Caritas befürchtet Ausbreitung der Cholera
Die Cholera in Haiti hat inzwischen die Hauptstadt Port-au-Prince erreicht. Nach Ansicht des ärztlichen Caritas-Beraters Joost Butenop wird es schwer werden, die Epidemie in den Griff zu bekommen, weil eine Seuche dort im Moment "ideale Bedingungen" vorfinden würde.
Jan-Christoph Kitzler: Das, was viele befürchtet haben, ist nun eingetreten: In Haiti breitet sich neun Monate nach dem verheerenden Erdbeben die Seuche aus. Doch nicht irgendeine: die Cholera! Über 250 Menschen sind schon gestorben, mehr als 3000 sollen erkrankt sein. Mit der Cholera kommt heftiger Durchfall und Erbrechen und das kann bei den Erkrankten innerhalb von Stunden zum Tod führen. Ist das eine Fortschreibung der Erdbebenkatastrophe mit Ansage? Das will ich jetzt mit Joost Butenop besprechen, er arbeitet als ärztlicher Berater für Caritas international und ist morgen schon wieder auf dem Weg nach Haiti. Aber heute noch mal einen guten Morgen nach Würzburg!
Joost Butenop: Guten Morgen nach Berlin!
Kitzler: Die Cholera hat inzwischen auch Haitis Hauptstadt Port-au-Prince erreicht, dort sind ja die ersten Menschen an der Seuche gestorben. Haben Sie das so erwartet?
Butenop: Also nach großen Katastrophen wie dem Erdbeben in Haiti gehen wir vom Gesundheitsbereich eigentlich grundsätzlich davon aus, dass Durchfallerkrankung, wie die Cholera ja eine ist, auch in Epidemieform auftreten kann. Das war jetzt auch in Haiti letztlich zu erwarten. Eigentlich muss man sagen, es kommt spät. Die Cholera selbst ist in Haiti seit Jahrzehnten eigentlich nicht mehr aufgetaucht, insofern überrascht uns das ein bisschen, aber es gibt viele andere Durchfallerkrankungen, mit denen wir schon gerechnet hätten. Es ist insofern nicht ganz unerwartet.
Kitzler: Die Meldungen kommen ja immer relativ schnell nach so einer großen Katastrophe. Sie haben gesagt, der große Abstand verwundert Sie. Es heißt ja immer schnell, jetzt rechnen die Behörden mit dem Ausbruch von Seuchen. Wie geschieht das eigentlich, breiten sich Seuchen in solchen Situationen anders aus als, ja ich sag mal unter normalen Bedingungen?
Butenop: Nein, eigentlich nicht. Sie haben einfach bessere Rahmenbedingungen, also die sind ja vor allem bakterielle oder parasitäre Erkrankungen, die sich dann ausbreiten, die finden einfach bessere Rahmenbedingungen in solchen Katastrophensituationen, wo die Menschen einfach das, was sie normalerweise schützt vor Seuchen, nicht mehr haben, nämlich sauberes Trinkwasser, ausreichend Sanitäreinrichtungen, ausreichend zu Essen, Unterkunft und Gesundheitsversorgung. Das sind so die fünf wesentliche Bereiche, die wir in der Nothilfe abdecken, die grundsätzlichsten sozusagen Rahmenbedingungen für ein gesundes und gutes Leben. Und die sind alle nicht gegeben in einer Katastrophe, wie wir es in Haiti nach dem Erdbeben erlebt haben, und da haben die Seuchen ideale Bedingungen. Dazu kommt natürlich so ein feuchttropisches Klima, das gerade die Vermehrung von Cholerabakterien natürlich auch befördert.
Kitzler: Bei einer so großen Katastrophe geht es ja zuerst immer darum, die Überlebenden zu bergen, sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen, ihnen irgendwie ein Dach überm Kopf zu geben. Fällt da das Thema Seuchenbekämpfung ein bisschen hinten unter?
