Das Wuppertaler Manifest
Friedrich Engels ist der bekannteste Sohn Wuppertals und fast 120 Jahre nach seinem Tod noch immer ein Türöffner der Stadt für Kontakte ins Ausland. Vor allem Chinesen pilgern an die Wupper. Sie drehen dort TV-Shows und investieren viel Geld.
"Herzlich Willkommen hier."
(Dolmetscher übersetzt ins Chinesische)
"Wir gehen jetzt gleich erst mal in das Engels-Haus hinein."
(Dolmetscher übersetzt ins Chinesische)
Das wurde auch mal Zeit. Eberhard Illner schaut verstohlen auf seine Armbanduhr. Es ist kurz nach halb vier. Um eine halbe Stunde haben sich seine chinesischen Besucher verspätet. Draußen, keine fünfzig Meter entfernt, taucht die Herbstsonne die Wuppertaler Schwebebahn in psychedelisches Licht, drinnen nimmt der Leiter des Engels-Hauses den Besuch mit auf eine Zeitreise durch "Die wunderbare Welt des Friedrich Engels".
"Wir haben hier einige Dokumente und auf eines möchte ich Sie gerne aufmerksam machen: Das ist 'Das Kapital' da vorne. Das Buch hat eine Widmung von Friedrich Engels."
(Dolmetscher übersetzt ins Chinesische)
"Das sind alles Originale."
(Dolmetscher übersetzt)
"Ja. Und wir sehen 1870 hat er so viel Geld verdient, dass er sich zur Ruhe setzen konnte, als Privatier. Mit fünfzig Jahren."
"Ich bin wirklich beeindruckt"
Mit 50 eine ruhige Kugel schieben - als mehrfacher Millionär: Ein Raunen geht durch die siebenköpfige chinesische Reisegruppe. Fünf Männer, zwei Frauen. Man trägt vorzugsweise einen maßgeschneiderten dunklen Anzug, Frau ein nicht minder maßgeschneidertes Kostüm - wahlweise in schwarz oder zitronengelb. Eberhard Illner schaut zufrieden in die Runde. Engels als Verfasser des Kommunistischen Manifests – so kennen ihn die meisten Chinesen. Als steinreich weniger. Jetzt hat er sie.
"Weil natürlich in China Wohlstand durchaus kein Gegensatz ist zum Sozialismus. Im Gegenteil. Innerhalb der chinesischen Kultur ist die Tatsache, dass man Millionär ist, durchaus bewunderungswürdig. Und das hat jetzt überhaupt nix mit der politischen Haltung zu tun, ob jemand erfolgreich is in seinem Beruf oder nicht."
Einigermaßen erfolgreich ist auch Delegationsleiter Feng Ding. Der chinesische Karrierepolitiker hat es mit Anfang 40 zum stellvertretenden Bürgermeister der Millionen-Metropole Jingjang im Südosten Chinas gebracht. Seit gestern ist er in Wuppertal. Ein straffes Programm. Abgehakt sind: Besuche an der "Bergischen Universität", beim renommierten "Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie" und bei zwei Unternehmen aus der Hightech-Textilindustrie. Alles sehr informativ, lässt der Polit-Kader wissen, doch kein Vergleich zum Engels-Hauses.
"Ich bin wirklich beeindruckt. Der Besuch des Engels-Hauses ist der Höhepunkt unserer Reise. Ich habe in meiner Jugend viel von Engels gelesen. Marx und Engels. Jeder in der Volksrepublik China hat großen Respekt vor den beiden. Ich weiß noch, als Grundschüler dachte ich immer, Marx und Engels seien ein und dieselbe Person. Hier im Engels-Haus wird einem deutlich wie unterschiedlich die beiden waren: Marx war der Theoretiker, Engels der Praktiker."
Ähnlich wie das Marx-Haus in Trier gehört das von Engels zum Pflichtprogramm chinesischer Delegationen auf Deutschlandvisite. Egal ob Politiker oder Wirtschaftsbosse: An der sozialistischen Pilgerstätte führt kein Weg vorbei.
