China

"Die Kommunistische Partei liebt das Internet"

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Überwachungskamera auf dem Tiananmen Platz in der chinesichen Hauptstadt Peking
Überwachung bestimmt das Leben in Cina © picture-alliance/ dpa
Kai Strittmatter im Gespräch mit Florian Felix Weyh |
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China bezeichne sich selbst als "Diktatur des Volkes", sagt der langjährige Peking-Korrespondent Kai Strittmatter. In seinem neuen Buch analysiert er, wie die Kommunistische Partei die Digitalisierung nutzt, um den totalen Überwachungsstaat auszubauen.
Mit Hilfe der Digitalisierung wachse ein technischer Apparat heran, der in China die "totale Friedhofsruhe" erreichen könne, sagte Kai Strittmatter, langjähriger Peking-Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung" im Deutschlandfunk Kultur. Von ihm ist gerade das Buch "Die Neuerfindung der Diktatur" erschienen, dass sich mit der Machtfülle von Xi Jinping, dem mächtigsten Staats- und Parteichef seit Mao, ebenso beschäftigt wie mit dem digitalen Überwachungsstaat.

Keine Angst vor Digitalisierung

Anders als viele Netzoptimisten geglaubt hätten, hätten die autoritären Systeme und damit auch China keine Angst mehr vor den neuen Informationstechnologien. "Im Gegenteil, die kommunistische Partei liebt das Internet, sie liebt die künstliche Intelligenz, sie liebt die Digitalisierung", sagte Strittmatter. "Im Gegenteil, sie stürzt sich mit einer Wucht und Leidenschaft in diese Digitalisierung, wie wir sie nirgendwo auf der Welt gesehen haben." Die Machthaber versprächen sich davon die einmalige Möglichkeit, ihre Untertanen endlich lückenlos und total überwachen zu können.

Größte Freiheit des Konsums

China sei heute gleichzeitig ein buntes Land mit dem vermutlich größten Konsumstreben und der "größten Freiheit zu konsumieren". Viele Leute aus der neuen chinesischen Mittelschicht, die mit ständigem Wohlstandszuwachs groß geworden seien, hätten so etwas wie die "Illusion von Freiheit". Das bedeute auch, dass sie selbst, wenn man ihnen ermögliche, außerhalb der chinesischen Firewall im freien Internet zu surfen, diese Möglichkeit nicht nutzten und nicht das Interesse daran verspürten.

Unberechenbar im Umgang mit Kritikern

Ob er selbst nach der Veröffentlichung seines Buches wieder nach China zurückkehren könne, sei bisher unklar, sagte Strittmatter. "Ich habe China vor zwei Wochen verlassen und ich habe das Buch schon so getimt, dass es erscheint nach meiner Ausreise aus China, weil die chinesische Regierung auch in ihrem Umgang mit Journalisten und mit Kritikern immer unberechenbarer wird und immer schärfer."
Yang Kaili, chinesischer Online-Streaming-Star
Yang Kaili, chinesischer Online-Streaming-Star, wurde verhaftet. Zahlreiche Blogger sitzen in China in Haft. © instagram: @bangkokbrief
Manchmal sei die Kommunistische Partei aber auch in ihrer Gnade unberechenbar. Er kehre jetzt aus privaten Gründen nach Europa zurück, sagte der Journalist. Aber ein wenig breche es ihm auch das Herz. Er habe den Großteil seines Lebens mit China und in China verbracht. Außerdem lasse er viele seiner besten Freunde und das "beste Essen der Welt" zurück.

Kai Strittmatter: Die Neuerfindung der Diktatur. Was bedeutet Chinas Griff nach der Macht für uns?
Piper Verlag 2018, 22 Euro

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