Schwarzer Lifestyle aus Spandau
Einen Kleinstadtbeauftragten braucht die CDU nicht, dort hat sie Erfolg. Aber in Großstädten fremdelt sie mit dem Lebensgefühl der Menschen − ändern soll das Kai Wegner, ein Mann aus dem (tiefsten) Westen Berlins.
Kai Wegner lädt zum Kaffeeklatsch. So bietet es der CDU-Bundestagsabgeordnete auf seiner Internetseite an. In seiner Bürgersprechstunde kann man über Sorgen und Nöte sprechen. Aber bei diesem Gespräch soll es weniger um mich gehen als um die CDU.
Denn die CDU hat ein Problem. In den Großstädten kämpft sie seit langem um Bedeutung, Anerkennung, Wähler. Ein Profil.
Kai Wegner: "Na, bei den letzten Wahlen vor den Kommunalwahlen haben wir nicht die besten Ergebnisse geholt."
Kai Wegner soll Menschen wie mich überzeugen. Berliner, Anfang 30, und bisher verbinde ich die CDU mit Mercedes-Benz, mit Perlenüberzug auf dem Autositz und mit Hut auf der Ablage. Kai Wegner konnte das bisher nicht ändern. Seit einem Jahr ist der Spandauer nun Großstadtbeauftragter der Konservativen. Einen Kleinstadtbeauftragten braucht man bei der CDU nicht. Die CDU sucht. Und stellt sich selbst Fragen.
Kai Wegner: "Wie ist die Lebenswirklichkeit in den Städten, was finden die Menschen da vor Ort, nach welchen Regeln wollen sie leben, welche eigenen Lebensmodelle haben sie?"
Welche Lebensmodelle die Menschen leben wollen, das klingt ungewohnt liberal aus dem Mund eines Konservativen. Aber auch nach nicht greifbaren Wahlwerbeversprechen.
Warum sollten ich und meine Frau die CDU wählen?
Wegner: "Weil wir das bessere Politikangebot machen. Weil wir für solide Finanzen sorgen, weil wir für eine gute Sicherheit sorgen, für saubere Städte, für viel Lebensqualität. Aber Sie wollen ja auch etwas Kritisches hören, nehme ich an. Ich glaube, dass die CDU auch gerade in Städten auf neue Themen und Zielgruppen sich einstellen muss."
Ein schwarz-grüner Ansatz?
Laptop aufklappen, "Coffee to go", weiße Kopfhörer im Ohr und CDU wählen. So hätte es die Partei wohl am liebsten oder doch nicht? Wie sieht der Großstadt-Lifestyle aus, den die Christdemokraten anstreben?
"Ich werde sehr häufig angesprochen, auch in meiner Partei, wenn ich sage: Lasst uns über gesunde Ernährung sprechen, lasst uns auch über Infrastruktur sprechen und da insbesondere über Fahrradfahrer, über Fußgänger. Infrastrukturpolitik darf nicht nur das Auto sein, sondern ist sehr, sehr viel mehr. Auch der öffentliche Personennahverkehr gehört dazu."
Fußgänger, Fahrradfahrer, Ernährung. Das klingt nach ureigenen Themen der Grünen. Kai Wegner meint dazu:
"Dann höre ich sehr häufig von sehr vielen Parteifreunden, ja das sind schwarz-grüne Themen. Und du läufst den Grünen hinter her, ich glaube das nicht. Ich glaube, das sind sehr bürgerliche Themen."
Die derzeitige Quadratmeterpreisentwicklung spricht für den CDU-Politiker. Die Mietpreise in beliebten Ballungszentren steigen, Wohlhabende verdrängen Ärmere und damit werden sich die Innenstädte zunehmend verbürgerlichen. Das wäre für Kai Wegner allerdings zu kurz gedacht. Der Großstadtbeauftragte will nicht nur die Menschen mit Eigentumswohnung und Parkblick ansprechen:
"Und das ist ein Punkt wofür auch die CDU steht. Wir müssen Anreize setzen das mehr Menschen, mehr Investoren in unseren Städten Wohnungen bauen. Wir müssen auch dafür sorgen das landeseigene Gesellschaften Wohnungen bauen. Und wir müssen dafür sorgen das es einen gesunden Mix gibt. Das wir Wohnungen im hohen Preissegment haben, den Bedarf gibt es ja auch, aber wir müssen eben auch dafür sorgen das wir in allen Stadtteilen in unseren Städten bezahlbaren Wohnraum haben."
Er war für die Mietpreisbremse
Die andere große Volkspartei namens SPD ist da schon voraus. Sie hat das mit dem bezahlbaren Wohnraum bereits in ein Gesetz gegossen. Diese Idee durch die CDU nicht zu blockieren, das ist auch ein Erfolg für Wegner. Irgendwie.
"Wir haben uns bereits im Wahlprogramm bei einer Mietpreisbremse nicht verschlossen. Und wir haben das auch gemeinsam auf Bundesebene mit der SPD gemacht."
Und bei den Flüchtlingen? Immer mehr kommen vor allem in die Großstädte – hier könnte die CDU Profil gewinnen, sich absetzen von SPD und Grünen, indem sie sich als restriktivere Alternative präsentieren? Der Großstadtbeauftragte stockt:
"Ich weiß nicht. Das Thema Flüchtlinge ist eine riesengroße Herausforderung für uns. Für unser Land. Und ich kann alle Beteiligten nur davor warnen ,das zu einer parteipolitischen Debatte zu machen. Das geht nach hinten los."
Das klingt vernünftig. Nach Realpolitik. Nach Spandau, nach Bürgerlichkeit, nach Kai Wegner. Aber das die CDU dadurch urbaner wird, darf bezweifelt werden. Aber vielleicht nähert sich die Stadtbevölkerung ja zunehmend der CDU an und nicht umgekehrt.