CDU-Politiker: Egoismen schuld an fehlenden EU-weiten Luftraumregelungen
Immer noch pflegen die EU-Mitgliedsländer eigene Interessen und verhindern so eine Einführung eines gemeinsamen Luftraums, sagt Dieter-Lebrecht Koch, Vizevorsitzende des Ausschusses Verkehr und Fremdenverkehr im Europäischen Parlament.
André Hatting: 100.000 Flüge gestrichen, sieben Millionen Menschen auf den Flughäfen gefangen, Verluste für die Weltwirtschaft in Milliardenhöhe – das ist die Bilanz des Vulkanausbruchs auf Island vor einem Jahr. Soll sich nicht wiederholen, versprach die EU-Kommission – sie meinte das Chaos, nicht den Vulkanausbruch. Jetzt ist die Aschewolke des Bergs Grimsvötn der EU in die Parade gefahren. Von wegen, das Chaos wiederholt sich nicht: Im schottischen Edinburgh sitzen seit gestern mehrere hundert Passagiere fest, im britischen Luftraum werden 250 Flüge komplett gestrichen, ein Ende ist nicht in Sicht, denn in dieser Nacht hat die Aschewolke auch Deutschland erreicht. Auf den Flughäfen Hamburg und Bremen geht gar nichts mehr, und Berlin ist wahrscheinlich als Nächstes dran. Am Telefon ist jetzt Dieter-Lebrecht Koch, er ist Mitglied der CDU und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr im Europaparlament. Guten Morgen; Herr Koch!
Dieter-Lebrecht Koch: Ja, einen wunderschönen guten Morgen, Herr ???!
Hatting: Kaum hustet ein Berg in Island, bricht in Europa wieder der Flugverkehr zusammen. Hat die EU nichts gelernt?
Koch: Doch, denn der Flugverkehr in Europa ist noch lange nicht zusammengebrochen. Ich denke, wir sind besser vorbereitet und können bestimmte Lufträume sperren – dass ist völlig ausgeschlossen ist, einen Luftraum zu sperren, das haben wir auch nicht versprochen als Europäische Union. Aber wir sind gut vorbereitet, und lassen Sie mich das noch sagen: Es gibt einen eigentlich tollen Zufall, denn im April hat ein Sicherheitscheck, eine Simultanübung stattgefunden zum Ausbruch eben dieses Grimsvötn-Vulkans in Island. Insofern waren wir gut vorbereitet.
Hatting: Seien wir fair – für Naturkatastrophen können wir nichts, aber was die Menschen im vergangenen Jahr sehr verärgert hat, war die Unsicherheit. Einmal hieß es, der Luftraum wird gesperrt, dann hieß es, er wird wieder nicht gesperrt, dann saßen sie fest auf dem Flughafen, dann saßen sie wieder nicht fest. Es ist im Augenblick ähnlich. Es herrscht eine große Unsicherheit, man weiß nicht, wann der Luftraum wieder geöffnet wird und es gibt die verschiedenen nationalen Hoheiten über den Luftraum in Europa.
Koch: Ja, es gibt leider immer noch die Verantwortlichkeiten bei den Mitgliedsstaaten, das liegt weniger an der EU als mehr an den Egoismen der Mitgliedsstaaten, die einfach ihre Souveränität nicht aufgeben wollen. Insofern haben wir den einheitlichen europäischen Luftraum, der ja angestrebt war und immer noch ist, leider, leider immer noch nicht erreicht. Daran arbeiten wir noch. Es gibt Zwischenschritte, wo vorgesehen ist, einzelne Luftraumblöcke wenigstens zu machen, wo sich einzelne Staaten, die miteinander können, zusammentun, aber auch da sind wir noch nicht am Ende.
Hatting: Herr Koch, Sie sagen, Sie arbeiten daran. Wenn man dem EU-Verkehrskommissariat Glauben schenken mag, dann dauert das noch mindestens zwei Jahre, bis man möglicherweise so etwas wie einen einheitlichen Luftraum geschaffen hat. Das ist eine ganz schön lange Zeit für die Vulkanaktivitäten auf Island.
