Charlotte Wiedemann: "Den Schmerz der Anderen begreifen"
© Propyläen
Wie erinnert man an Menschheitsverbrechen?
05:37 Minuten
Charlotte Wiedemann
Den Schmerz der Anderen begreifen. Holocaust und Weltgedächtnis Propyläen , Berlin 2022288 Seiten
22,00 Euro
Gerät die Erinnerung an den Holocaust und die durch die Deutschen ermordeten Juden unter Druck? Charlotte Wiedemann hat zur Debatte um globales Gedenken ein vorsichtiges, fragendes Buch geschrieben. Sie wirbt für eine empathische Erinnerungskultur.
Die vielleicht brenzligste Frage, die Charlotte Wiedemann in ihrem Buch "Den Schmerz der Anderen begreifen" stellt, lautet: „Gelten aus deutscher Perspektive womöglich nur die jüdischen Opfer als ein gleichwertiges Gegenüber?“ Allgemeiner formuliert: Welchen Toten, welchen historischen Massenverbrechen schenken wir unsere Empathie?
Episoden kolonialer Herrschaft
Mit dieser Frage im Hinterkopf bedenkt sie unterschiedliche Katastrophen, wie sie über die Erinnerung in die Gegenwart ragen. Verschiedene Episoden kolonialer Herrschaft kommen vor, darunter die rund eine Million Tote, die das Deutsche Reich in Afrika hinterlassen hat. Der Genozid im Kambodscha wird als „Menschheitsverbrechen im schlecht beleuchteten Hinterhof der Weltgeschichte“ charakterisiert.
Im westfälischen Stukenbrock, wo zigtausende sowjetische Kriegsgefangene den Tod gefunden haben, vollzieht sie die Entstehung von Erinnerungskultur nach. Sie bereist das Baltikum, wo sie Erinnerungsstätten besucht und mit einem Holocaust-Überlebenden spricht. Und vieles mehr. „Den Schmerz der Anderen begreifen“ gibt sich nicht mit Erinnerungsroutinen zufrieden.