Centro Cultural in Buenos Aires

Der Kirchner-Clan setzt sich ein Denkmal

Das Centro Kultural Kirchner in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires ist mit mehr als 100.000 Quadratmetern Fläche eines der größten Kulturzentren der Welt.
Das Centro Kultural Kirchner in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires ist mit mehr als 100.000 Quadratmetern Fläche eines der größten Kulturzentren der Welt. © imago/ZUMA Press
Von Aglaia Dane und Julia Ohlendorf |
Das größte Kulturzentrum Lateinamerikas steht neuerdings in Buenos Aires, viele vergleichen es mit dem Centre Pompidou in Paris. Merkwürdigerweise hat das Centro Cultural Néstor Kirchner keine Pressestelle – dafür aber auffällig viele Mitarbeiter.
Das Kulturleben von Buenos Aires ist legendär und hat seit kurzem eine Attraktion mehr: Das größte Kulturzentrum Lateinamerikas, das Centro Cultural Néstor Kirchner.
Im superlativ-vernarrten Argentinien will man mithalten mit den großen Häusern der Welt und vergleicht es schon mit dem Centre Pompidou in Paris. Und es ist auch wirklich imposant: Ein Prachtbau im Zentrum von Buenos Aires wurde extra aufwändig hergerichtet. Die Ausstattung ist erstklassig, die Veranstaltungen gratis.
Trotzdem gibt es viel Kritik an diesem Kulturzentrum. Gegner sagen: Eigentlich ist das Haus eine von den Steuerzahlern finanzierte Ruhmeshalle für die Präsidentin Cristina Kirchner und ihren Clan. Und wenn morgen in Argentinien ein neuer Präsident gewählt wird, dann geht es auch um die Zukunft dieses Kulturpalastes.

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Soundcheck für den Abend. Auf dem Programm steht ein Konzert des kubanischen Trompeters Yasek Manzano und des argentinischen Jazz-Schlagzeugers Oscar Giunta.
"Ich habe heute die große Ehre, hier zu spielen mit meinem Trio - an diesem wunderbaren Ort".
Der wunderbare Ort ist ein Palast aus der Blütezeit Argentiniens. In Sichtweite liegt die Casa Rosada, der Sitz der Präsidentin Cristina Kirchner. Von dort kam vor etwa zehn Jahren die Anweisung, dass aus der ehemaligen Hauptpost von Buenos Aires ein Kulturzentrum werden soll. Auch damals hieß der Präsident Kirchner - der verstorbene Ehemann der jetzigen Präsidentin. Sie hat sein Projekt zu Ende gebracht. Die neoklassizistische Architektur mischt sich mit moderner Einrichtung: überall glänzendes Granit und frisch geöltes Holz. Es gibt unzählige Räume für Workshops, Ausstellungshallen und ein Konzertsaal für fast 2000 Zuschauer, die neue Heimstätte für das nationale Symphonie-Orchester. Für den Schlagzeuger Oscar Giunta ist das Kulturzentrum ein besonderer Ort.
Das Publikum steht Schlange, die Veranstaltungen sind immer gratis
"Alle Musiker, mit denen ich gesprochen habe, die hier schon gespielt haben, waren wahnsinnig überrascht. Hier wurde so viel Geld investiert - in Kultur! Das passiert heute so selten auf der Welt und vor allem in Lateinamerika. Was man hier sieht, die Instrumente, die Säle, die Ausstattung - das ist beeindruckend."
Das sehen auch viele Argentinier und Touristen so. Sie stehen von Donnerstag bis Sonntag Schlange für Führungen durch das Kulturzentrum oder Karten für Veranstaltungen, die immer gratis sind. Auf den ersten Blick also ein echtes Erfolgsprojekt: prachtvoll, gut besucht und mit sozialem Anspruch. Beim zweiten Blick aber trübt sich dieses Bild. Denn innen drin läuft nicht alles rund, findet zum Beispiel Osjanny Montero, eine Besucherin aus Venezuela. Sie hat sich eine Foto-Ausstellung über die "Mütter vom Plaza de Mayo" angeschaut hat, eine Protestbewegung von Frauen während der Militärdiktatur.
"Die Ausstellung war sehr dürftig kuratiert. Ich kenne mich zum Beispiel nicht so sehr in der argentinischen Geschichte aus und habe mich da etwas verloren gefühlt. Es gibt kaum Hinweistafeln. Mir scheint, ohne Führung versteht man wenig von der Ausstellung - die vielen Mitarbeiter, die herum standen, waren zumindest keine Hilfe."
Centro Cultural Néstor Kirchner: "Niemand weiß, was da drin genau passiert"
Die vielen Mitarbeiter - das ist ein großes Diskussionsthema seit der Eröffnung. Viele vermuten dahinter eine Maßnahme der Präsidentin, Anhänger in Lohn und Brot zu bringen. Ein anderes Thema sind die Kosten, schließlich ist Argentinien offiziell zahlungsunfähig. Doch schon jetzt hat das Projekt mehr als 700 Millionen Euro verschlungen. Darío Lopérfido ist ein großer Kritiker des CCK - was vielleicht auch daran liegt, dass er von der Konkurrenz kommt: Er ist Intendant des Teatro Colón in Buenos Aires, eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt. Ihn stört in erster Linie die undurchsichtige Organisation.
"Niemand weiß, was da drin genau passiert - zum Beispiel, wer der Direktor ist. Wenn du mit dem Intendanten des Colón sprechen willst, redest du mit mir. Aber im CCK - es ist völlig unklar, wer dort das Programm gestaltet."
Und auch Medien bekommen keine Auskünfte. Es heißt, man rede nicht mit der Presse. Künstler werden, so hört man, eingeladen, sich bewerben sei schwierig - unmöglich, wenn man sich mal regierungskritisch geäußert hat. In den Hallen zeigen dafür alle paar Meter Monitore Auftritte des Präsidenten-Ehepaares Kirchner, dem jubelnden Volk zuwinkend. Auch ein Ausstellungsraum ist dem verstrobenen Präsidenten Néstor Kirchner gewidmet. Dieses Kulturzentrum ist auch eine Ruhmeshalle für den Kirchner-Clan. Für den Intendanten des Teatro Colón beginnt das schon beim Namen.
Personenkult und Selbst-Glorifizierung sind typisch für Cristina Kirchner
"Als sie das Projekt vorgestellt haben, da sagten sie, dass es Kulturzentrum des zweiten Jahrtausends heißen soll. Und dann hieß es auf einmal, nein, es heißt Centro Cultural Néstor Kirchner. Das ist dieser schreckliche Dritte-Welts-Populismus."
Die scheidende Präsidentin hat dafür gesorgt, dass das Zentrum den Namen ihres verstorbenen Ehemanns trägt. Es sind typische Merkmale der politischen Kultur unter Cristina Kirchner: Personenkult und Selbst-Glorifizierung. Doch was ist, falls jetzt die Opposition an die Macht kommt? Deren Kandidat, Mauricio Macri, hat laut Umfragen gute Chancen, morgen der nächste Präsident zu werden. Die Opposition hat bereits angekündigt, dass sie im Falle eines Wahlsiegs für mehr Transparenz sorgen will - zum Beispiel über die Kosten. Auch vieles andere könnte sich ändern: Preise, Programm, Organisation - und ganz sicher der Name. Dafür läuft im Internet schon eine Petition.
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