Butenop: Grundsätzlich nein. Wir haben in den letzten Jahren eigentlich selten nach großen Katastrophen eine Seuche erlebt, wo wir es immer befürchtet haben und es nie gekommen ist. Aber wir bleiben trotzdem im Gesundheitsbereich da sehr aufmerksam. All diese Rahmenbedingungen tragen ja dazu bei, oder die Verbesserung der Rahmenbedingungen trägt dazu bei, dass die Seuchen verhindert werden. Wenn die Leute ausreichend Trinkwasser haben und ausreichend Sanitäreinrichtungen, hat man diesen sogenannten fäkal-oralen Übertragungszyklus schon weitestgehend unterbrochen. Hat man ein bisschen Gesundheitsversorgung dazu, Unterkunft, dann kann man die Leute eigentlich sehr gesund erhalten und entsprechend werden sie auch nicht krank. Das Dramatische in Haiti ist halt, dass auch schon vor dem Erdbeben die Gesundheitsinfrastruktur vollkommen unzureichend war. Das heißt, das bisschen, was da war, ist auch noch kaputtgegangen und der Wiederaufbau läuft sich sehr schleppend an. Insofern besteht da halt natürlich immer eine größere Gefahr und das zu erleben, was wir jetzt genau sehen.
Kitzler: Also kann man es auch nicht irgendwie den Hilfsorganisationen anlasten, dass die sozusagen Versäumnisse haben, gemacht haben?
Butenop: Eigentlich nein. Es ist ja jetzt auch in einer Region aufgetreten, die nicht unmittelbar im Erdbebenbereich lag. Haiti ist halt seit Jahrzehnten ein chronischer humanitärer Kontext, in dem es an allen Ecken und Enden gefehlt hat. Daher muss man mit so was immer und überall rechnen. Die Seuche ist jetzt ja ausgebrochen in Lagern, die von Flüchtlingen bewohnt werden, also Menschen, die vor dem Erdbeben in sichere Regionen geflohen sind, aber auch dort unter einfachen Bedingungen leben, und die Hilfsorganisationen haben sich sehr auf die betroffene Region konzentriert und sind nicht unbedingt in dem großen Ausmaß auch diesen Vertriebenen hinterhergezogen.
Kitzler: 1,3 Millionen Opfer der Erdbebenkatastrophe leben immer noch provisorisch in Lagern und Zeltstädten. Wie kann man denn sinnvoll verhindern, dass sich die Seuche dort unkontrolliert ausbreitet? Oder ist das einfach zu groß?
Butenop: Das wird sehr, sehr schwierig. Also ich glaube, das wird eine große Herausforderung, diesen Ausbruch relativ schnell zu kontrollieren, einfach durch die hohe Mobilität der Menschen, durch die sehr, sehr schlechten Rahmenbedingungen in den Lagern. Das ist sehr schwer zu kontrollieren. Das Wichtigste ist halt Trinkwasser, die Menschen brauchen sauberes Trinkwasser, sie brauchen ausreichend Zugang zu Sanitäreinrichtungen. Wenn das beides gegeben ist, haben wir eine ganz gute Chance. Und die dritte Säule in der Cholerabekämpfung ist eigentlich die Gesundheitsaufklärung. Deshalb fliege ich auch morgen wieder hin, weil wir einfach alle Teams jetzt mobilisieren müssen, um die grundhygienischen Rahmenbedingungen zu verbessern, den Leuten noch mal zu sagen, bitte wascht eure Hände, benutzt die Latrinen, trinkt sauberes Wasser und so weiter. Das sind die drei wichtigsten Säulen bei der Cholerabekämpfung.
Kitzler: Also Aufklärung ist ein ganz wichtiger Punkt, deswegen fahren Sie morgen auch hin.
Butenop: Genau.
Kitzler: Sie fliegen ja morgen wieder eben nach Haiti. Was für Vorkehrungen treffen Sie eigentlich persönlich gegen die Seuche?
Butenop: Ich würde mal sagen, grundsätzliche persönliche Hygiene ist eigentlich schon mal das Wichtigste. Also ich mach jetzt, nehme jetzt keine extra Vorkehrungen. Als Nothelfer in der Branche habe ich natürlich eine Impfung gegen die Cholera, die aber leider zu teuer ist, um sie wirklich flächendeckend zu benutzen, und die auch nicht mehr funktioniert in einer Ausbruchssituation. Das ist es eigentlich. Das Übliche, Seife und so weiter ... Also eigentlich kann man sich ganz gut schützen, selbst zu erkranken.
