Charity

Gutes gewollt, Schlechtes bewirkt

Von Knut Bergmann · 04.12.2013
Gutes tun und Gutes tun ist nicht unbedingt dasselbe - es kommt auch immer auf die Beweggründe an, meint der Ökonom Knut Bergmann.
Wer öffentlich Gutes tut, erntet dafür Lob und Anerkennung – und manchmal kriegt er sogar einen Orden. Das ist gut und richtig, denn unser Gemeinwesen profitiert davon, dass viele Menschen mehr tun als nur Steuern zu zahlen.
Dass aber gute Gaben auch negative Folgen haben können, ist eine unpopuläre These und wird gerne ausgeblendet. Doch wie überall gilt selbst beim gemeinwohlorientierten Tun, dass gut gemeint nicht unbedingt gut gemacht bedeutet.
Schon alltägliche Altkleiderspenden verursachen erst einmal logistischen Aufwand. Und wenn sie nicht in Deutschland zu Putzlappen verarbeitet, sondern weiterverkauft werden, können sie die Textilindustrie in Entwicklungsländern ruinieren – so wie Sachspenden häufig dort die lokale Wirtschaft unterminieren und insgesamt mehr Probleme schaffen als sie lösen.
Unbedachte Folgen gut gemeinter Taten
Auch Geldspenden wollen wohlüberlegt sein – gerade im Bereich der humanitären Hilfe, wohin drei Viertel der deutschen Spenden fließen.
Hier gilt: je geringer das Medienaufsehen, desto geringer das Spendenaufkommen – und sei die Not noch so groß. Und solange keine Deutschen betroffen sind wie aktuell im Syrien-Konflikt oder jüngst nach dem Taifun auf den Philippinen, fließen die Hilfsgelder nur spärlich.
Das war nach dem Tsunami am Jahresende 2004 ganz anders. Damals kam so viel Geld zusammen, dass die Hilfsorganisationen es kaum mehr sinnvoll ausgeben konnten – auch dank manch medienwirksam in Szene gesetzten prominenten Großspenders. Wo es nötiger gewesen wäre, wurde dann aber nicht mehr gespendet.
Hier werden zwei miteinander verknüpfte Probleme erkennbar. Das erste sind unbedachte Folgen gut gemeinter Taten. Das zweite ist die Frage nach den Motiven. Wenn der Wunsch nach Aufmerksamkeit und Ehre überwiegt, mindert das oft die Wirkung des Handelns für das Gemeinwohl.
Keine Frage, wer viel gibt, hat auch viel Anerkennung verdient. Oft verzichten Mäzene sogar bewusst auf Öffentlichkeit. Andere hingegen suchen geradezu die große Bühne.
Öffentliche Wohltätigkeit als Vermarktungsstrategie
Dabei ist der Grat zwischen dem Bestreben, mit dem guten Tun Vorbild zu sein, und dem Verdacht, vor allem die persönliche Eitelkeit befriedigen zu wollen, ziemlich schmal.
Besonders deutlich wird das im Fall von Charity-Galas. Dort stehen öffentliche Aufmerksamkeit und gemeinwohlorientierter Ertrag selten in einem angemessenen Verhältnis zueinander. Wegen der hohen Kosten bleiben die Ergebnisse oft kümmerlich. Die bunten Blätter sind trotzdem voll mit Bildern davon.
Bei einigen permanent belobigten Prominenten gehört das öffentlich-gute Tun zur persönlichen Vermarktungsstrategie. Hingegen bekommt die Sekretärin, die sich jahrelang unentgeltlich in der Hausaufgabenhilfe für Kinder mit Migrationshintergrund engagiert, weder große Presse noch darf sie über rote Teppiche schreiten.
Um es nicht nur scheinbar gut zu meinen, sondern wirklich gut zu machen, hilft eine ehrliche Analyse von Beweggründen und Motivation.
Das gilt gleichermaßen für die Mäzene im Bereich von Kunst und Kultur. Auch deren Motive sind nicht immer so edel wie sie scheinen. Zwar ist es ehrenvoll, Teile seiner privaten Sammlung als Dauerleihgabe an öffentliche Museen zu geben. Allerdings müssen die Ausstellungshäuser im Gegenzug in aller Regel hohe Kosten für Präsentation, Unterhalt und Versicherung tragen. Und die Rechnung, Touristenströme durch gestiftete Sammlung gegen Museumsbau und laufende Kosten, geht für Kommunen nur vereinzelt auf. Für den Leihgeber dagegen können sich die Museen als Durchlauferhitzer für den Markt erweisen.
Staatliches Lob fürs Gutes-Tun sollte sich an der Wirkung orientieren
Gerade wer über Ressourcen verfügt, sei es Prominenz oder Geld oder beides, wird in seinem Tun selten kritisch hinterfragt. Kaum ein Stifter wird den – eigentlich wünschenswerten – Widerspruch ernten, wenn er in eigene hochglanzbroschürentaugliche Projekte investiert oder gar versucht, sich mit einer Stiftung auf eigenen Namen ein Denkmal zu setzen. Dabei wird er selten den bestmöglichen Ertrag für das Gemeinwohl erzielen – zumal die Allgemeinheit der Steuerzahler durch die fiskalische Begünstigung von Stiftungen indirekt belastet wird.
Keine Frage: Für den, der mehr tut, als er muss, ist es legitim, selbst zu bestimmen, wie und wo seine Gabe Wirkung entfalten soll. Das öffentliche und mediale Lob wie staatliche Auszeichnungen sollten sich aber stärker an der Wirkung orientieren. Das ist eine Chance, die unsere Gesellschaft hat, sinnvolle soziale Investitionen zu fördern und anzuerkennen.
Knut Bergmann, geboren 1972, arbeitet seit Juli 2012 das Hauptstadtbüro des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Zuvor leitete er als Fellow der Stiftung Neue Verantwortung in Berlin ein Projekt zum Thema Philanthropie. Knut Bergmann studierte an der Universität Bonn Politikwissenschaften mit den Nebenfächern Psychologie und Öffentliches Recht. Anschließend arbeitete nacheinander er für die TV-Moderatorin Sabine Christiansen, für das Bundespräsidialamt und für den Deutschen Bundestag. Er ist Mitglied des Kollegrates der Berliner Guardini-Stiftung und Vorstand des Council on Economic Policies in Zürich.
Knut Bergmann
Knut Bergmann© IW Köln