Carmen Maja-Antoni über Gisela May

"Ich habe immer ihre Haltung bewundert"

Gisela May, Schauspielerin und berühmte Brechtinterpretin zu Gast im Studentenkeller "Zur Rosen" in Jena
Gisela May, Schauspielerin und berühmte Brechtinterpretin zu Gast im Studentenkeller "Zur Rosen" in Jena © dpa / picture alliance / Universität Jena
Moderation: Britta Bürger |
Beim Singen auch die Geschichte eines Liedes zu erzählen - diese Lektion habe sie von Gisela May gelernt, so die Schauspielerin Carmen Maja-Antoni. May sei eine große Frauenfigur des Berliner Ensembles gewesen: "Und eine Haltung hatte sie immer".
Die Schauspielerin Carmen-Maja Antoni hat die verstorbene Gisela May als einzigartige Künstlerpersönlichkeit und Brecht-Interpretin gewürdigt:
"Nach wie vor sage ich: Das war die größte aller Zeiten. Wie vielseitig und welche Palette und wie viele Lieder sie gesungen hat. Und wie großartig sie mit den verschiedensten Leuten gearbeitet hat, die für Brecht Musik gemacht haben."
Sie habe das Gefühl, dass mit dem Tod Mays auch ein Stück der Brecht-Geschichte und dem "großen Haus Berliner Ensemble" davonfliege, sagt Antoni. Sie hat dort nach May ebenfalls die Rolle der "Mutter Courage" gespielt:
"Nach der Weigel kam dann die May. Und ich fühle mich deswegen auch geehrt, dass ich die 'Courage' von ihr fortsetzen durfte. Natürlich in einer ganz anderen Zeit, einer anderen Regie und in einem anderen Zeitalter. Ich würde sie sehen als eine große, große epigone Figur der Frauen am Berliner Ensemble."
Die Schauspielerin Carmen-Maja Antoni, aufgenommen am Rande der MDR Talkshow "Riverboat" am 22.02.2013 in Leipzig. Foto: Tom Schulze
Die Schauspielerin und Sängerin Carmen-Maja Antoni© dpa / picture alliance / Tom Schulze

"Man muss auch die Geschichte eines Liedes erzählen"

Von Gisela May habe sie die Interpretation von Brecht-Liedern gelernt, erzählt Antoni rückblickend. Sie habe ihr auch viele gute Tipps gegeben. Oft ganz praktischer Art, etwa in Bezug auf Pausen, Betonungen und Atemtechnik. Es gab eine weitere wichtige Lektion: Beim Singen auch die Geschichte eines Liedes zu erzählen.
"Weil wir nicht Sängerinnen sind. Sondern wir sind Schauspieler. Das Interpretieren eines Liedes, den Ausdruck, wie viel Persönlichkeit zu einem Lied gehört, eine Haltung zu einem Lied – das hat sie hervorragend erklären können. Und wenn man Brecht-Schauspielerin ist, dann ist man sowieso – ob in der DDR oder später – um ein politisches Denken nicht herum gekommen. Und eine Haltung hatte sie immer. Und ich habe an ihr nicht irgendwelches politisches Gehabe bewundert, sondern ihre Haltung."
Mehr zum Thema