Top 5 des Arthouse-Kinos
Ein neues Jahr, das heißt auch neue Kinocharts im Arthouse-Bereich. Ob zum Beginn des Jahres hier alles beim Alten bleibt oder ob einmal kräftig durchgefegt wurde, verrät Anna Wollner.
"Und Action. Uhhh. Fang noch mal an, entschuldige, ich hab direkt in die Kamera geguckt. Wir müssen nur eine gute Aufnahme hinkriegen, was du da machst, ist gut, ist echt gut.
Neues Jahr, neues Glück, neue Filme – in den Arthouse-Charts ist davon erstmal nichts zu spüren. Denn auf
Platz 5 -
hat sich
"The Homesman" von Thommy Lee Jones"
festgeritten.
"Worum geht's?"
Ist nach drei Wochen in den Charts noch immer eine legitime Frage:
"Drei Frauen in dieser Gegend haben den Verstand verloren. Und ihre Männer können sich nicht um sie kümmern. Sie und ich fahren diese Frauen zurück nach Iowa. Den Missouri-River? Das ist ein gottverdammter Fünf-Wochen-Ritt."
Übersetzt heißt das: Hilary Swank und Thommy Lee Jones reisen mit der Holzkutsche und drei geisteskranken Frauen im Gepäck durch den Wilden Westen, der sich von seiner schönsten Seite zeigt. Endlos weite Panoramen, minimalistische Settings und ein Darstellerpaar, dass sich gegenseitig an die Wand spielt. Dabei hat Jones auch das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und sich selbst als Outlaw Biggs grimmig, bärtig und miesepetrig inszeniert. Also das, was er am besten kann:
"Ihr sollt noch wissen, dass ihr die abgrundtief schlechtesten, verlogensten Dreckschweine seid, die man sich vorstellen kann."
Vom Wilden Westen in die wilden Berge geht es zu ...
Platz 4 - "Die Wolken von Sils Maria" von Olivier Assayas
Schon wieder so ein Schauspielerfilm. Juliette Binoche und Kristen Stewart verhandeln in der Einsamkeit der Alpen das Wesen des Schauspielers – inspiriert von einem Theaterstück, dass die Figur der Binoche, Maria Enders, einst groß machte und dass der Regisseur Klaus Diesterweg wieder auf die Bühne bringen will:
"Es gibt keinen Antagonismus. Nur die Anziehung von zwei Frauen mit der gleichen Verletzung. Sigrid und Helena sind ein und dieselbe Person. Ein und dieselbe Person. Darum geht es in dem Stück. Und weil sie Sigrid waren, können nur sie jetzt Helena sein."
Binoche ist eine großartige Schauspielerin, das ist nicht unbedingt eine neue Erkenntnis, was aber Ex-Twilight-Star Kristen Stewart hier abliefert ist beachtlich. Sie könnte in Zukunft einer anderen die Rollen wegschnappen.
Einer, die in den Charts noch vor ihr liegt, nämlich Emma Stone auf ...
Platz 3 -
in
"Magic in the Moonlight" von Woody Allen
Der, auch das ist keine Überraschung, noch immer an Europa hängt und nach London, Barcelona, Rom und Paris diesmal die Abgeschiedenheit der französischen Mittelmeerküste sucht. Colin Firth und Emma Stone treiben hier in den 1920ern beide ein falsches Spiel. Er mit den Illusionen und sie mit der Wahrheit. Was am Ende schon gar keinen Unterschied mehr macht:
"Ihnen wäre es lieber, wenn ich eine Schwindlerin wäre. Dann würde ihre ganze starre Weltanschauung nämlich nicht durcheinander kommen. Wenn sie wüssten, wie sehr ich mir wünsche, dass sie keine Hochstaplerin sind."
Hier gilt leider: Ein Woody Allen Film pro Jahr ist ja schön und gut, aber ein guter Woody Allen Film wäre auch mal wieder schön.
Platz 2 –
Endlich mal was Neues und dann gleich auch noch der schönste Titel des Jahres – da legen wir uns jetzt schon fest.
"Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach" von Roy Andersson
Oder aber auch - Ein Kinozuschauer sitzt in seinem Sessel und denkt über den Film nach. Der schwedische Löwengewinner von Venedig ist genauso verwirrend wie verschroben, skurril und kafkaesk. Dabei geht es um nichts anderes als das Leben an sich und beginnt erstmal mit dem Tod:
"Sie will die Tasche mitnehmen in den Himmel. Sie denkt sie könnte sie mit in den Himmel nehmen. Ja, sie will die Tasche unbedingt mit dabei haben. Du siehst aus, als ob du betrunken wärst. Ja und du bist gemein wie immer."
Regisseur Roy Anderson reiht in verschieden Szenen Absurditäten aus dem Leben aneinander. Kühl und statisch inszeniert. Jede einzelne Episode mit Bildern, die man sich sofort an die Wand hängen könnte. Um weiter über den Film nachdenken zu können. Wie praktisch.
"Und dann hätten wir da noch den Klassiker. Der Lachsack kommt immer an."
Ums Denken geht es auch bei ...
Platz 1 –
"Mein Name ist Stephen Hawking. Er klingt wie ein Amerikaner. Ist das ein Problem?"
"Die Entdeckung der Unendlichkeit" von James Marsh
Stephen Hawking, Genie und Popstar zugleich bekommt hier noch zu Lebzeiten ein filmisches Denkmal – irgendwo angesiedelt zwischen klassischem Biopic, vierfacher Liebesgeschichte und Hollywood-Physik-Nerd-Wohlfühlfilm. Mit viel Kitsch und noch kitschigerer Musik arbeitet sich Regisseur James Marsh weniger an Hawkings Theorien und mehr an seinem Liebesleben ab. Das Drehbuch von Anthony McCarten basiert auf den Memoiren Hawkings erster Frau Jane und kümmert sich eher um die Liebe als um schwarze Löcher:
"Ich hab noch zwei Jahre zu leben, ich muss arbeiten. Ich liebe dich. Du ... das ist ein Fehlschluss. Ich will, dass wir zusammen sind, solange es geht und selbst wenn das nicht lange ist, dann ist das nun mal so."
Hauptdarsteller Eddie Redmayne schielt mit der Darstellung des körperlichen Verfall Hawkings natürlich auf einen Oscar. Soll er ruhig, die Academy steht ja auf so was. Und das hiesige Kinopublikum wohl auch.
"Briliant Steven. Hervorragend. Und daher kann man nur sagen: gut gemacht. Oder vielleicht etwas präziser formuliert: gut gemacht Doktor."