Koch: Ja, also bis dahin wird der jetzt ausgebrochene Vulkan sicherlich nicht mehr aktiv sein, aber ich denke, das ist ein realistischer Zeitraum, der vom EU-Kommissariat dort angepeilt wird.
Hatting: Warum geht das nicht schneller?
Koch: Ich hatte es schon angesprochen: Die Egoismen der Mitgliedsstaaten, Souveränität aufzugeben in der Luftraumkontrolle, ist doch sehr stark noch ausgeprägt. Und es gibt einen zweiten Punkt: Grenzwerte. Wir haben in Deutschland jetzt, eigentlich als erstes europäisches Land, Grenzwerte eingeführt mit dem Ausbruch des Vulkans, eigentlich so in letzter Minute, wo Sicherheit ganz vorne dran steht. Das ist auch das Entscheidende. Aber wir unterbinden damit im Grunde genommen Flüge nicht nur für triebwerksangetriebene Flugzeuge, sondern auch für mit Kolbenmotor, also Propellerantrieb, für Flugzeuge ohne Antrieb, wir verbieten im Grunde genommen alles, und das macht es auch nicht gerade vertrauensvoll, wie wir damit umgehen. Und wenn andere Länder nicht mitmachen, dann entsteht wieder das Chaos, von dem Sie gesprochen haben.
Hatting: Aber einheitliche Grenzwerte kann man doch einfach vorschreiben, oder? Da spielen doch nationale Interessen keine Rolle.
Koch: Es spielen nationale Interessen in dem Sinne keine Rolle, aber man will auch nicht das Maximum vorschreiben, sondern den effizientesten Wert, der sowohl die Sicherheit garantiert, als auch noch Flugverkehr garantiert. Denn sonst wäre es einfach, allen Flugverkehr zu verbieten – das schafft aber die Unsicherheit bei Produktion, bei Flugreisenden, die in Urlaub wollen, überall, im Grunde genommen. Insofern muss man Ausnahmen gestatten, und die Triebwerkshersteller sind auch völlig unterschiedlicher Meinung, was für ihre Triebwerke verträglich ist an Flugaschekonzentration und was nicht.
Hatting: Vor wenigen Wochen hat das Deutsche Luft- und Raumfahrtszentrum verkündet, dass die Flugverbote über Deutschland, die im vergangenen Jahr verhängt worden sind wegen des Ausbruchs des Vulkans, unnötig gewesen seien. Das klingt ein bisschen wie Hohn. Wie vermeidet man in diesem Jahr diese übertriebene Vorsicht?
Koch: Also diese Behauptung kann in diesem Jahr genauso wieder kommen, weil der Grenzwert, der jetzt festgelegt worden ist, sicherlich von vielen Wissenschaftlern unterstützt wird, es gibt eine Arbeitsgemeinschaft auch auf europäischer Ebene, die das unterstützt, aber einen garantierten Grenzwert, der wissenschaftlich nachgewiesen ist, der für alle Triebwerke gilt, den gibt es halt eben noch nicht. Und insofern kann man im Nachhinein dann immer wieder sagen, ja, hier hätte auch noch ein Flugzeug fliegen können.
Hatting: Der Bundesverkehrsminister Ramsauer hat Alternativen gefordert für den Ausfall des Flugverkehrs. Wie könnte so was auf europäischer Ebene aussehen?
Koch: Ich denke schon, der Ausbau von transeuropäischen Trassen auf der Basis des Schienenverkehrs wäre eine solche Alternative.
Hatting: Aber kann man denn alle Flugverbindungen ersetzen durch Schienenverkehr und durch meinetwegen Schiffsverkehr, ist das so einfach möglich?
Koch: Natürlich nicht. Man kann eine Großzahl damit ersetzen, aber bei Weitem nicht alle, für alle Eventualitäten gibt es einfach keine Lösung.
Hatting: Wie geht es jetzt weiter bei der EU, was sind die nächsten Schritte?
