Chor.com

Andersen-Märchen von Chören erzählt

Eine Nachtigall
Märchen-, Opern- und Chorstückheldin: eine singende Nachtigall © dpa / picture alliance / DB BirdLife International
Hans-Christian Andersens Märchen haben nicht nur viele Lesergenerationen, sondern auch Kompositionen angeregt. Zwei von ihnen – von dem Amerikaner David Lang und dem Letten Uģis Prauliņš, beide 1957 geboren – waren auf der Dortmunder Chor.com zu hören.
Ihre Andersen-Vertonungen stammen aus dem letzten Jahrzehnt und haben jeweils gewichtige Vorläufer auf der Opernbühne. Im Falle der halbstündigen Komposition von Prauliņš ist das Strawinskys "Rossignol"; doch anders als in der Kurzoper des Russen gibt es diesmal keine individualisierten Rollen. Der Chor ist Handlungsträger und Kommentator gleichzeitig, während eine virtuose Blockflötenstimme den Gesang der Nachtigall verkörpert, dessen Schönheit und Liebreiz am Ende sogar den Tod vertreiben.
Anders als dieses Happy-End endet das "Mädchen mit den Schwefelhölzern" tragisch. Helmut Lachenmann hat den Stoff vor 20 Jahren zum Ausgangspunkt einer weit ausgreifenden gesellschaftskritischen Oper gemacht. Der Zugang David Langs ist ein anderer, obwohl natürlich auch er die Kälte einer Gesellschaft anklagt, die ein Kind einfach auf die winterliche Straße setzt und dort erfrieren lässt. Indem er jedoch Andersens Geschichte nach dem Muster einer Bachschen Passion umformt, bekommt die Leidensgeschichte des kleinen Mädchens ein überhöhendes Moment: sein Tod ist und bleibt zwar sinnlos, behält aber nicht das letzte Wort. Geborgen in ewigem Frieden, bleibt das, was gut und liebenswert an ihm war, erhalten – in unserer menschlichen Erinnerung und vielleicht auch in einem Raum außerhalb unseres Vorstellungsvermögens.


Chor.com
St. Marienkirche, Dortmund
Aufzeichnung vom 15.09.2017


"Es war einmal ..."
Märchen von Hans-Christian Andersen erzählt mit Chormusik


David Lang
The Little Match Girl Passion
Uģis Prauliņš
The Nightingale


Tabea Debus, Blockflöte
Regina Münch, Sprecherin
WDR Rundfunkchor
Leitung: Nicolas Fink