Geschmack direkt aus der Plantage
70 Prozent der Weltkakao-Ernte kommt aus Westafrika. Doch ausgerechnet hier haben viele Menschen noch nie Schokolade gegessen. Eine Handvoll engagierter Chocolatiers aus der Elfenbeinküste will das ändern und hat eine eigene Schokoladenproduktion aufgebaut.
"Ich steige jetzt auf das Fahrrad, um die Kakaobohnen zu mahlen. Ich muss in die Pedale treten. Das treibt die Mühle an. Es funktioniert mit reiner Muskelkraft", sagt Dana Mroueh. Sie setzt energisch ihr Standfahrrad in Gang. Die langen schwarzen Haare sind unter einer Kochmütze versteckt. Mit den Händen füllt sie unablässig Kakaobohnen in eine Art Fleischwolf. Der spuckt die zermahlenen Stückchen in einen großen blauen Plastikbottich.
Dana ist 28 und eine der jüngsten Chocolatiers in Abidjan, der quirligen Metropole in der Elfenbeinküste. Seit sieben Monaten stellt sie Schokolade her:
"Unsere Schokolade ist besonders. Wir machen sie aus rohen Kakaobohnen, nicht aus gerösteten. Das erhält den aromatischen Geschmack und die Nährstoffe. Wir kommen ohne Kakaobutter oder Emulgatoren aus. Unsere Schokolade ist ein sehr reines Produkt."
Bittersüßer Kakaoduft hängt in der Luft in Danas weiß gekachelter Küche. Sechs Frauen in weißer Arbeitskleidung und Haarnetzen hantieren an den Edelstahltischen. Dickflüssig ergießt sich die Schokolade in Formen, flinke Hände streuen noch Cashewkerne drüber. Die Zutaten kommen alle aus der Elfenbeinküste. "Schokolade war bisher nicht Teil der ivorischen Kultur. Wir machen deshalb viele Verkostungen. Da bekommen wir direkt die Reaktion auf unsere Schokolade. Die Leute mögen sie. Vor allem, weil sie hier produziert ist", sagt Dana.
Die Pralinenkisten stapeln sich
Die Werkstatt von Axel Emmanuel ist nur halb so groß wie die von Dana Mroueh. Dafür stapeln sich hier schon in allen Ecken die Pralinenkisten und abgezählte Schokoladentafeln für das Weihnachtsgeschäft. Der 33-Jährige, in schickem Hemd und Anzughose, hält die preiswerteste Schokoladentafel Afrikas in der Hand. 50 Gramm für 46 Cent. "Hier in der Elfenbeinküste haben wir die Kakaobohnen vor der Haustür. Das macht die Produktion billiger und die Schokolade für viele erschwinglich. Zudem passen wir die Schokolade an den afrikanischen Geschmack an. Die Leute mögen es würzig. Unser Bestseller ist Schokolade mit Ingwer gefolgt von Schokolade mit Kochbanane", sagt er.
Axel Emmanuel gibt seiner Schokolade die Form afrikanischer Masken und antiker Kämme. Er verpackt sie in leuchtend bunte Stoffe mit typisch ivorischen Mustern. Sein Gesicht strahlt, während er erzählt, dass er all das gerade bei der Schokoladenmesse in Paris ausgestellt hat. Das Geld dafür hat der Jungunternehmer in einer Crowdfunding-Aktion gesammelt:
"Wir haben uns schnell entwickelt und bekommen heute Aufträge aus Asien, Europa und ganz Afrika. Wir haben im ersten Jahr vier Tonnen Schokolade verkauft. Den Umsatz könnten wir verzwanzigfachen. Jetzt müssen wir unbedingt einen Finanzierungspartner finden, um unsere Produktion zu vergrößern. Wir brauchen moderne Maschinen."
Ehrgeizige Zukunftspläne
Während Axel und Dana ihre Schokolade in den schicken Cafés und Boutiquen Abidjans verkaufen, hat Suzanne Kabbani ihren eigenen Laden. Sie ist die Pionierin der Schokoladenproduktion in der Elfenbeinküste. Vor zehn Jahren hat sie damit angefangen. Die drahtige Mittvierzigerin füllt die weihnachtlich dekorierten Auslagen mit ihren Nougatstücken und Kokospralinen und erzählt von ihren Plänen für die Zukunft:
"Die Elfenbeinküste hat 18 Regionen, in denen Kakao angebaut wird. Jede hat ihren eigenen Geschmack. Wenn wir es schaffen würden, aus jeder Region eine Edelschokolade mit den besten Kakaobohnen herzustellen, wäre das eine wahre Köstlichkeit. Da reicht es, nur ein kleines Stück zu essen und schon wähnt man sich direkt in der Plantage."
Sprecherin Suzanne Kabbani hat das Schokoladenhandwerk in Belgien erlernt. In Europa soll man sich nun schon mal auf neue Konkurrenz vorbereiten. In fünf Jahren gehören wir zu den zehn besten Chocolatiers der Welt, sagt sie und steckt noch eine kleine ivorische Flagge neben einen Stapel Nusspralinen.