Nadine Sierra: There’s A Place For Us
Nadine Sierra, Sopran
Royal Philharmonic Orchestra, Ltg.: Robert Spano
Deutsche Grammophon (LC: 00173) 00289 483 5004
Die politische Kraft der klassischen Musik
Die Sopranistin Nadine Sierra überzeugt mit ihrer neuen CD: eine virtuose Interpretation und ein politisches Statement zugleich. Auch das Doppelalbum mit Werken von Isang Yun ist mutig, die neue CD von Víkingur Ólafsson hingegen ist es nicht.
Nadine Sierra: 30 Jahre alt, ziemlich erfolgreiche Sopranistin, geboren in Fort Lauderdale in den USA, die Mutter Portugiesin, die Familie des Vaters aus Puerto Rico und Italien. Im globalisierten Musikbusiness eigentlich nichts Besonderes, in den heutigen Zeiten schon. Und umso mehr bei dieser CD, ihrer ersten, die auch ein politisches Statement ist. Nicht nur mit dem bei Leonard Bernstein ausgeliehenen Titel "There’s a Place for Us", sondern vor allem mit der Stückauswahl.
Bernstein und Villa-Lobos bilden das Gerüst der CD, dazwischen Songs von weniger bekannten amerikanischen Komponisten – und fast alle haben sie einen "Migrationshintergrund". Das amerikanische Musikleben des 20. Jahrhunderts wäre ja undenkbar ohne die zahlreichen Einwanderer und Flüchtlinge aus Europa. Das gibt den Arien-Gassenhauern, die auf dieser CD schon auch enthalten sind, eine gewisse dramaturgische Tiefe.
Bernstein und Villa-Lobos bilden das Gerüst der CD, dazwischen Songs von weniger bekannten amerikanischen Komponisten – und fast alle haben sie einen "Migrationshintergrund". Das amerikanische Musikleben des 20. Jahrhunderts wäre ja undenkbar ohne die zahlreichen Einwanderer und Flüchtlinge aus Europa. Das gibt den Arien-Gassenhauern, die auf dieser CD schon auch enthalten sind, eine gewisse dramaturgische Tiefe.
Eine mutige und wichtige Veröffentlichung
Politische Musik auch bei einem neuen Doppelalbum mit Werken von Isang Yun. Der sich mit der Spaltung Koreas nie abgefunden hat und 1967 vom südkoreanischen Geheimdienst aus Deutschland entführt, gefoltert und erst nach zwei Jahren wieder freigelassen wurde.
Zu seinem 100. Geburtstag im letzten Jahr erlebte Isang Yun erfreulich viele Wiederaufführungen – und aus dem Jubiläumsjahr stammen auch diese Aufnahmen, größtenteils Live-Mitschnitte aus Linz, wo Dennis Russell Davies Chefdirigent des Bruckner-Orchesters ist. Verkaufsträchtiges Aushängeschild der Doppel-CD ist der Cellist Matt Haimowitz, für den die Musik Isang Yuns erklärtermaßen völliges Neuland war. Haimowitz interpretiert diese Musik, die eine Verbindung zwischen ostasiatischem Musikdenken und europäischer Avantgarde versucht, mit größter Intensität. Die Geigerin Yumi Hwang-Williams steht ihm im Violinkonzert und Kammermusikwerken allerdings nicht nach. Eine wichtige, eine mutige Veröffentlichung.
Zu seinem 100. Geburtstag im letzten Jahr erlebte Isang Yun erfreulich viele Wiederaufführungen – und aus dem Jubiläumsjahr stammen auch diese Aufnahmen, größtenteils Live-Mitschnitte aus Linz, wo Dennis Russell Davies Chefdirigent des Bruckner-Orchesters ist. Verkaufsträchtiges Aushängeschild der Doppel-CD ist der Cellist Matt Haimowitz, für den die Musik Isang Yuns erklärtermaßen völliges Neuland war. Haimowitz interpretiert diese Musik, die eine Verbindung zwischen ostasiatischem Musikdenken und europäischer Avantgarde versucht, mit größter Intensität. Die Geigerin Yumi Hwang-Williams steht ihm im Violinkonzert und Kammermusikwerken allerdings nicht nach. Eine wichtige, eine mutige Veröffentlichung.
Isang Yun: Sunrise Falling
Matt Haimowitz, Violoncello
Yumi Hwang-Williams, Violine
Bruckner Orchester Linz, Leitung: Dennis Russell Davies
Pentatone Oxingale Series (LC: 12686) PTC 5186 693
Klassik für Hipster?
Ein Pianist im Prisma, optisch vielfach gebrochen, stylish blau schimmernd. Wieder mal ein Hipster-Klassik-Album, wie es so viele gibt, weil darin ja angeblich die Zukunft der klassischen Musik liegt? Die Karriere des isländischen Pianisten Víkingur Ólafsson erfüllt jedenfalls sämtliche Klischees der spätkapitalistischen "Markenbildung". Sein Debütalbum beim Major-Label Deutsche Grammophon gab er mit Musik von Philipp Glass, jetzt kommt Bach an die Reihe. Wenn Ólafsson nun eine Nähe zwischen Glass und Bach behauptet, dann weiß man, den Kontrapunktiker Bach hat er nicht primär im Sinn.
Víkingur Ólafsson: Johann Sebastian Bach
Víkingur ÓIafsson, Klavier
Deutsche Grammophon (LC: 00173) 00289 483 5022
Drei echte Hammerwerke
Deshalb am Ende dieser Kolumne noch kurz zurück zu amerikanischen Komponisten mit Migrationshintergrund. Leonard Bernstein, Erich Wolfgang Korngold, Miklós Rózsa – die Geigerin Baiba Skride hat die Violinkonzerte dieser drei Komponisten auf zwei CDs eingespielt, und es sind drei wirkliche Hammerwerke. Und was soll man sagen? Es ist einfach hinreißend, wie sie spielt, mit welcher Kraft und welcher Virtuosität, mit welcher Souveränität sie diese musikalischen Welten durchmisst. Unterstützt am Pult von Santtu-Matias Rouvali, einem jener jungen Dirigenten, auf die noch zu zählen sein wird. Eine tolle CD!
American Concertos: Bernstein, Korngold Rózsa
Baiba Skride, Violine
Göteborger Sinfoniker
Philharmonisches Orchester Tampere
Leitung: Santtu-Matias Rouvali
Orfeo Classics (LC: 08175) C 932 182 A