Gründung der UNO
Manche Zeitgenossen hatten sie als künftige Weltregierung ausersehen, die den Krieg abschaffen und die Staaten zur Vernunft zwingen konnte. Ein hehres Ziel, mit dem die UNO am 26. Juni 1945, heute vor 70 Jahren, gegründet wurde. An diesem Tag wurde ihre Verfassung, die Charta der Vereinten Nationen, in San Francisco verabschiedet.
Der Tag, an dem sowjetische und westalliierte Truppen in Torgau an der Elbe zusammentrafen, war zugleich der Tag, an dem Tausende Kilometer entfernt die Gründungskonferenz der Vereinten Nationen begann.
"Il faut maintenant déclarer ouverte."
Am 25. April 1945 eröffnete der belgische Außenminister Paul- Henri Spaak die Konferenz. Die Außenminister und Botschafter von 50 Staaten waren im War-Memorial-Opernhaus in San Francisco zusammengekommen, um nichts weniger zu erschaffen als eine neue Weltorganisation, die den Krieg als Mittel der Politik ein für alle Mal ächten sollte.
Bündelung der Kräfte
Zwei Wochen nach Konferenzbeginn endete der Krieg in Europa. Bei einer Feierstunde zum Kriegsende schwor der amerikanische Außenminister Edward Stettinius die Versammelten ein:
"Wir erinnern daran, dass Hitlerdeutschland nur deshalb besiegt werden konnte, weil die Vereinten Nationen ihre Kräfte gebündelt haben. Und ein dauerhafter Friede wird nur dann möglich sein, wenn sie ihre Kräfte vereinen. Die Weltorganisation, deren Charta wir hier zu schreiben uns versammelt haben, MUSS gegründet werden."
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs war erst das letzte Projekt dieser Art kläglich gescheitert. Dem Völkerbund, 1920 gegründet, waren das Deutsche Reich, Italien, die Sowjetunion und Japan nur zeitweise beigetreten, die USA nie. Nun aber stellte sich der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt an die Spitze der Bewegung für eine neue Weltorganisation.
Verhandlungsmarathon
Er holte Großbritannien, die Sowjetunion und China mit ins Boot. Auf der Konferenz von Dumbarton Oaks im Herbst 1944 hatten diese Länder bereits die Grundzüge ausgehandelt. In San Francisco ging es dann nur noch um die konkrete Ausformulierung der einzelnen Artikel. Nach zwei Monaten Verhandlungsmarathon war es geschafft. Am 26. Juni 1945 verabschiedeten die Delegierten einstimmig die "Charta der Vereinten Nationen".
Artikel zwei, Absatz 4 lautet:
"Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt."
"Die soeben von Ihnen unterzeichnete Charta der Vereinten Nationen ist ein festes Fundament, um darauf eine bessere Welt zu errichten. Sie wird Ihnen einen Ehrenplatz in den Annalen der Geschichte sichern. Sie haben inmitten des furchtbarsten aller Kriege, kurz nach dem in Europa errungenen und vor dem gegen Japan noch zu erringenden Sieg einen Sieg gegen den Krieg selbst errungen."
Fundament für eine bessere Welt
Der amerikanische Präsident Harry S. Truman in seiner Abschlussrede. Im Gegensatz zum Völkerbund sollte die neue Staatengemeinschaft echte Schlagkraft bekommen. Die Generalversammlung, in der alle Mitglieder vertreten sind, wurde zwar nur ein zahnloser Tiger. Doch neben ihr schuf man den übermächtigen Sicherheitsrat. Er setzt Sanktionen fest und entscheidet über Blauhelmeinsätze. Bis heute besitzen seine fünf ständigen Mitglieder USA, Großbritannien, Russland, Frankreich und China ein Vetorecht, mit dem jeder von ihnen seine Entscheidungen blockieren kann.
"Dieses neue Friedensgebäude erhebt sich auf einem starken Fundament. Lasst uns diese einmalige Gelegenheit nicht versäumen, der Vernunft zur weltweiten Herrschaft zu verhelfen und unter Gottes Führung einen dauerhaften Frieden aufzurichten."
Doch die alte Kriegsallianz zerbrach. Auf den Zweiten Weltkrieg folgte der Kalte Krieg, und das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder legte den Sicherheitsrat nahezu lahm. Erst mit dem Ende des Ost-West-Konflikts stieg die Zahl der Blauhelmeinsätze an. Friedlicher ist die Welt auch seitdem nicht geworden. Die Vereinten Nationen sind keine Weltregierung, sie können nur so viel bewirken, wie ihre Mitglieder zulassen.
Bei den Einsätzen geht es längst nicht immer um die große Frage: Krieg oder Frieden? Sondern darum, mit ihrem riesigen Netz an Organisationen das Los der von Armut, Hunger und Bürgerkrieg bedrohten Menschen zu mildern und Gesundheit und Bildung auch in die benachteiligten Regionen der Welt zu bringen.