Performer erinnern an Oranienplatz-Besetzung
Im Jahr 2012 besetzten Flüchtlinge den Oranienplatz in Berlin. Am Wochenende erinnerte das HAU-Theater mit Performances vor Ort an die Geschichte dieser Aktion: Mit dabei die Initiative Schwabinggradballett und Arrivati, ein Chor aus Geflüchteten, Migranten und Unterstützern.
"Arrivati hat sich 2013 gegründet und zwar aus dem Grund, dass wir uns selber organisieren wollen, unsere eigene Perspektive auch in die Kunst reinbringen wollen."
La Toya Manly-Spain ist Gründungsmitglied von Arrivati, dem Chor der Angekommen. 1992 kam sie aus dem Bürgerkriegsland Sierra Leone nach Deutschland, seit 1994 lebt sie in Hamburg. Dort leitet sie den internationalen Chor DeVine, der aus einem Kinder- und Jugendchor hervorging, ein Raum für Begegnung und gelebte Integration. Die Intention von Arrivati ist dagegen eine politische:
"Wir denken, dass viele Probleme nur gelöst werden können, wenn die Leute, die betroffen sind, einbezogen sind. Und die Agenda ist vielleicht Empowerment, das heißt, wir glauben, dass jeder in der Lage ist, eine Lösung für seine Situation zu finden – ohne abhängig zu sein von anderen."
Mit Miniorgel und Megafonen
Samstagabend auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg, gemeinhin auch O-Platz genannt. Ted Geier vom Schwabinggradballett bedient eine winzige Orgel auf einem fahrbaren kleinen Bühnenturm. Davor die Chor-Mitglieder in orangenen Hosen und rosa Umhängen, bewaffnet mit Megafonen und beäugt von etwa 50 Zuschauern.
Der Zug setzt sich in Bewegung, denn es ist ja offiziell eine Demonstration durch die Nachbarschaft. Ziel ist der Mariannenplatz. Kapitel für Kapitel wird die Geschichte der Besetzung durch die Flüchtlinge nacherzählt. Der Chor ist dabei weitgehend ein deklamierender Chor, der ständig in andere Rollen schlüpft, unterbrochen von minimalistischen Beats und dem Marsch zur nächsten Station.
La Toya Manly-Spain: "Wir hatten über ein Jahr Interviews geführt mit Leuten, die dort involviert waren, mit Akteuren, um zu reflektieren. Wir glauben, wenn man das reflektiert, dann kann man viele Sachen lernen. Plötzlich war der O-Platz etwas sehr ruhig geworden.
Also wir sind nicht Künstler, die Aktivisten spielen. Jeder in der Gruppe glaubt wirklich und ist überzeugt von dem, was er macht, und dass er auch was ändern kann."
Und wir sind uns auch einig, dass man das auch in Kooperation machen kann. Es lohnt sich also sich zu organisieren und was gemeinsam zu tun.
Ich bin selber das Publikum. Ich bin selber die Frau, die da steht, die aus dem Camp kommt, oder ich bin die Mutter mit ihren Kindern, ich bin die Frau, die einkaufen geht. Ich sehe mich in all diesen Menschen, ich sehe da keine Bühne sozusagen."
Also wir sind nicht Künstler, die Aktivisten spielen. Jeder in der Gruppe glaubt wirklich und ist überzeugt von dem, was er macht, und dass er auch was ändern kann."
Und wir sind uns auch einig, dass man das auch in Kooperation machen kann. Es lohnt sich also sich zu organisieren und was gemeinsam zu tun.
Ich bin selber das Publikum. Ich bin selber die Frau, die da steht, die aus dem Camp kommt, oder ich bin die Mutter mit ihren Kindern, ich bin die Frau, die einkaufen geht. Ich sehe mich in all diesen Menschen, ich sehe da keine Bühne sozusagen."
Nachdenklichkeit beim Publikum
Nach zweieinhalb erschöpfenden Stunden findet die Performance am Mariannenplatz ihr Ende, aber ein Ende gibt es nicht in dieser Geschichte, das wissen alle Anwesenden. Das Publikum, das im Laufe der Demonstration immer weiter anwuchs, wirkt nachdenklich. Ich frage eine junge Zuschauerin nach ihren Eindrücken:
"Sehr bewegend, sehr bedrückend."
War es auch nicht zu textlastig?
"Nein, überhaupt nicht, sehr interaktiv, ich glaube, durch die Bewegung war es auch echt cool, wurden die Leute zum Mitmachen angeregt."
Hast du mitgemacht?
"Ja, so ein bisschen."
"Die Umsetzung war super. Ich fand auch gut, dass es nicht an einem Platz war, sondern unterwegs war. Dadurch war wirklich mehr so ein Democharakter. Und man hat sich auch gut mit den Inhalten auseinandersetzen können. War Bewegung drinnen, war mittendrin selber, war gut."
"Sehr bewegend, sehr bedrückend."
War es auch nicht zu textlastig?
"Nein, überhaupt nicht, sehr interaktiv, ich glaube, durch die Bewegung war es auch echt cool, wurden die Leute zum Mitmachen angeregt."
Hast du mitgemacht?
"Ja, so ein bisschen."
"Die Umsetzung war super. Ich fand auch gut, dass es nicht an einem Platz war, sondern unterwegs war. Dadurch war wirklich mehr so ein Democharakter. Und man hat sich auch gut mit den Inhalten auseinandersetzen können. War Bewegung drinnen, war mittendrin selber, war gut."
Lehrreiche Reise in die jüngste Geschichte
Die indiskrete Platzbefragung der Chöre der Angekommenen ist eine lehrreiche und schmerzhafte Reise in die jüngste Geschichte Deutschlands mit einer kämpferischen Note Richtung Zukunft. Und zum Schluss überwiegen nicht Wut und Schmerz, sondern Empathie.