Mitten in die Ritze

Diese Woche haben wir die fünf erfolgreichsten Mainstreamfilme einem kritischen Schnelldurchlauf unterzogen. Mit dabei: große Action, viel Effektgewitter - und spätpubertäre Scherze.
"Happy Birthday, Mr. President ... Also, wer war das? - Keine Ahnung! - Du bist dran."
Platz 5: "The Purge: Anarchy" von James DeMonaco. USA 2014.
"Der Verkehr nimmt rapide zu. Die Bürger beeilen sich, nach Hause zu kommen."
Die Regierung - korrupt, wie es sich für solch einen Thriller gehört - beschließt, dass in einer Nacht im Jahr jedes Verbrechen erlaubt ist. Auch Mord. Ein effektives Mittel, um die Kriminalitätsrate zu reduzieren, behaupten die Herrschenden. Davon erzählte "The Purge - Die Säuberung", davon erzählt Filmemacher James DeMonaco jetzt auch in der Fortsetzung "The Purge: Anarchy". Der Versuch, die Nacht zu überleben ...
"Sie kommen!"
... und den Reichen zu entkommen, die aus der Jagd auf die Armen ein lustvolles Ritual machen.
"Vergiss nicht, wie viel Gutes uns die Säuberung bringt!"
Eine böse Idee, einem dystopischen Science-Fiction-Thriller angemessen, weil es darin immer um die düstere Verfasstheit des Menschen zu gehen hat und den dünnen Boden der Zivilisation, auf dem wir wandeln. "The Purge: Anarchy" ist eine hundsgemeiner, böser Film, der sich an den blutigen Szenarien, die er entwirft, delektiert. Genreüblich, leider.
Platz 4: "Monsieur Claude und seine Töchter" von Philippe de Chauveron. Frankreich 2014.
"Sie übernehmen die Kosten für die Hochzeit. Das ist doch wohl selbstverständlich. Der weiße Mann hat Afrika geplündert."
Meint der schwarze Mann aus Afrika, der Vater von Monsieur Claudes zukünftigem vierten Schwiegersohn. Endlich ein Katholik nach einem Juden, einem Araber und einem Chinesen, aber eben schwarz. Mehr als elf Millionen Franzosen wollten sie sehen, diese Feel-Good-Anti-Rassismus-oder-bei-Akzeptieren-des-kleinen-Rassismus-in-uns-allen-Komödie.
Mehr als 600.000 Deutsche haben dieses Erfolgsstück aus dem Genre der französischen Sozialkomödie à la "Ziemlich beste Freunde" schon gesehen. Apropos "beste Freunde": Ein Rezept, das im Kino immer gut zieht. Der böse afrikanische und der böse französische Schwiegervater in "Monsieur Claude", die beide die Hochzeit von Töchterchen Nummer vier verhindern wollten, liegen sich am Enden betrunken in den Armen.
"Ich bin Gaullist, Monsieur! - Ah, das bin ich auch!!!"
Na, wer sagt's denn!
Platz 3: "Transformers: Ära des Untergangs" von Michael Bay. 3D. USA 2014.
Es waren einmal Spielzeugfiguren, die sich in Autos, Flugzeuge oder Kampfstationen umwandeln ließen. Es war einmal eine Fernsehserie, die "The Transformers" hieß. Es war einmal ein Filmregisseur namens Michael Bay, der schon mal Immer-auf-die-12 in "Bad Boys" oder "Armageddon" übte, bis er dann ab 2007 mit "Transformers" richtig loslegte.
Und nun - es war einmal – mitten im Jahr 2014, ist "Transformers: Ära des Untergangs", also Teil 4, im Kino. Es klingt immer noch so wie Teil 1 oder ein anderer Film von Michael Bay. Laut! Echt laut!
Platz 2: "Drachenzähmen leicht gemacht 2" von Dean Deblois. 3D. USA 2014.
Bei Fortsetzungen gibt es immer das Problem mit der Steigerung: Hicks, der kleine Wikinger aus "Drachenzähmen leicht gemacht" - dem ersten Teil des Animationsfilms - ist Teenager geworden und muss mit seinem Drachen Ohnezahn das Böse in Gestalt eines machthungrigen Drachenräubers bekämpfen. Der zweite Teil von "Drachenzähmen leicht gemacht" bietet noch mehr 3D-Effekte, Action-, Kampf- und Flugszenen.
Doch das fast Zarte und Sensible, mit dem in Teil 1 von der Freundschaft zwischen dem Jungen und dem Drachen erzählt wurde, droht in der Fortsetzung im Effektgewitter unterzugehen. Getretener Quark wird mitunter eben breit und nicht stark.
"Was geht ab, Mann? - Wir sind wieder da!"
Platz 1: "22 Jump Street" von Chris Miller und Phil Lord. USA 2014.
"Mädels, kein Schwein hat das Jump-Street-Comeback interessiert. Aber ihr habt Glück gehabt."
Erst kam die Fernsehserie namens "21 Jump Street", dann der Kinofilm "21 Jump Street" und nun die Fortsetzung mit dem Titel - wow, welche Kreativität! - "22 Jump Street". Jonah Hill, der sabbelnde Moppel, und Channing Tatum, der muskulöse Action-Star, wieder als Cops Schmidt und Jenko auf Undercover-Einsatz, nun nicht mehr an der Schule, sondern an der Uni.
"Wir sind die Jump Street. Wir jumpen euch böse in den Arsch. - Ja, mitten in die Ritze."
Spätpubertäre Scherze sind offensichtlich nicht altersmäßig limitiert.