Chemie zum Gernhaben
Wie spannend und interessant Chemie sein kann, beweist Hugh Aldersey-Williams in seinem Buch "Das wilde Leben der Elemente". Mit skurrilen Geschichten und faszinierenden Informationen weckt er das Interesse von Chemiemuffeln.
Giftige Rückstände, unnatürliches Essen, verseuchte Umwelt. Bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung hat die Chemie einen schlechten Ruf. Das will der Buchautor Hugh Aldersey-Williams ändern. In seinem neuen Buch "Das wilde Leben der Elemente" gelingt es ihm durch spannende Geschichten und teils skurrile Hintergrundinformationen, die Faszination Chemie auch skeptischen Laien näher zu bringen. Er verleiht dem Periodensystem, das viele aus dem Chemieunterricht kennen, neuen Glanz und erweckt die Elemente darin zum Leben.
Beim Gold ist das nicht schwer. Schließlich wurde es von einem zwar glänzenden, aber nutzlosen Metall zum internationalen Symbol für Macht, Reichtum und Beständigkeit. Das Streben nach Gold ließ manche Region erblühen, aber auch ganze Kulturen zugrunde gehen. Das Element Platin hingegen verkörpert nach Aldersey-Williams einen "Snobismus höherer Ordnung". Ein äußerst reaktionsträges Element für alle, denen Gold nicht genug ist. Der Schwefel führt die Leser von der Offenbarung des Johannes über den Vulkanismus bis zum Aufbau biologischer Strukturen. Das Chrom erklärt ebenso das Hochgefühl des Wirtschaftswunders wie die Abgründe der freien Marktwirtschaft. Oder das harte Metall Eisen, das für Männlichkeit und Krieg steht und zugleich die Vergänglichkeit, den Rost, in sich trägt.
Kritisches Grübeln entfällt beim Lesen dieses Buches. Hugh Aldersey-Williams beschreibt selbst das hinterlistige Element Arsen, "das Erbschaftspulver", dem viele Menschen bis heute zum Opfer fallen, mit einem Lächeln und viel Freude an Skurrilität. So verwendete man im 19. Jahrhundert Arsen als Grundstoff für grün leuchtende Farben. Napoleon wurde auf St. Helena vermutlich nicht absichtlich durch Arsen vergiftet. Dennoch fanden sich in seinen Knochen und Haaren erhebliche Mengen des giftigen Elements. Wahrscheinlich stammen sie von einer grünen Tapete, wie sie damals in Mode war. Von deren Arsengehalt ahnte Napoleon nichts.
Das Buch besticht durch unzählige Geschichten, bei denen die Vergangenheit durch eine chemische Brille lebendig wird. Sogar über den Euro erfährt man noch Neues. So entstehen die Farben unter der UV-Lampe, die die Fälschungssicherheit gewährleisten sollen, durch ein chemisches Element, das genau hundert Jahre vor der Einführung der Euroscheine entdeckt wurde. Es gehört zu den seltenen Erden und trägt den Namen "Europium". Aber das ist streng geheim und wird von der europäischen Zentralbank nicht offiziell bestätigt.
Das "wilde Leben der Elemente" bietet Lesevergnügen für Chemieinteressierte, die mehr über die kulturelle Seite ihrer Leidenschaft erfahren wollen. Ebenso geeignet ist es für Kulturkenner, für die die Chemie bisher ein Buch mit sieben Siegeln war. Sie erhalten eine neue Sicht auf eine spannende Wissenschaft, ohne sie ergründen zu müssen. Ein Buch zum Stöbern und Schmunzeln, für den kleinen Happen Chemie zwischendurch.
Besprochen von Michael Lange
Hugh Aldersey-Williams: Das wilde Leben der Elemente - Eine Kulturgeschichte der Chemie Übersetzung aus dem Englischen von Friedrich Griese
Carl Hanser Verlag, München 2011
464 Seiten, 24,90 Euro
Beim Gold ist das nicht schwer. Schließlich wurde es von einem zwar glänzenden, aber nutzlosen Metall zum internationalen Symbol für Macht, Reichtum und Beständigkeit. Das Streben nach Gold ließ manche Region erblühen, aber auch ganze Kulturen zugrunde gehen. Das Element Platin hingegen verkörpert nach Aldersey-Williams einen "Snobismus höherer Ordnung". Ein äußerst reaktionsträges Element für alle, denen Gold nicht genug ist. Der Schwefel führt die Leser von der Offenbarung des Johannes über den Vulkanismus bis zum Aufbau biologischer Strukturen. Das Chrom erklärt ebenso das Hochgefühl des Wirtschaftswunders wie die Abgründe der freien Marktwirtschaft. Oder das harte Metall Eisen, das für Männlichkeit und Krieg steht und zugleich die Vergänglichkeit, den Rost, in sich trägt.
Kritisches Grübeln entfällt beim Lesen dieses Buches. Hugh Aldersey-Williams beschreibt selbst das hinterlistige Element Arsen, "das Erbschaftspulver", dem viele Menschen bis heute zum Opfer fallen, mit einem Lächeln und viel Freude an Skurrilität. So verwendete man im 19. Jahrhundert Arsen als Grundstoff für grün leuchtende Farben. Napoleon wurde auf St. Helena vermutlich nicht absichtlich durch Arsen vergiftet. Dennoch fanden sich in seinen Knochen und Haaren erhebliche Mengen des giftigen Elements. Wahrscheinlich stammen sie von einer grünen Tapete, wie sie damals in Mode war. Von deren Arsengehalt ahnte Napoleon nichts.
Das Buch besticht durch unzählige Geschichten, bei denen die Vergangenheit durch eine chemische Brille lebendig wird. Sogar über den Euro erfährt man noch Neues. So entstehen die Farben unter der UV-Lampe, die die Fälschungssicherheit gewährleisten sollen, durch ein chemisches Element, das genau hundert Jahre vor der Einführung der Euroscheine entdeckt wurde. Es gehört zu den seltenen Erden und trägt den Namen "Europium". Aber das ist streng geheim und wird von der europäischen Zentralbank nicht offiziell bestätigt.
Das "wilde Leben der Elemente" bietet Lesevergnügen für Chemieinteressierte, die mehr über die kulturelle Seite ihrer Leidenschaft erfahren wollen. Ebenso geeignet ist es für Kulturkenner, für die die Chemie bisher ein Buch mit sieben Siegeln war. Sie erhalten eine neue Sicht auf eine spannende Wissenschaft, ohne sie ergründen zu müssen. Ein Buch zum Stöbern und Schmunzeln, für den kleinen Happen Chemie zwischendurch.
Besprochen von Michael Lange
Hugh Aldersey-Williams: Das wilde Leben der Elemente - Eine Kulturgeschichte der Chemie Übersetzung aus dem Englischen von Friedrich Griese
Carl Hanser Verlag, München 2011
464 Seiten, 24,90 Euro