"Eine coole Idee: Schauspieler, das probiere ich“
Er brilliert als Fernseh-Kommissar, wurde international bekannt durch "Das Leben der Anderen" und steht nun auch hinter der Kamera: Charly Hübner befasst sich in seinem neuen Film mit der rechtsextremistischen Szene in seiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern.
Wenn ein Schauspieler seine Rollen so authentisch verkörpert wie Charly Hübner, hat das manchmal auch Nebenwirkungen: Als Stasi-Oberfeldwebel im Oscar-prämierten "Das Leben der Anderen" wurde Hübner nicht nur international bekannt, sondern das brachte auch seinen Vater dazu, von seiner eigenen Mitarbeit bei der echten Stasi zu berichten. Denn nachdem sie sich den Film angesehen hatten, kam es zwischen Vater und Sohn Hübner zu dieser Szene:
"Dann sind wir nach Hause gefahren im Auto, dann sagte er nur: ‚Ja, die waren alle früher auch bei der Stasi, die die jetzt die Kultur gemacht haben heute Abend.‘ ‚Wie, du kanntest die? Wieso weißt du, dass sie bei der Stasi waren?‘ Und dann war so eine Stille und dann: ‚Ach schade, so 'ne Kameras hatten wir noch gar nicht.‘ Das waren dann so zwei Sätze, wo ich geistesgegenwärtig so in den Rückspiegel guckte. ‚Wir??‘ Und dann hat er es erzählt, dass er sehr früh, mit 23, angeworben wurde."
Schauspieler und Figur verschmelzen
Ob als Fernseh-Kommissar Bukow im "Polizeiruf 110"oder aktuell als Yank im Stück "Der haarige Affe" am Hamburger Schauspielhaus, Charly Hübner ist in seinen Rollen so glaubwürdig, dass der Schauspieler und die Figur zu einer Einheit verschmelzen. Das Hamburger Fünfeinhalb-Stunden-Stück in der Regie von Frank Castorf verlangt den Schauspielern einiges ab:
"Es macht zum Spielen unglaublich viel Spaß, weil er einem viel Freiheiten lässt innerhalb dieses neu geschaffenen – ich nenne das jetzt für mich so – Theaterkontinents, den er da im Laufe der Proben so entwirft, wie so ein eigenes Gebirge, durch das man sich durchpflügen muss. Man ist danach platt, weil der Körper viel leistet, aber man ist total beseelt, weil man sich wirklich in so Freiheiten reinbewegen darf."
Dass die Schauspielerei sein Ding ist, hatte der gebürtige Mecklenburger 1990 in den Ruinen von Ephesos in der heutigen Türkei erfahren:
"Da waren wir in der Türkei, haben altes Amphitheater angeguckt und in einem von diesen Amphitheatern machte Matthias Hörnke, hat der Hamlet gespielt. Ich habe es gesehen in Ephesos, in diesem riesigen Amphitheater. Er wollte nur wissen, ob er laut genug ist, und ich sehe den Moment, wie er die Treppe hochgeht und dachte: ‚Wow, das ist doch eine coole Idee. Schauspieler, das probiere ich jetzt‘."
Eintauchen in die rechte Szene
Und auch hinter der Kamera ist er erfolgreich: Sein Dokumentarfilm "Wildes Herz", bei dem er Regie führte, hat mehrere Preise gewonnen. Darin geht es um die Punk-Band "Feine Sahne Fischfilet" aus Hübners Heimat Mecklenburg-Vorpommern, um deren Konflikte mit Rechtsextremen – und mit der Staatsgewalt. Drei Jahre lang beobachtete der Regisseur Charly Hübner diese Szene und tauchte tief ein:
"Wir haben uns dann einfach so in diese Welt hineinbewegt, um zu kapieren und auch mal so eine Geschichte von jemandem zu erzählen, über den eigentlich gar nicht berichtet wird. Der lebt da in Vorpommern in so einem kleinen Ort, in Jarmen, kommt daher, und das ist eine Geschichte, wenn wir das nicht gemacht hätten und die Band jetzt nicht so erfolgreich wäre, wüsste man nicht. Aber es gibt ganz viel solche Truppen."