"Ich hatte hier den chinesischen Außenminister Li. Der war vier Stunden hier. Der kam mit nem gespitzten Bleistift und nen Stenoblock und ging auf mich zu und sagte: I've many questions. Tell me! Ja?! Und fragte mich zu jedem Dokument. Wenn ich das jetzt vergleiche mit deutschen Politikern: Selbst von sozialdemokratischer Seite! Nun haben wir ja in Nordrhein-Westfalen eine sozialdemokratische Ministerpräsidentin. Aber: Von der seh ich hier gar nichts."
Zumindest einer ließ sich früher regelmäßig blicken: Johannes Rau, der verstorbene Bundespräsident. Bruder Johannes kam aus Wuppertal. Mit Engels Schriften hatte er zwar nicht viel am Hut, dafür aber umso mehr mit dem geräumigen Gewölbe des Gemäuers aus dem späten 18. Jahrhundert. Raus Geburtstagsfeiern waren legendär. Lange her. Was bleibt sind die Chinesen und die Erinnerung an andere illustre Besucher.
"Hier haben wir noch ein interessantes Geschenk. Das ist eines der letzten Geschenke, die Erich Honecker hier mitgebracht hat. Der Erich war auch hier."
Jeder Studenten muss das Werk von Marx und Engels lernen
Mit einer kleinen Engels-Statue im Handgepäck.
Erich Wer? Herr Ding schaut irritiert zum Dolmetscher. Bei Engels mag er sattelfest sein: Aber in den Verästelungen des untergegangenen deutschen Arbeiter- und Bauernstaates kennt er sich nicht ganz so gut aus. Eberhard Illner umso mehr.
"Bei seinem Besuch hier kam es zu einer Begegnung mit Udo Lindenberg. Hier vor der Tür. Udo Lindenberg hat also die Polizeiabsperrungen umgangen, ist über ne Mauer geklettert, ist dann auf Honecker zugegangen und hat ihm eine Gitarre überreicht: Gitarren statt Knarren."
Gitarren statt Knarren?! Das ist ein bisschen viel für Herrn Ding. Er runzelt die Stirn. Dolmetscher Johr Zhou kennt das schon; dass seine Landsleute mit Erich und Co wenig anfangen können. Von pazifistischem Liedgut ganz zu schweigen. Letztes Jahr hat der 34-Jährige, der seit mehr als zehn Jahren in Deutschland lebt, 30 chinesische Delegationen durch das Engels-Haus begleitet. Der kleine Mann mit dem filigranen Ziegenbart hebt den Daumen. Dass so viele Chinesen kommen, liegt auch an ihm. Zhou ist nicht nur Dolmetscher, sondern Wirtschafts-Ingenieur im Dienste der Wuppertaler Wirtschaftsförderung. Als solcher versucht er im städtischen "China Competence Center" chinesische Investoren anzulocken. Seinen Engels kennt er aus Studentenzeiten.
"Jeder Student muss das lernen. Die Theorie von Herrn Engels und Herr Marx."
Wenn man so will, ist Friedrich Engels für Johr Zhou ein Pfund, mit dem er wuchern kann. Mag das benachbarte Düsseldorf auch die größte asiatische Community Deutschlands haben: Wuppertal hat Engels. Als "ökonomischen Türöffner".
"Weil er der bekannteste Deutsche in China ist. Wir können damit langsam ins momentane Wuppertaler Industrie-Zustand einleiten. Und damit finden wir einige Schnittpunkte, wo wir dann zusammen kooperieren könnten."
Bei möglichen Investitionen. Die Stadt an der Wupper kann sie gut gebrauchen. Wuppertal war einmal DAS Zentrum der deutschen Textilindustrie, Textilbarone wie Engels und Co gaben den Ton an. Vom Wohlstand vergangener Zeiten zeugen noch die Fabrikantenvillen, die sich wie Perlenketten an den Hängen der Stadt aneinanderreihen. Der Glanz ist längst verblasst. Von der Textilindustrie ist bis auf ein paar Nischen-Anbietern wenig übrig geblieben, nicht zuletzt, weil die Konkurrenz in Fern-Ost zu Dumping-Preisen produziert.
