Chinas Rolle im Ukrainekrieg
Strategische Partnerschaft: Chinas Staatschef Xi und Russlands Präsident Putin vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking. Gegenüber der Ukraine verfolgen sie jeweils eigene Interessen. © imago/ZUMA Wire/Mikhail Klimentyev/Kremlin Pool
Begrenzter Einfluss auf Putin
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China und Russland sind strategische Partner gegen die USA und auch wirtschaftlich verbunden. Doch wie verhält sich die chinesische Führung im Krieg Putins gegen die Ukraine? Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider über die Interessen Chinas.
Bei der UN-Resolution gegen Russlands Einmarsch in die Ukraine hat sich China der Stimme enthalten. Dass das Land also kein Veto einlegte, gilt unter westlichen Diplomaten schon als Erfolg. Zudem sorgte ein Telefonat zwischen dem russischen Präsidenten Putin und dem chinesischen Staatschef Xi am Freitag für Aufmerksamkeit: Im Anschluss hieß es, Russland und die Ukraine seien prinzipiell zu Verhandlungen bereit. Hat Xi also Einfluss auf Putin?
Der Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider wertet das als "Spekulation". Niemand wisse, was beide Politiker miteinander besprochen hätten. „Ich halte den Einfluss von China auf Putin durchaus für begrenzt.“ „China sitzt da ein bisschen zwischen Baum und Borke“, sagt Sandschneider, der 22 Jahre lang eine Professur für Politikwissenschaft an der FU Berlin innehatte und seit zwei Jahren als Partner bei Berlin Global Advisors tätig ist. (*)
Chinas Witschaftsinteressen in der Ukraine
Nach Darstellung Sandschneiders eint China und Russland die Ablehnung der NATO-Osterweiterung, auch die grundsätzliche Kritik am Westen, vor allem an den USA. In der Ukraine, gegen die Putin nun einen Krieg führt, habe China allerdings "massive wirtschaftliche Interessen". Das Land sei für seine Getreide- und Maisproduktion bekannt und für 30 Prozent der chinesischen Importe verantwortlich: "Das ist kein Pappenstiel."
Außerdem hätten chinesische Investoren in den letzten Jahren massiv in der Ukraine investiert, beispielsweise in "größer angelegte Landkäufe". All das sei nun auch wirtschaftlich bedroht. Die chinesische Position sei "alles andere als eindeutig", betont der Experte.
Er verweist dabei auch auf Äußerungen des chinesischen Außenministers während der Münchner Sicherheitskonferenz. Demnach erkenne China die Souveränität aller Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen an: "Das schließt die Ukraine ein. Das kann man als eine klare und deutliche Kritik am russischen Vorgehen werten."
Neue Seidenstraße braucht offene Grenzen
Zudem sei das von China vorangetriebene Projekt der Neuen Seidenstraße durch den Ukrainekrieg und die mögliche Reaktion des Westens bedroht: Dieses Projekt lebe davon, dass "die Grenzen auf der eurasischen Landmasse durchlässig" seien. Wenn es einen neuen „Eisernen Vorhang“ an der Ostgrenze der NATO geben sollte, so Sandschneider, dann werde dieses Projekt zumindest auf dem Landweg erschwert, wenn nicht gar verhindert.
Die Partnerschaft zwischen China und Russland wertet Sandschneider als eine "auf Sicht", nicht als "wertebasiert". Russland habe China viel an Rohstoffen wie Öl und Gas zu bieten. Doch bereits 2014 nach der russischen Annexion der Krim habe die chinesische Seite deutlich gemacht, dass die Last der Investitionen bei Russland liege. Es gebe also gemeinsame strategische Interessen. "Aber weiter trägt das nicht", so Sandschneider.
(*) Redaktioneller Hinweis: Wir haben die derzeitige Tätigkeit des Gesprächsgastes ergänzt.
(bth)