Koch: Die nächsten Schritte werden sein, noch mehr Druck zu machen, dass die Länder sich einigen, diesen gemeinsamen europäischen Luftraum zu schaffen, damit eine gemeinsame Überwachungsbehörde, mehr Kompetenzen für Eurocontrol, das ist nämlich die Einrichtung, die jetzt schon da ist, aber nur einen empfehlenden Charakter hat. Übrigens: Diese Eurocontrol-Einrichtung hat die Messeinrichtungen überarbeitet, enger gestaltet, wir haben in realer, in Echtzeit die Informationen und die Daten für alle europäischen Mitgliedsländer, die wir bereithalten – das ist schon ein Fortschritt im Vergleich zum vergangenen Jahr –, sodass die Mitgliedsländer jetzt auf einer realen Basis auch entscheiden können. Und dieses System weiter aufzubauen, das sind glaube ich die nächsten Schritte für die nächsten Monate.
Hatting: Das war Dieter-Lebrecht Koch, er ist Mitglied der CDU und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr im Europaparlament. Herr Koch, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Koch: Herr Hatting, ich danke Ihnen!
Dieter-Lebrecht Koch: Ja, einen wunderschönen guten Morgen, Herr ???!
Hatting: Kaum hustet ein Berg in Island, bricht in Europa wieder der Flugverkehr zusammen. Hat die EU nichts gelernt?
Koch: Doch, denn der Flugverkehr in Europa ist noch lange nicht zusammengebrochen. Ich denke, wir sind besser vorbereitet und können bestimmte Lufträume sperren – dass ist völlig ausgeschlossen ist, einen Luftraum zu sperren, das haben wir auch nicht versprochen als Europäische Union. Aber wir sind gut vorbereitet, und lassen Sie mich das noch sagen: Es gibt einen eigentlich tollen Zufall, denn im April hat ein Sicherheitscheck, eine Simultanübung stattgefunden zum Ausbruch eben dieses Grimsvötn-Vulkans in Island. Insofern waren wir gut vorbereitet.
Hatting: Seien wir fair – für Naturkatastrophen können wir nichts, aber was die Menschen im vergangenen Jahr sehr verärgert hat, war die Unsicherheit. Einmal hieß es, der Luftraum wird gesperrt, dann hieß es, er wird wieder nicht gesperrt, dann saßen sie fest auf dem Flughafen, dann saßen sie wieder nicht fest. Es ist im Augenblick ähnlich. Es herrscht eine große Unsicherheit, man weiß nicht, wann der Luftraum wieder geöffnet wird und es gibt die verschiedenen nationalen Hoheiten über den Luftraum in Europa.
Koch: Ja, es gibt leider immer noch die Verantwortlichkeiten bei den Mitgliedsstaaten, das liegt weniger an der EU als mehr an den Egoismen der Mitgliedsstaaten, die einfach ihre Souveränität nicht aufgeben wollen. Insofern haben wir den einheitlichen europäischen Luftraum, der ja angestrebt war und immer noch ist, leider, leider immer noch nicht erreicht. Daran arbeiten wir noch. Es gibt Zwischenschritte, wo vorgesehen ist, einzelne Luftraumblöcke wenigstens zu machen, wo sich einzelne Staaten, die miteinander können, zusammentun, aber auch da sind wir noch nicht am Ende.
Hatting: Herr Koch, Sie sagen, Sie arbeiten daran. Wenn man dem EU-Verkehrskommissariat Glauben schenken mag, dann dauert das noch mindestens zwei Jahre, bis man möglicherweise so etwas wie einen einheitlichen Luftraum geschaffen hat. Das ist eine ganz schön lange Zeit für die Vulkanaktivitäten auf Island.
Koch: Ja, also bis dahin wird der jetzt ausgebrochene Vulkan sicherlich nicht mehr aktiv sein, aber ich denke, das ist ein realistischer Zeitraum, der vom EU-Kommissariat dort angepeilt wird.
Hatting: Warum geht das nicht schneller?
Koch: Ich hatte es schon angesprochen: Die Egoismen der Mitgliedsstaaten, Souveränität aufzugeben in der Luftraumkontrolle, ist doch sehr stark noch ausgeprägt. Und es gibt einen zweiten Punkt: Grenzwerte. Wir haben in Deutschland jetzt, eigentlich als erstes europäisches Land, Grenzwerte eingeführt mit dem Ausbruch des Vulkans, eigentlich so in letzter Minute, wo Sicherheit ganz vorne dran steht. Das ist auch das Entscheidende. Aber wir unterbinden damit im Grunde genommen Flüge nicht nur für triebwerksangetriebene Flugzeuge, sondern auch für mit Kolbenmotor, also Propellerantrieb, für Flugzeuge ohne Antrieb, wir verbieten im Grunde genommen alles, und das macht es auch nicht gerade vertrauensvoll, wie wir damit umgehen. Und wenn andere Länder nicht mitmachen, dann entsteht wieder das Chaos, von dem Sie gesprochen haben.