Dem Stadt-Haushalt ist das schlecht bekommen: Ihn drücken Schulden von gut zwei Milliarden Euro. Um gegenzusteuern, schlossen die Stadtoberen vor kurzem das Schauspielhaus. Lauter Hiobsbotschaften. Doch die Flinte ins Korn werfen: Das kommt für jemanden wie Johr Zhou nicht in Frage. Er sei ein bisschen wie Engels, meint der chinesische Entwicklungshelfer: Der habe Zeit seines Lebens auch alles Mögliche ausprobiert. Er auch. Die Sache mit den zwei chinesischen TV-Shows etwa: Da hätten letztes Jahr auch erst einmal alle den Kopf geschüttelt, als er verkündete: Die hole ich nach Wuppertal.
"Das sind zwei Sendungen mit insgesamt über 750 Millionen Zuschauern in China. Unser Gedanke: Wir würden gerne durch beide Sendungen die Stadt Wuppertal in China populär machen. Und tatsächlich nach der Veröffentlichung der Sendung in China haben wir mehrfach Anfragen wegen Investitionen aus China bekommen."
Vorsicht vor interkulturellen Fettnäppchen
40 Unternehmen aus dem Reich der Mitte haben sich in den zwei Jahren, die es das "China Competence Center" gibt, in Wuppertal angesiedelt - darunter Schwergewichte wie die Elektro-Unternehmen Yamaound Goodwe. Kein schlechter Schnitt: Doch das soll erst der Anfang sein. Meint Zhou, ehe er sich vom Engels-Haus auf den Weg macht in sein Büro am Stadtrand. Eine zweite chinesische Delegation hat sich angekündigt.
Da ist sie also: Die Wirtschafts-Delegation aus Guangxi im Südosten Chinas; der potentielle Investor Nummer 41.
Sachte verneigt sich Johr Zhou vor seinem Besuch. Kurzer Smalltalk und dann begleitet er die sechs Männer in den Konferenzraum. Dezent nickt er seiner Kollegin zu.
"Mein Name ist Jana-Christine Koppe. Ich arbeite im China Competence Center in Wuppertal. Das würd ich jetzt mal auch auf Chinesisch sagen."
Nach Koppe sind die Chinesen an der Reihe.
Anders als der smarte Vize-Bürgermeister im Engels-Haus hat Huang Qijiang zwar weder einen Maßanzug an noch eine zitronengelbe Dame im Schlepptau: Dafür aber hat er das Sagen über den größten Aluminiumhersteller Chinas. Hoher Besuch also. Das hatte Jana-Christine Koppe gar nicht auf dem Schirm. Umso besser, dass die gebürtige Schwäbin in kein interkulturelles Fettnäpfchen getreten ist.
"Das allererste ist ...(lacht) - Paradebeispiel: Den Händedruck – den muss man ...(lacht)... sehr schwach ausführen. Die Chinesen haben sich bis vor einiger Zeit gar nicht die Hände gegeben, sondern mit son bisschen Verbeugen oder Zunicken. Deswegen dieser Händedruck sehr schwach nur. Da muss ich mich immer wieder zwingen, auch als Dame...das würde als sehr grob und unhöflich gelten, wenn ich da einem Chinesen die Hand zerquetsche."
Statt zerquetschter chinesischer Hände gibt es erst einmal einen Werbefilm über Wuppertal – chinesischer Machart.
"Der Standortwettbewerb ist ja unglaublich hart in Deutschland. Wir haben ganz viele Städte, die sich jetzt auf der China-Schiene bewegen. Da sind wir nicht die einzigen. Aber wir versuchen eben durch Engels da noch so ne Marke aufzubauen."
Eine chinesische Trommel als Geschenk
Engels als Kuppler für die Wirtschafts-Beziehungen: Was in der Theorie Potential bietet, ist in der Praxis manchmal kniffeliger als gedacht. Herr Qijiang entpuppt sich als harte Nuss. Zwar stellt er diverse Fragen - über Gewerbeflächen und die Wuppertaler Stadtverwaltung, nur: über mögliche Investitionen seines Milliarden-schweren Unternehmens an der Wupper verliert er kein Wort. Eine drei Viertel Stunde später sind Jana-Christine Koppe und Kollege Zhou um eine Erfahrung und ein Geschenk made in China reicher.
"Das ist eine Trommel."
"Ein Glück...ein Glückszeichen?! OK. Müssen wir ganz oft schlagen hier."
"Dann steigen wir noch mal in den ersten Stock. Da gehen wir jetzt mal hin."
Zurück im Engels-Haus.
