Chinas Arbeiter immer unzufriedener
Shenzhen ist die Stadt mit den höchsten Arbeiter-Löhnen in China. Die Metropole steht schon lange an der Spitze der wirtschaftlichen Entwicklung. Doch trotzdem ist die Unzufriedenheit unter den Arbeitern groß. Berichte über miese Arbeitsbedingungen erschütterten nicht nur China.
Es ist Feierabend in Shenzhen. Aus Tausenden Fabriken strömen die Arbeiter auf die Straßen. Ganz im Westen dieser gerade mal 30 Jahre alten Metropole liegen ganze Wanderarbeiter-Städte. Allein beim Elektronikhersteller Foxconn arbeiten 400.000 Menschen. Am Abend schlürfen sie in den kleinen Imbissen der Umgebung Nudelsuppen. Die jüngsten Lohnsteigerungen in China sind ein Thema an den Tischen. Von Begeisterung aber keine Spur.
"Die Lohnerhöhung ist natürlich eine gute Sache","
sagt ein 26-jähriger Foxconn-Arbeiter.
""Aber sie hält nicht Schritt mit der Inflation. Ich glaube, die Inflation ist mindestens 50 Prozent schneller als die Lohnerhöhung."
Seine Freunde nicken zustimmend. Ihr Lebensstandard steigt nicht, sagen sie. Und das Geld, das sie sparen, sei wegen der Inflation immer weniger wert. Die meisten hier klagen. Dabei geht es ihnen noch verhältnismäßig gut. Shenzhen hat den höchsten gesetzlichen Mindestlohn Chinas: 1320 Yuan, knapp 150 Euro. Jedes Jahr steigt er an. Im ganzen Land sind dieses Jahr die Löhne um durchschnittlich 22 Prozent angehoben worden. Lebensmittel wurden übers Jahr offiziell um zwölf Prozent teurer.
Doch die tatsächlichen Preise fürs tägliche Essen, schwören die Arbeiter von Shenzhen, sind schneller gestiegen als ihr Verdienst. Nur 36 Prozent der Arbeiter geben einer neuen Umfrage zufolge an, glücklich zu sein. Die Unzufriedenheit nimmt gefährliche Ausmaße an, sagt der Shenzhener Arbeiterrechtler Liu Kaiming:
"China sitzt auf einem Vulkan. Unter der Oberfläche brodelt es. Wir wissen noch nicht, wann und wo der Ausbruch stattfinden wird. Überall gibt es Risse. Es bedarf nur noch eines Auslösers."
Lange konnte Chinas Wirtschaftsboom nahezu allen etwas bieten, auch der Landbevölkerung. Bauern zogen als Wanderarbeiter in die Städte, ihr Lebensstandard stieg. Doch das tut er nun nicht mehr, sagt Liu Kaiming. Und das obwohl die Wirtschaft noch immer um neun Prozent wächst.
"Das größte Problem ist, dass das Wirtschaftswachstum nicht bei den Leuten ankommt. Die Gewinne fließen in neue Waffen, in US-Staatsanleihen, in die Rettung Europas, in Olympische Spiele und die Expo. Aber die Menschen gehen leer aus. Immer mehr haben das verstanden. Das macht die Lage gefährlich."
Gleichzeitig wächst die Zahl der Millionäre unaufhörlich. Die soziale Spaltung in Arm und Reich - das haben Soziologen errechnet - ist mittlerweile größer als in den USA. Das hat Folgen. Arbeiterproteste nehmen zu. Die in Hongkong ansässige Organisation China Labour Bulletin schätzt, dass in ganz China pro Jahr 30.000 Streiks stattfinden. So etwa im Oktober in der Shenzhener Fabrik des japanischen Uhrenherstellers Citizen. Und nicht nur dort. Überall in China sind Streiks - an sich illegal - an der Tagesordnung. Das Selbstbewusstsein der jungen Arbeitergeneration ist groß.
Ende Oktober in Suzhou bei Shanghai. Rund 300 Arbeiter sitzen auf dem Werksgelände der Firma TPV. Hier werden Fernseher hergestellt. Der Standort soll geschlossen werden, die Beschäftigten werden ihre Arbeit verlieren. Sie wollen eine Abfindung. Im Sprechchor rufen sie: "Wir wollen leben! Wir wollen eine Antwort!"
"Wir haben keine Angst, sagt diese junge Arbeiterin. Wir tun das für unser Überleben. Wenn wir jetzt nach Hause gehen, haben wir kein Leben mehr. So lange ich hier bin, werde ich Druck auf die machen."