Kitzler: Also Katastrophenhelfer haben es nicht unbedingt besser, sie haben nur ein bisschen bessere Rahmenbedingungen.
Butenop: Ganz genau, ja.
Kitzler: Joost Butenop war das, ärztlicher Berater von Caritas international, dem Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland. Vielen Dank und alles Gute für Ihre Reise nach Haiti!
Butenop: Danke schön!
Joost Butenop: Guten Morgen nach Berlin!
Kitzler: Die Cholera hat inzwischen auch Haitis Hauptstadt Port-au-Prince erreicht, dort sind ja die ersten Menschen an der Seuche gestorben. Haben Sie das so erwartet?
Butenop: Also nach großen Katastrophen wie dem Erdbeben in Haiti gehen wir vom Gesundheitsbereich eigentlich grundsätzlich davon aus, dass Durchfallerkrankung, wie die Cholera ja eine ist, auch in Epidemieform auftreten kann. Das war jetzt auch in Haiti letztlich zu erwarten. Eigentlich muss man sagen, es kommt spät. Die Cholera selbst ist in Haiti seit Jahrzehnten eigentlich nicht mehr aufgetaucht, insofern überrascht uns das ein bisschen, aber es gibt viele andere Durchfallerkrankungen, mit denen wir schon gerechnet hätten. Es ist insofern nicht ganz unerwartet.
Kitzler: Die Meldungen kommen ja immer relativ schnell nach so einer großen Katastrophe. Sie haben gesagt, der große Abstand verwundert Sie. Es heißt ja immer schnell, jetzt rechnen die Behörden mit dem Ausbruch von Seuchen. Wie geschieht das eigentlich, breiten sich Seuchen in solchen Situationen anders aus als, ja ich sag mal unter normalen Bedingungen?
Butenop: Nein, eigentlich nicht. Sie haben einfach bessere Rahmenbedingungen, also die sind ja vor allem bakterielle oder parasitäre Erkrankungen, die sich dann ausbreiten, die finden einfach bessere Rahmenbedingungen in solchen Katastrophensituationen, wo die Menschen einfach das, was sie normalerweise schützt vor Seuchen, nicht mehr haben, nämlich sauberes Trinkwasser, ausreichend Sanitäreinrichtungen, ausreichend zu Essen, Unterkunft und Gesundheitsversorgung. Das sind so die fünf wesentliche Bereiche, die wir in der Nothilfe abdecken, die grundsätzlichsten sozusagen Rahmenbedingungen für ein gesundes und gutes Leben. Und die sind alle nicht gegeben in einer Katastrophe, wie wir es in Haiti nach dem Erdbeben erlebt haben, und da haben die Seuchen ideale Bedingungen. Dazu kommt natürlich so ein feuchttropisches Klima, das gerade die Vermehrung von Cholerabakterien natürlich auch befördert.
Kitzler: Bei einer so großen Katastrophe geht es ja zuerst immer darum, die Überlebenden zu bergen, sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen, ihnen irgendwie ein Dach überm Kopf zu geben. Fällt da das Thema Seuchenbekämpfung ein bisschen hinten unter?
Butenop: Grundsätzlich nein. Wir haben in den letzten Jahren eigentlich selten nach großen Katastrophen eine Seuche erlebt, wo wir es immer befürchtet haben und es nie gekommen ist. Aber wir bleiben trotzdem im Gesundheitsbereich da sehr aufmerksam. All diese Rahmenbedingungen tragen ja dazu bei, oder die Verbesserung der Rahmenbedingungen trägt dazu bei, dass die Seuchen verhindert werden. Wenn die Leute ausreichend Trinkwasser haben und ausreichend Sanitäreinrichtungen, hat man diesen sogenannten fäkal-oralen Übertragungszyklus schon weitestgehend unterbrochen. Hat man ein bisschen Gesundheitsversorgung dazu, Unterkunft, dann kann man die Leute eigentlich sehr gesund erhalten und entsprechend werden sie auch nicht krank. Das Dramatische in Haiti ist halt, dass auch schon vor dem Erdbeben die Gesundheitsinfrastruktur vollkommen unzureichend war. Das heißt, das bisschen, was da war, ist auch noch kaputtgegangen und der Wiederaufbau läuft sich sehr schleppend an. Insofern besteht da halt natürlich immer eine größere Gefahr und das zu erleben, was wir jetzt genau sehen.