"Das Lebensmotto von Friedrich Engels ist: Take it easy. Sein Lieblingsgetränk ist Chateau Margaux. Ein Bordeaux-Wein, der heute ungefähr 600 bis 800 Euro die Flasche kostet."
Es ist kurz nach vier. Draußen verabschiedet sich die Sonne hinter den Hügeln Wuppertals. Drinnen kämpfen Herr Ding und die Dame in Zitronengelb angesichts akuten Sauerstoffmangels mit ersten Anzeichen von Müdigkeit - und Herr Dings Assistent hat sich dezent aus dem Staub gemacht.
"Das ist ganz anders als bei den Russen früher. Oder aus der DDR. Da war das alles sehr bürokratisch reglementiert. Da durfte keiner aus der Reihe tanzen. Aber: Chinesen sind ja eigentlich auch im Prinzip undiszipliniert. (lacht) Ja. Bei den Führungen – das muss man einfach sagen: Jeder macht so, was er will. Dann hört er mal zu oder auch nicht. Also: Is ja auch lustig mit denen."
Engels-Denkmal als ultimatives Foto-Motiv
Den undisziplinierten Chinesen, die es trotz ihrer Disziplinlosigkeit irgendwie hinbekommen haben, Wuppertal und so ziemlich den gesamten Rest der Welt wirtschaftlich abzuhängen. Herr Ding unterdrückt ein weiteres Gähnen, bleibt aber ansonsten am Ball – selbst als Eberhard Illner zu seiner Verwunderung kundtut, dass Marx und Engels gar keine unfehlbaren Götter sind, sondern Kinder ihrer Zeit.
"Sie sind nicht mehr in dieser ideologischen Brille zu sehen, sondern sie sind als historische Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts einzuordnen. Die natürlich für das 20. Jahrhundert erhebliches Potential, erhebliche Folgewirkungen ausgelöst haben. Aber sie sind eben nach wie vor dem 19. Jahrhundert verhaftet. Und das ist unser Job als Historiker: Die Kontextualisierung dieser beiden Personen herbeizuführen."
Was muss, das muss. Am Engels-Denkmal draußen auf dem Vorplatz kommt keiner vorbei. Aber was heißt schon „muss". Feng Ding strahlt. Das ist nun wirklich DAS ultimative Foto-Motiv für seine Lieben zu Hause: Er und der Leibhaftige. Eine Tonne Engels. Überlebensgroß.
"Er hat ja ne nachdenkliche Pose. Also nich so ne Pose: Hier geht's lang! Und da ist die Zukunft! Sondern: Hier denkt schon mal jemand nach."
Dass das so ist, ist Ma Kai geschuldet. Auch so ein chinesischer Engels-Liebhaber. Der ehemalige Generalsekretär des Staatsrats der Volksrepublik besuchte 2010, zum 190ten Geburtstag von Friedrich Engels, das Museum. Vier Stunden nahm er sich Zeit. Tags darauf schauten zwei Attachés der chinesischen Botschaft bei Illner vorbei um auszurichten, als Zeichen des Dankes wolle das chinesische Volk der Stadt Wuppertal eine Statue schenken. Der Rest ist Geschichte: Die Wuppertaler bekamen in diesem Sommer ihren Engels, den chinesisch-weisen.
(Illner) „Der Engels als solcher von der Figur her ist nen bisschen chinesisch. Mit beiden Beinen auf dem Boden. Das hat auch wieder chinesische Kultur-Tradition. Weil der Mensch muss die Verbindung mit der Erde eingehen. Er darf jetzt nicht trippeln oder Standbein-Spielbein, also so ne lockere Haltung haben. Sondern wenn ein Mensch überzeugend und vernünftig sein muss, muss er mit beiden Beinen die Erde berühren."
Eigentlich hätte sich Eberhard Illner einen jungen Engels gewünscht, schließlich hat der sozialistische Übervater nur als junger Mann an der Wupper gelebt. Doch da legten die Chinesen ihr Veto ein. Weil: Ein verehrungswürdiger Meister darf kein Jungspund sein. Er muss alt sein. Illner gab klein bei – unter der Bedingung, dass er das passende Engels-Zitat beisteuert.
"Die Chinesen hatten erst Mal nur son belanglosen Text. Aber ich dachte: Wenn jemand da vorsteht, vor dem Engels und sinniert: Da muss er ja auch irgendwie ein schlagendes Zitat haben von Engels, worüber er nachdenken kann."