Hatting: Aber einheitliche Grenzwerte kann man doch einfach vorschreiben, oder? Da spielen doch nationale Interessen keine Rolle.
Koch: Es spielen nationale Interessen in dem Sinne keine Rolle, aber man will auch nicht das Maximum vorschreiben, sondern den effizientesten Wert, der sowohl die Sicherheit garantiert, als auch noch Flugverkehr garantiert. Denn sonst wäre es einfach, allen Flugverkehr zu verbieten – das schafft aber die Unsicherheit bei Produktion, bei Flugreisenden, die in Urlaub wollen, überall, im Grunde genommen. Insofern muss man Ausnahmen gestatten, und die Triebwerkshersteller sind auch völlig unterschiedlicher Meinung, was für ihre Triebwerke verträglich ist an Flugaschekonzentration und was nicht.
Hatting: Vor wenigen Wochen hat das Deutsche Luft- und Raumfahrtszentrum verkündet, dass die Flugverbote über Deutschland, die im vergangenen Jahr verhängt worden sind wegen des Ausbruchs des Vulkans, unnötig gewesen seien. Das klingt ein bisschen wie Hohn. Wie vermeidet man in diesem Jahr diese übertriebene Vorsicht?
Koch: Also diese Behauptung kann in diesem Jahr genauso wieder kommen, weil der Grenzwert, der jetzt festgelegt worden ist, sicherlich von vielen Wissenschaftlern unterstützt wird, es gibt eine Arbeitsgemeinschaft auch auf europäischer Ebene, die das unterstützt, aber einen garantierten Grenzwert, der wissenschaftlich nachgewiesen ist, der für alle Triebwerke gilt, den gibt es halt eben noch nicht. Und insofern kann man im Nachhinein dann immer wieder sagen, ja, hier hätte auch noch ein Flugzeug fliegen können.
Hatting: Der Bundesverkehrsminister Ramsauer hat Alternativen gefordert für den Ausfall des Flugverkehrs. Wie könnte so was auf europäischer Ebene aussehen?
Koch: Ich denke schon, der Ausbau von transeuropäischen Trassen auf der Basis des Schienenverkehrs wäre eine solche Alternative.
Hatting: Aber kann man denn alle Flugverbindungen ersetzen durch Schienenverkehr und durch meinetwegen Schiffsverkehr, ist das so einfach möglich?
Koch: Natürlich nicht. Man kann eine Großzahl damit ersetzen, aber bei Weitem nicht alle, für alle Eventualitäten gibt es einfach keine Lösung.
Hatting: Wie geht es jetzt weiter bei der EU, was sind die nächsten Schritte?
Koch: Die nächsten Schritte werden sein, noch mehr Druck zu machen, dass die Länder sich einigen, diesen gemeinsamen europäischen Luftraum zu schaffen, damit eine gemeinsame Überwachungsbehörde, mehr Kompetenzen für Eurocontrol, das ist nämlich die Einrichtung, die jetzt schon da ist, aber nur einen empfehlenden Charakter hat. Übrigens: Diese Eurocontrol-Einrichtung hat die Messeinrichtungen überarbeitet, enger gestaltet, wir haben in realer, in Echtzeit die Informationen und die Daten für alle europäischen Mitgliedsländer, die wir bereithalten – das ist schon ein Fortschritt im Vergleich zum vergangenen Jahr –, sodass die Mitgliedsländer jetzt auf einer realen Basis auch entscheiden können. Und dieses System weiter aufzubauen, das sind glaube ich die nächsten Schritte für die nächsten Monate.
Hatting: Das war Dieter-Lebrecht Koch, er ist Mitglied der CDU und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr im Europaparlament. Herr Koch, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Koch: Herr Hatting, ich danke Ihnen!