Charles Darwin: "Die Fahrt der Beagle"

Abenteuerliche Entdeckung der Evolution

Der Leuchtturm "Faro les eclaireurs" am Ende der Welt (fin del mundo) im Beagle-Kanal vor Feuerland, aufgenommen am 01.12.2012.
Der Leuchtturm "Faro les eclaireurs" im Beagle-Kanal vor Feuerland. © picture alliance / zb / Klaus Grabowski
Von Günther Wessel |
Es war eine Expedition, die Wissenschaftsgeschichte schrieb: Die Weltumsegelung des Forschungsschiffes Beagle. Mit an Bord war der junge Charles Darwin. Sein überaus lebendiger Bericht dieser Reise liegt nun in einer illustrierten Neuausgabe vor.
22 Jahre alt, das Studium beendet, neugierig auf die Welt und keine klare Perspektive: So sah Charles Darwins Leben im Sommer 1831 aus, als ihn das Angebot erreicht, als Wissenschaftler die mehrjährige Forschungsreise der "Beagle" zu begleiten. Er sagt zu, und im Dezember 1831 beginnt ein Abenteuer, dessen Bericht Weltgeschichte schrieb. Denn in den fünf Jahre, die Darwin unterwegs ist, berichtet er reflektiert und ungeheuer anschaulich über seine Reise: Er bewundert die Gauchos auf der argentinischen Pampa und beneidet sie um ihr freies Leben. Er notiert, dass ein gebratenes Gürteltier zwar schmackhaft, aber kein substantielles Frühstück für zwei Erwachsene sei. Er beobachtet Vogelarten und beschreibt sie detailliert. Er schwelgt in poetischen Naturbeschreibungen, wenn er von der geheimnisvollen Großartigkeit der Landschaften Feuerlands und ihrer engen Wasserstraßen, "die über die Grenzen der Welt hinausführen", schreibt.
Mitunter ist er auch buchhalterisch genau, wenn er gesammelte Fossilien beschreibt und deren Längen, Höhen und Größen vermisst. Und er traut sich Schlussfolgerungen zu: Als er einen Gaucho mit einem Stück Feuerstein sieht, das er als indianische Pfeilspitze identifiziert, erkennt er, dass sie antik sein muss, da die Indianer in dieser Region nicht mehr mit Pfeil und Bogen jagen.

Verbrechen gegenüber Ureinwohnern verurteilt

Darwin scheut sich auch nicht, die Verbrechen der Einwanderer den Ureinwohnern Südamerikas gegenüber scharf zu verurteilen – wie sie ganze Stämme vernichten oder entwurzeln. Aber bei den Ureinwohnern Feuerlands endet seine Empathie. Die sieht er so eindeutig als Wilde an, dass er ihnen keinen zweiten Blick zugesteht.
Die Expedition umrundet Südamerika, vermisst und kartographiert den Kontinent. Darwin erlebt speiende Vulkane und am 20. Februar 1835 ein Erdbeben an der chilenischen Küste, bei dem die Städte Valdivia und Concepción durch das Beben und einen den nachfolgenden Tsunami zerstört werden. Weiter nördlich erreicht die Beagle im September 1835 schließlich den Galapagos-Archipel, wo der Wissenschaftler auf sein "Evolutionlabor" trifft: Er bemerkt, dass auf jeder der Inseln eine andere Finkenart lebt.
Die Vögel unterscheiden sich durch ihre Schnabelform, entstanden durch das jeweilige Nahrungsangebot ihre Lebensraumes: ein Musterbeispiel für evolutionäre Veränderung. Durch den Pazifik, vorbei an Südafrika erreicht die Expedition am 2. Oktober 1836, nach knapp fünf Jahren, wieder England. Und hier wird Darwin in den Folgejahren in seiner Forschung immer wieder auf die Erfahrungen dieser Reise zurückgreifen.
Unter vielen Abbildungen ist auch ein Tableau von Schädeln unterschiedlicher "Darwinfinken" in diesem Band zu finden – wie dieser überhaupt prächtig ausgestattet ist. Die zeitgenössischen und modernen Abbildungen, Zeichnungen und Fotos der Landschaften und ihrer Bewohner machen ihn auch zu einem bibliophilen Genuss.

Charles Darwin: Die Fahrt der Beagle. Darwins illustrierte Reise um die Welt.
Aus dem Englischen von Eike Schönfeld
Theiss Verlag, Stuttgart 2016
480 Seiten, 49,95 Euro

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