"Die Arbeit ist die Quelle allen Reichtums. Sagen die politischen Ökonomen. Sie ist dies neben der Natur, die den Stoff liefert, den sie in Reichtum verwandelt. Aber sie ist noch unendlich viel mehr. Sie ist die erste Grundbedingung alles menschlichen Lebens."
"So. Über diesen Satz kann jeder nachdenken. Egal welche Schulbildung er hat, welche Nationalität er hat, welches Alter er hat."
Zu Meinungsfreiheit hat Feng Ding nichts zu sagen
Ein Denkmal aus Kommunisten-Hand: Was vor drei Jahrzehnten, zu Zeiten des Kalten Krieges, noch einen mittleren Aufschrei hervorgerufen hätte im Tal der Wupper: Heute alles ganz easy. Allenfalls ein paar einsame Rufer wollten im Juni wissen, ob es eine gute Idee sei, das Engels-Denkmal ausgerechnet kurz nach dem 25. Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmen-Platz vom chinesischen Botschafter einweihen zu lassen. Ansonsten: Nur Zustimmung. Der Wuppertaler Stadtrat, der christdemokratische Oberbürgermeister: Alle freuten sich über das Geschenk, frei nach dem Motto: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Besonders dann, wenn er der lokalen Wirtschaft helfen soll - als Türöffner. Museumsleiter Eberhard Illner hebt die Hände. So ist das nun einmal in Zeiten wie diesen.
"Wir hatten jetzt nur einmal...(stockt)...eine Situation, wo die Botschaft selber im Vorfeld dieser Denkmal-Aufstellung sehr vorsichtig gewesen ist, was mögliche Demonstrationen hier anbetrifft. Da haben wir schon in längeren Gesprächen noch mal sehr deutlich gemacht, dass wir hier in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leben, wo wir die Meinungsfreiheit auch von anderen, auch wenn wir die nicht persönlich teilen, akzeptieren. Das musste dann noch den Chinesen auch nachdrücklich deutlich gemacht werden."
Fragen zur Meinungsfreiheit: Da muss Vize-Bürgermeister Feng Ding passen. Nicht sein Beritt.
"Ach wissen Sie, uns interessieren ehrlich gesagt viel mehr Wirtschafts-Fragen. Wuppertal hat eine lange Industrie-Tradition, das macht die Stadt für uns interessant. Vielen Sportartikel-Unternehmen aus unserer Region ist Wuppertal ein Begriff, nicht nur wegen Engels: Die Stadt liegt ja um die Ecke von Düsseldorf, wo die weltgrößte Sportartikelmesse stattfindet. Wir überlegen, ob wir unsere Präsenz in Wuppertal ausbauen und die wirtschaftliche Kooperation vertiefen sollten."
"Geschäft stinkt nicht. Also: Pekunia non olet."
Bringt Eberhard Illner die Gemütslage im Bergischen auf den Punkt. Menschenrechte, Meinungsfreiheit, irgendwelche Demokratie-Defizite: Wenn Besuch vom großen Bruder aus Fernost kommt, tritt das in den Hintergrund.
"Ich freue mich sehr, dass Sie uns heute hier besucht haben."
"Und alles Gute. Und viel Erfolg."
Ein kurzes Abschiedsfoto noch – dann kehrt wieder Ruhe ein im Engels-Haus. Eberhard Illner winkt den abfahrenden Chinesen zu. Gästen zum Abschied zuzuwinken, hat er irgendwo gelesen, gilt in China als Zeichen großer Ehrerbietung. Der Gralshüter des Engelsschen Erbes seufzt leise. Eigentlich müsste sein Museum dringend generalüberholt werden. Sechs bis acht Millionen Euro würde der Spaß kosten. Die Stadt Wuppertal aber ist pleite. Bleiben nur: Die Chinesen. Und ihr großer Meister: Friedrich Engels.
"Engels könnte was werden; könnte was werden. Die Chinesen haben großes Interesse an Engels. Wir haben hier nicht nur die Statue bekommen, sondern etwa die Beleuchtung hat hier eine chinesische Firma übernommen. Wir kommen jetzt langsam mit chinesischer Hilfe ein bisschen vorwärts."