China boykottiert westliche Marken

Aus Fernsehen und Internet verdrängt

07:00 Minuten
Chinesen und Chinesinnen stehen auf dem Gehweg neben einer Werbung des Modeherstellers H&M.
Die Modefirma H&M ist seit Jahren in China präsent. Weil die Schweden keine von Zwangsarbeitern gepflückte Baumwolle aus China kaufen will, sind ihre Werbelogos im Fernsehen nur noch verpixelt zu sehen © picture alliance / dpa / HPIC
Steffen Wurzel im Gespräch mit Timo Grampes |
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Logos westlicher Marken sind im chinesischen TV nur noch verpixelt zu sehen. Eine Reaktion Chinas auf den Protest mehrerer Modefirmen. Sie wollen keine Baumwolle aus der Provinz Xianjiang verwenden, die offenbar von Zwangsarbeitern geerntet wird.
Über die Verfolgung der muslimischen Uiguren, die als eine von zahlreichen ethnischen Minderheiten in Xinjiang, einem autonomen Gebiet im Nordwesten Chinas leben, ist immer wieder berichtet worden: Es geht in diesem Zusammenhang um Arbeits- und Umerziehungslager. Dort müssen die Insassen offenbar Zwangsarbeit unter anderem auf Baumwollfeldern leisten. Diese wiederum liefern den Rohstoff für Mode von westlichen Herstellern wie H&M, Nike oder Adidas.
NGOs haben wiederholt auf die Situation aufmerksam gemacht. Unter anderem der schwedische Modekonzern H&M hatte daraufhin erklärt, keine Baumwolle aus Xinjiang mehr verwenden zu wollen. Parallel hat sich die Stimmung zwischen China und der Europäischen Union beziehungsweise den USA deshalb so sehr erhitzt, dass die westlichen Länder Sanktionen gegen die Verantwortlichen in China verhängten.

Im Fernsehen unkenntlich gemacht

Als Resultat boykottiert China nun im Fernsehen, im Internet und in App-Stores von Mobiltelefonen die westlichen Marken. Wie das konkret aussieht, berichtet Chinakorrespondent Steffen Wurzel: Beispielsweise sei die komplette Folge einer beliebten Castingshow verschoben worden, weil dort westliche Marken präsent gewesen seien. "Man hat sich tatsächlich daran gemacht, Bild für Bild in diesem großen Film die Logos internationaler, auf jeden Fall nicht-chinesischer, westlicher Marken zu verpixeln."
Das sei ein deutlicher Beleg dafür, "dass es für westliche Firmen in China zunehmend schwieriger wird, weil ruckzuck solche – ich nenne es Sippenhaft – Geschichten passieren. Dann heißt es: Oh, westliche Firmen sind erst mal pauschal gegen uns und werfen uns Menschrechtsverletzungen vor."
Im Internet würden zum Beispiel auf Stadtplänen Filialen von H&M nicht mehr angezeigt. Außerdem würden westliche Marken nicht mehr auf Online-Shoppingportalen gelistet und ihre Apps aus dem App-Store des Handy-Herstellers Huawei geworfen.

Von Medien gesteuert

In den Firmenzentralen herrsche "Entsetzen", weil die Unternehmen nicht auf die Einnahmen aus dem Riesenmarkt China verzichten könnten, berichtet Wurzel. Die chinesische Regierung wiederum sagt, die Boykotte seien eine Bewegung, die direkt von der Bevölkerung getragen werde. Doch das sei mitnichten so.
"Ganz viele Menschen in China haben überhaupt nichts gegen westliche Marken. Wenn aber die staatlichen Medien – und die Medien sind alle staatlich gesteuert in China – einen nationalistischen Kurs vorgeben, einen Antiwestliche-Firmen-Kurs, dann folgen dem in China auch viele Menschen."
(mkn)
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