noch etwa zehn Millionen Dollar irgendwo versteckt haben.
Der Film fokussiert sich ausschließlich auf die letzten 14 Monate des Lebens von Al Capone im Kreis der Familie und wenigen Freunden.
Was ist das Besondere?
Eigentlich sollte der Film ja "Fonz" heißen, so wie seine Familie Alphonse Gabriel Capone nach seiner Freilassung aus der Haft nannte. Der Beginn ist vielversprechend und ein amüsantes Augenzwinkern auf die Schlussszene von Coppolas "Der Pate". Ein verwirrter, aber immer noch cholerischer Capone jagt jemanden in seiner Villa. Das Ganze ist jedoch nur ein großer Spaß zu Thanksgiving für seine Enkelkinder und andere Kinder der Großfamilie.
Immer mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und hysterischen Wahnvorstellungen, die an die Stelle von Flashbacks treten. In einer Schlüsselszene ballert und mordet Capone/Fonz mit einem goldenen Maschinengewehr um sich. Er trägt Windeln, weil er seine Körperausscheidungen nicht mehr kontrollieren kann und hat eine Karotte im Mund, die man ihm statt der Zigarre öfter in den Mund steckt. Sein gesundheitlicher Verfall ist unumkehrbar.
Fazit
Josh Trank Regisseur, Autor und Editor in Personalunion, der mit dem teuren Hollywoodspektakel "Fantastic Four" einen kommerziellen Flop erlitt, versucht sich mit diesem experimentellen (Anti-) Biopic neu zu erfinden. Als Dekonstruktion/Rekonstruktion eines amerikanischen Mythos verfolgt dieser Abgesang auf einen Gangster durchaus interessante Ansätze, wird aber zunehmend zu einer surrealen Filmetüde.
Nach circa 20 bis 30 Minuten verliert der Film sämtliche gute Ideen zunehmend aus den Augen, wird immer konfuser und redundanter. So passen sowohl die realistisch dargestellten Gewaltexzesse als auch Ekeleinlagen immer weniger zur alptraumhaften surrealen Grundstimmung. Selbst ein so begnadeter Hauptdarsteller wie Tom Hardy, der mit dauergeröteten Augen und aufgedunsenen Gesichtszügen wie ein moderner Vampir agiert, kann auf Dauer nicht gegen das immer konfusere Drehbuch anspielen.
Immerhin hat sich ein Regisseur etwas getraut und Tom Hardy geht gern Risiken ein, aber als Dekonstruktion eines Biopics ist "Tesla" mit Ethan Hawke der wesentlich gelungenere Film.