Chancen und Risiken von Big Data

Ethikrat fordert bessern Schutz von Gesundheitsdaten

Fitness-Armband
Datensammeln am Handgelenk. Aber war passiert mit den Daten? © picture alliance / dpa / Michel Winde
Peter Dabrock im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese |
Pulsmesser, Schrittzähler, Kalorienverbrauch - mit Apps und Wearables lassen sich zahlreiche Körperdaten erfassen, auswerten und weitergeben. Der Trend zum Sammeln von Gesundheitsdaten birgt Risiken, aber auch "ungeheure Chancen", sagt Peter Dabrock, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats.
Vielen Leuten sei gar nicht klar, wie viele Daten sie preisgäben, sagte Peter Dabrock im Deutschlandfunk Kultur. Und ihnen sei auch nicht bewusst, was man mit diesen Daten machen könne. Wer z.B. über eine App einen Wetterdienst aufrufe, gebe auch Auskunft über seinen Lebensstil.
Zu den Chancen sagte Dabrock, Big Data werde schon heute im Bereich der medizinbezogenen Forschung oder in der Klinik genutzt. "Da tun sich ungeheure Chancen auf, weil man dadurch, dass man viele, viele Daten sammelt, Muster erkennen kann." Das könne die Medizin enorm weiterbringen. In der Klinik könne man sich z.B. vorstellen, dass der behandelnde Arzt auf einem iPad sofort die Daten eines individuellen Patienten mit der gesamten Forschungsliteratur zusammenbringen könne, um die Diagnose viel präziser zu erstellen.
Die verschiedenen Datenquellen müssten so verknüpft werden, dass die neuen Chancen auch genutzt werden könnten, ohne dabei die Datensouveränität des Patienten zu beschränken.
Peter Dabrock, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats
Peter Dabrock, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats© picture alliance / dpa / Uwe Zucchi

Vorteile nutzen, Datensouveränität sichern

Zur Bewertung der Risiken müsse man sich zunächst bewusst werden, dass alle gesammelten Daten auch gesundheitsrelevant werden könnten. So habe Facebook z.B. ein Tool entwickelt, um Indizien für eine Suizidgefährdung zu ermitteln. Ähnliches gelte für Google. Würden diese Daten aber an den Arbeitgeber oder an den Versicherer weitergegeben, drohe im schlimmsten Fall eine Stigmatisierung oder Diskriminierung, sagte Dabrock. Fraglich sei auch, ob diejenigen, die ihre Daten an die Versicherer weitergeben würden, mit anderen Tarifen rechnen könnten als diejenigen, die sich einer Datenweitergabe verweigerten.
Eine zentrale Frage für den Wissenschaftler sei: "Lassen wir uns so zunehmend von den großen Datengiganten in die Klammer nehmen und vielleicht unsere eigene Freiheit gefährden?"
"Im Umgang mit den Daten brauchen wir ein umfassenderes Regime. Wir können nicht nur mit dem Datenschutzrecht agieren. Wir müssen tatsächlich die Datenindustrie in die Pflicht nehmen. Wir müssen die Bildungseinrichtungen in die Pflicht nehmen. Wir müssen auch die Forschungseinrichtungen in die Pflicht nehmen, damit das Individuum in der Lage ist, datensouverän in diesem Datenurwald agieren zu können. Denn das ist das Gefährliche, dass man unter den Annehmlichkeiten, die Smartphone und Apps bieten, hineinschlittert in eine Unfreiheit."

"Big Data und Gesundheit – Datensouveränität als informationelle Freiheitsgestaltung" - so lautet der Titel einer Stellungnahme des Deutschen Ethikrates, die heute vorgestellt wurde.

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