Soul und Jazz der alten Schule
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Celeste gilt als Ausnahmetalent. Ihr erstes Album verzögerte sich durch die Pandemie, nun ist es da. Die britische Sängerin überzeugt mit ihrer vielseitigen Stimme in Soul und R’n’B, Pop und Jazz. Teilweise klingt sie wie die Legenden ihres Fachs.
Seltsam - so habe sie sich oft gefühlt im vergangenen Jahr, sagt Celeste. Das Corona-Jahr 2020 war für die meisten Menschen seltsam, aber Celeste Epiphany Waite, wie die Sängerin mit vollem Namen heißt, hätte durchstarten sollen: Noch vor ihrem ersten Album hat sie Preise gewonnen, Promis wie Adele und Elton John gehören zu ihren Fans.
Die Pop-Nation Großbritannien hatte hohe Erwartungen - und nicht nur die, erinnert sich Celeste:
"Ich habe mich auf jeden Fall selbst unter Druck gesetzt und bin jetzt froh, dass das Album endlich rauskommt. Ich habe mich gefühlt wie ein Rennpferd, das einfach nicht starten darf. Dabei will ich doch Konzerte spielen, reisen und die Menschen treffen, die sich jetzt für mich interessieren. Ich bin jedenfalls ziemlich erleichtert."
Homerecording statt Führerschein
Auf Reisen und Konzerte muss Celeste weiterhin warten, dabei braucht sie doch den Austausch mit anderen Menschen - auch beim Songwriting. Für jeden der zwölf Songs auf ihrem Album "Not Your Muse" hat sie sich einen kreativen Partner gesucht. Das war nicht immer einfach während der Corona-Isolation und die 26-Jährige ist stolz auf das, was sie in der Zeit alleine geschafft hat.
Aber sie wolle ihre Ideen eben mit anderen teilen, sagt Celeste. "Ich will auch von den Ideen der anderen hören und fühlen, was sie fühlen. Das kann sehr inspirierend ein."
"Ich kann gut mit einer anderen Person arbeiten, weil sie mich oft dazu bringt, mich mehr auf das Wesentliche zu konzentrieren", erzählt sie. "Wenn ich alleine arbeite, fehlt mir manchmal das Selbstvertrauen, eine Sache zu Ende zu bringen. Deshalb ist es gut, wenn da jemand ist, der dich ein bisschen führt, der dir sagt: Das ist gut, das fühlt sich gut an, während du vielleicht gerade nicht so sehr an dich glaubst."
Geboren ist Celeste in Los Angeles, aufgewachsen in der britischen Küstenstadt Brighton. Mit 16 schreibt sie ihren ersten eigenen Song, mit 18 wünscht sie sich keine Fahrstunden für den Führerschein, sondern einen Computer fürs Homerecording.
Inspiriert von der Musik der 50er- und 60er-Jahre, von Ella Fitzgerald, Aretha Franklin und Otis Redding, versucht Celeste, diesen Sound in die Gegenwart zu holen. Sie arbeitet mit Computerprogrammen und experimentiert mit Samples, ist aber nie so richtig zufrieden mit dem Ergebnis.
Bis sie eines Tages eine Entdeckung macht: "Ich habe eine Doku über James Brown and The Famous Flames gesehen. James Brown hatte in dieser Zeit vier Schlagzeuger unter der Bühne versteckt, damit er auch wirklich alle Feinheiten, alle Beats und Rhythmen bekam, die er haben wollte. Das war der Moment, in dem mir klar wurde: Ich brauche echte Musikerinnen und Musiker um mich herum."
Songtitel-Idee kam von einer Siebenjährigen
Auf ihrem Debütalbum zeigt Celeste, was sie alles kann mit ihrer vielseitigen Stimme: Soul und R’n’B, Pop und Jazz. An manchen Songs hat sie drei Jahre gearbeitet, andere sind in nur 15 Minuten entstanden. So wie die aktuelle Single "Love Is Back".
Celeste war im Studio mit ihrem Songwriting-Partner und Produzenten Jamie Hartman, der auch schon mit Popstars wie Kylie Minogue und Christina Aguilera gearbeitet hat - und der eine kleine Tochter hat. Die Siebenjährige hatte eine Idee für einen Songtitel, den er doch bitte Celeste vorschlagen sollte, erinnert sich die Sängerin:
"'Ach, wirklich?', habe ich gesagt und ich hatte irgendwie ein gutes Gefühl. 'Wie soll der Song denn heißen?' - "'Love is back', sagt er, die Liebe ist zurück. Was für ein guter Songtitel! So naiv und gleichzeitig so tiefsinnig. Denn so ist es nun mal: Wenn die Liebe wieder da ist, willst du sie haben. Ich habe gleich gesagt: 'Wollen wir den Song jetzt sofort schreiben?'"
Lieder über die Liebe mit all ihren sonnigen und schattigen Momenten, ein Sound, der retro und gleichzeitig modern klingt - das ist alles nicht neu. Trotzdem ist Celeste mit "Not Your Muse" ein überzeugendes Debütalbum gelungen. Die ruhigeren Stücke überwiegen und können auch mehr überzeugen, denn bei den Balladen klingt Celeste wie ihre Vorbilder - Soul und Jazz der alten Schule.