Caspar David Friedrich

Bilder von Hoffnung und Einsamkeit

Besucher betrachten das Gemälde "Kreidefelsen auf Rügen" von Caspar David Friedrich während der Ausstellung "Die Erfindung der Romantik" im Museum Folkwang in Essen.
Zwei Menschen betrachten das Gemälde "Kreidefelsen auf Rügen" von Caspar David Friedrich. © Imago/Marco Stepniak
Von Carmela Thiele |
Nur wenige Künstler des 19. Jahrhunderts haben die Gemüter so sehr bewegt wie Caspar David Friedrich. Der vor 175 Jahren gestorbene melancholische Einzelgänger trat mit einer neuartigen Malerei an - deren einzige Quelle das Herz sein sollte.
"Ich bin eine Zeit lang faul gewesen, von innen wollte nichts fließen; der Brunnen war versiegt, ich war leer; von außen wollte mich nichts ansprechen, ich war stumpf, und so glaubte ich am besten zu tun, nichts zu tun. Was nutzt uns am Ende das Arbeiten, wenn nichts damit gemacht wird?"
Dies schrieb Caspar David Friedrich aus Dresden an Johann Ludwig Gebhard Lund. Sein Freund aus Studientagen an der Akademie in Kopenhagen hatte ihn eingeladen, nach Rom zu kommen. Doch Friedrich sagte ab. Er fand seine Bildmotive jenseits der klassischen Künstler-Wallfahrtsorte, im Harz, im Riesengebirge, in seiner Heimatstadt Greifswald oder auf der Insel Rügen.
Obwohl er hin und wieder etwas verkaufte, war er lange Zeit gezwungen, seine Brüder um Unterstützung zu bitten. In diesem Jahr, 1816, hatte sich seine finanzielle Lage endlich gebessert. Der inzwischen 42-Jährige war in die Dresdner Akademie aufgenommen worden und erhielt ein kleines Gehalt. Der Skandal um sein erstes großes Auftragswerk, den Tetschener Altar, lag lange zurück. Friedrich hatte es gewagt, an die Stelle der Heiligen Familie eine Landschaft zu setzen. Dargestellt war zwar ein Kruzifix, aber nur aus der Ferne gesehen, auf einem Gipfel vor dramatisch verfärbtem Himmel. Friedrich lehnte es ab, Frömmigkeit zu illustrieren. Als Protestant wollte er sie erzeugen.
"Die einzig wahre Quelle der Kunst ist unser Herz, die Sprache eines reinen kindlichen Gemüts. Ein Gebilde, so nicht aus diesem Borne entsprungen, kann nur Künstelei sein. Jedes echte Kunstwerk wird in geweihter Stunde empfangen und in glücklicher geboren, oft dem Künstler unbewusst aus innerem Drange des Herzens."
Bilder ohne Skizzen
Voraussetzung war dennoch zeichnerisches Können. Während seiner Reisen fertigte er zahllose Skizzen an, von Felsen, Ruinen, Baumgruppen oder Küstenformationen. Diese dienten ihm dann als Bausteine seiner spontanen Bildkompositionen. Für seine Gemälde fertigte er keine Entwürfe an. Denn diese würden die Fantasie nur erkalten lassen. Friedrichs Freund, Carl Gustav Carus:
"Er fing das Bild nicht an, bis es lebendig vor seiner Seele stand. Dann zeichnete er erst flüchtig mit Kreide und Bleistift, dann sauber und vollständig mit der Rohrfeder und Tusche das Ganze auf und schritt hierauf zur Untermalung."
Auf diese Weise war auch eines seiner berühmtesten Bilder, der "Mönch am Meer", entstanden. Es zeigt einen schmalen sandfarbenen Uferstreifen, darüber ein ebenso schmales Band dunkelblauen Meeres, das von diffusem, sich in die Unendlichkeit ausdehnendem Licht überfangen ist. Eine winzige Gestalt am Strand kehrt dem Betrachter den Rücken zu. Acht Jahre später nimmt die Figur das Zentrum des Bildes ein. Der "Wanderer über dem Nebelmeer" wird zum Stellvertreter des Betrachters. Dieser soll dem Künstler in die Höhen romantischer Transzendenz folgen.
Konfrontiert mit den Dingen
"Er baut sein Bild nach bestimmten Gesetzen", sagt der Kunsthistoriker Werner Busch, "und diese Gesetze führen uns dazu, und die Rückenfigur verstärkt dies noch, dass wir vor einem solchen Bilde anfangen zu reflektieren. Wir werden aufgefordert, über das Gezeigte nachzusinnen. Und insofern ist das ein Modus, der nichts mit Erzählung und Entwicklung von links nach rechts zu tun hat, sondern wir sind mit diesen Dingen konfrontiert, und müssen uns letztlich unseren Reim selbst darauf machen.
Busch hat sich intensiv mit der zentralen Figur der deutschen Romantik auseinandersetzt:
"Und das ist das, was die Friedrich'schen Bilder auszeichnet. Wir ahnen, dass da etwas Besonderes dran ist; und durch diese Ahnung werden wir eigentlich an das Bild gefesselt."
Gelehrte wie Goethe, Schopenhauer oder Schleiermacher hatten Friedrich nach der Debatte um den Tetschener Altar in seinem kargen Atelier in Dresden besucht. Die Literaten der Jenaer Frühromantik kannten seine Werke. Der preußische König hatte den "Mönch am Meer" für seine Sammlung erworben. Das breite Publikum jedoch fühlte sich von seinen düsteren Bildern brüskiert. Der Maler war seiner Zeit zu weit voraus. Als Caspar David Friedrich am 7. Mai 1840 im Alter von 66 Jahren starb, hatte er keine Schule begründet. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann eine lebhafte Rezeption seines Werks, die bis heute nicht abgerissen ist.
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