Die, das sind die Chefs der Firma. Einige Tage nach diesen Aufnahmen eskaliert die Lage, berichten die Arbeiter später. Die Polizei greift ein. Es gibt angeblich Verletzte und Festnahmen. Am Ende handeln die Behörden einen finanziellen Kompromiss aus. Die Streikführer werden bestraft. Auf diese Weise, mit einer Mischung aus Vermittlung und Härte, bringt die Regierung die meisten Arbeitskämpfe zu Ende. Noch gelingt das.
"Die Lohnerhöhung ist natürlich eine gute Sache","
sagt ein 26-jähriger Foxconn-Arbeiter.
""Aber sie hält nicht Schritt mit der Inflation. Ich glaube, die Inflation ist mindestens 50 Prozent schneller als die Lohnerhöhung."
Seine Freunde nicken zustimmend. Ihr Lebensstandard steigt nicht, sagen sie. Und das Geld, das sie sparen, sei wegen der Inflation immer weniger wert. Die meisten hier klagen. Dabei geht es ihnen noch verhältnismäßig gut. Shenzhen hat den höchsten gesetzlichen Mindestlohn Chinas: 1320 Yuan, knapp 150 Euro. Jedes Jahr steigt er an. Im ganzen Land sind dieses Jahr die Löhne um durchschnittlich 22 Prozent angehoben worden. Lebensmittel wurden übers Jahr offiziell um zwölf Prozent teurer.
Doch die tatsächlichen Preise fürs tägliche Essen, schwören die Arbeiter von Shenzhen, sind schneller gestiegen als ihr Verdienst. Nur 36 Prozent der Arbeiter geben einer neuen Umfrage zufolge an, glücklich zu sein. Die Unzufriedenheit nimmt gefährliche Ausmaße an, sagt der Shenzhener Arbeiterrechtler Liu Kaiming:
"China sitzt auf einem Vulkan. Unter der Oberfläche brodelt es. Wir wissen noch nicht, wann und wo der Ausbruch stattfinden wird. Überall gibt es Risse. Es bedarf nur noch eines Auslösers."
Lange konnte Chinas Wirtschaftsboom nahezu allen etwas bieten, auch der Landbevölkerung. Bauern zogen als Wanderarbeiter in die Städte, ihr Lebensstandard stieg. Doch das tut er nun nicht mehr, sagt Liu Kaiming. Und das obwohl die Wirtschaft noch immer um neun Prozent wächst.
"Das größte Problem ist, dass das Wirtschaftswachstum nicht bei den Leuten ankommt. Die Gewinne fließen in neue Waffen, in US-Staatsanleihen, in die Rettung Europas, in Olympische Spiele und die Expo. Aber die Menschen gehen leer aus. Immer mehr haben das verstanden. Das macht die Lage gefährlich."
Gleichzeitig wächst die Zahl der Millionäre unaufhörlich. Die soziale Spaltung in Arm und Reich - das haben Soziologen errechnet - ist mittlerweile größer als in den USA. Das hat Folgen. Arbeiterproteste nehmen zu. Die in Hongkong ansässige Organisation China Labour Bulletin schätzt, dass in ganz China pro Jahr 30.000 Streiks stattfinden. So etwa im Oktober in der Shenzhener Fabrik des japanischen Uhrenherstellers Citizen. Und nicht nur dort. Überall in China sind Streiks - an sich illegal - an der Tagesordnung. Das Selbstbewusstsein der jungen Arbeitergeneration ist groß.
Ende Oktober in Suzhou bei Shanghai. Rund 300 Arbeiter sitzen auf dem Werksgelände der Firma TPV. Hier werden Fernseher hergestellt. Der Standort soll geschlossen werden, die Beschäftigten werden ihre Arbeit verlieren. Sie wollen eine Abfindung. Im Sprechchor rufen sie: "Wir wollen leben! Wir wollen eine Antwort!"
"Wir haben keine Angst, sagt diese junge Arbeiterin. Wir tun das für unser Überleben. Wenn wir jetzt nach Hause gehen, haben wir kein Leben mehr. So lange ich hier bin, werde ich Druck auf die machen."
Die, das sind die Chefs der Firma. Einige Tage nach diesen Aufnahmen eskaliert die Lage, berichten die Arbeiter später. Die Polizei greift ein. Es gibt angeblich Verletzte und Festnahmen. Am Ende handeln die Behörden einen finanziellen Kompromiss aus. Die Streikführer werden bestraft. Auf diese Weise, mit einer Mischung aus Vermittlung und Härte, bringt die Regierung die meisten Arbeitskämpfe zu Ende. Noch gelingt das.