Kitzler: Also kann man es auch nicht irgendwie den Hilfsorganisationen anlasten, dass die sozusagen Versäumnisse haben, gemacht haben?
Butenop: Eigentlich nein. Es ist ja jetzt auch in einer Region aufgetreten, die nicht unmittelbar im Erdbebenbereich lag. Haiti ist halt seit Jahrzehnten ein chronischer humanitärer Kontext, in dem es an allen Ecken und Enden gefehlt hat. Daher muss man mit so was immer und überall rechnen. Die Seuche ist jetzt ja ausgebrochen in Lagern, die von Flüchtlingen bewohnt werden, also Menschen, die vor dem Erdbeben in sichere Regionen geflohen sind, aber auch dort unter einfachen Bedingungen leben, und die Hilfsorganisationen haben sich sehr auf die betroffene Region konzentriert und sind nicht unbedingt in dem großen Ausmaß auch diesen Vertriebenen hinterhergezogen.
Kitzler: 1,3 Millionen Opfer der Erdbebenkatastrophe leben immer noch provisorisch in Lagern und Zeltstädten. Wie kann man denn sinnvoll verhindern, dass sich die Seuche dort unkontrolliert ausbreitet? Oder ist das einfach zu groß?
Butenop: Das wird sehr, sehr schwierig. Also ich glaube, das wird eine große Herausforderung, diesen Ausbruch relativ schnell zu kontrollieren, einfach durch die hohe Mobilität der Menschen, durch die sehr, sehr schlechten Rahmenbedingungen in den Lagern. Das ist sehr schwer zu kontrollieren. Das Wichtigste ist halt Trinkwasser, die Menschen brauchen sauberes Trinkwasser, sie brauchen ausreichend Zugang zu Sanitäreinrichtungen. Wenn das beides gegeben ist, haben wir eine ganz gute Chance. Und die dritte Säule in der Cholerabekämpfung ist eigentlich die Gesundheitsaufklärung. Deshalb fliege ich auch morgen wieder hin, weil wir einfach alle Teams jetzt mobilisieren müssen, um die grundhygienischen Rahmenbedingungen zu verbessern, den Leuten noch mal zu sagen, bitte wascht eure Hände, benutzt die Latrinen, trinkt sauberes Wasser und so weiter. Das sind die drei wichtigsten Säulen bei der Cholerabekämpfung.
Kitzler: Also Aufklärung ist ein ganz wichtiger Punkt, deswegen fahren Sie morgen auch hin.
Butenop: Genau.
Kitzler: Sie fliegen ja morgen wieder eben nach Haiti. Was für Vorkehrungen treffen Sie eigentlich persönlich gegen die Seuche?
Butenop: Ich würde mal sagen, grundsätzliche persönliche Hygiene ist eigentlich schon mal das Wichtigste. Also ich mach jetzt, nehme jetzt keine extra Vorkehrungen. Als Nothelfer in der Branche habe ich natürlich eine Impfung gegen die Cholera, die aber leider zu teuer ist, um sie wirklich flächendeckend zu benutzen, und die auch nicht mehr funktioniert in einer Ausbruchssituation. Das ist es eigentlich. Das Übliche, Seife und so weiter ... Also eigentlich kann man sich ganz gut schützen, selbst zu erkranken.
Kitzler: Also Katastrophenhelfer haben es nicht unbedingt besser, sie haben nur ein bisschen bessere Rahmenbedingungen.
Butenop: Ganz genau, ja.
Kitzler: Joost Butenop war das, ärztlicher Berater von Caritas international, dem Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland. Vielen Dank und alles Gute für Ihre Reise nach Haiti!
Butenop: Danke schön!