Autorin Wei Zhang über Proteste in China
Vor allem Studenten begehrten gegen die chinesische Politik auf, sagt Wei Zhang. Doch auch Angestellte würden sich dem Protest anschließen. © picture alliance / AP / Koki Kataoka
"Die Leute beginnen, ernsthaft zu leiden"
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Was verursacht die Proteste in China? Viele Menschen würden sich nicht gegen die Ideologie der Machthaber stellen, sagt die in der Schweiz lebende chinesische Autorin Wei Zhang. Es gehe vielmehr um wirtschaftliches und physisches Überleben.
Die meisten Chinesen hätten gar keine Meinung zur Covid-Politik von Staatschef Xi Jinping, sagt Wei Zhang. Seit Jahrzehnten lebt die Autorin in der Schweiz und verfasst auf Deutsch Bücher über die chinesische Geschichte.
Blick in die Welt durch Fußball-WM
Anders als im Westen gebe es in China keinen offenen gesellschaftlichen Diskurs zwischen Politikern und Wissenschaftlern über Covid-19. Viele Chinesen hätten darum eine diffuse Angst vor einer Erkrankung, ließen sich darum einsperren.
Doch die Bilder der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar hätten viele aufmerken lassen: „Die ganze Welt feiert – warum sind wir absent?“
Parallelen zu China unter Mao
Zur aktuellen Corona-Politik gebe es Parallelen zur Kulturrevolution unter Mao, so Zhang. Mao habe durch seine Politik eine Hungersnot verursacht, in deren Folge mehr als 45 Millionen Chinesen gestorben seien. Diese Zeit zwischen 1959 und 1962 werde dort noch immer als "Naturkatastrophe" in den Geschichtsbüchern erzählt.
Das Schweigen und das Tabu, nicht über diese Zeit der Kulturrevolution und deren Gewalt sprechen zu dürfen, bleibe ein Schmerzpunkt in China. Genauso sei das heute im Umgang mit der Coronapandemie.
„Die Leute beginnen ernsthaft zu leiden“, sagt Zhang. Viele könnten nicht einkaufen gehen, kleine Ladenbesitzer gingen bankrott, die Geschäfte seien gefährdet, müssten schließen. „Studenten haben im Campus eine große Mauer um sich, können nicht nach Hause fahren, die Leute fühlen sich einsam – das sind die konkreten Probleme für viele Chinesen.“