Ironisch, kostümiert, weiblich
Die fünfte Jahreszeit erlebt ihren Höhepunkt – zur Freude der aufwendig verkleideten Jecken. Schrill kostümiert ist auch der Chor der Brausen aus Köln, deren Einsatz jetzt im Karneval besonders gefragt ist.
"Links Rück, Links Hop, Rechts Rück, Rechts Hop und alle!" / Chor: "Cowboys und Rum – liebt die Brause, Cowboys und Rum – das liebt sie sehr. (Rufe) …die Freiheit – liebt die Brause noch mehr, viel, viel mehr!"
Sie selbst nennen sich den "berühmt-berüchtigtsten, männerliebenden Frauen-Shanty-Chor auf allen Weltmeeren". Sie sind 21 Frauen, Matrosinnen mit engelsblonden Perücken in weiß-rosa-rotem Seefrauenkostüm - geballte Weiblichkeit - die Brausen.
Die Sopranistin Tina Pleps hatte die Idee zur Gründung dieses schrillen Chores. Im Mai 2006 arbeitet sie in einem Friseursalon, in dem immer wieder Bands auftreten.
Eine dieser Bands ist ein Shantychor, der sie und ihre Chefin, Katrin Hoffmann, nachhaltig beeindruckt:
"Meine Chefin, die ja damals Akkordeon angefangen hat, wusste gar nicht so recht, wo es mit dem Akkordeon hingehen soll und ich mache gerne Kostüme, ich liebe das, ich liebe Karneval über alles und dann haben wir uns überlegt, das können wir auch."
Heute, acht Jahre später, hat der Chor mit der Musikerin und Schauspielerin Tomke Andresen eine professionelle Leiterin. Die wöchentlichen Proben anzuleiten, macht ihr wegen der ausgelassenen Stimmung unter den Brausen besonders Spaß. Das ganze Jahr über tritt der Chor in Kneipen und auf Straßenfesten in der Region auf. Karneval ist und bleibt aber Hochsaison.
"Ich bin ein Mädchen aus der Südstadt und brauche die Kneipen, den Dom und auch den Rhein –
Ich bin ein kölsches Mädchen und kann ohne Karneval und Kölsch gar nicht mehr sein –
Und weil ich so gern tanze und saufe und singe, bin ich nicht gern allein."
Rosa Kostüme und Pompons
Die Brausen bieten neben ihrem Gesang eine richtige, choreografierte Show! Beim Tanzen kommen die rosaroten Kostüme und Pompons sehr gut zur Geltung:
"Wir sind schon eher ein visueller Chor – Ein visuelles Erlebnis mit Musik."
Sie nehmen sogar Schauspielunterricht, die Brausen. Ihre Choreografien reichen von Schnipsen, Stampfen, Hüften schwingen bis hin zu kleinen Rollenspielen, in denen die Sopranstimmen unschuldige Mädchen darstellen und die tieferen Altstimmen den gefährlichen Hai:
"(Sopran) Mädchen schwimmt, damdamdadadadadamm –
Mädchen schwimmt, damdamdadadadadamm –
(Alt) Hai sieht – damdamdadadadamm –
Hai sieht – damdamdadadadamm."
Mädchen schwimmt, damdamdadadadadamm –
(Alt) Hai sieht – damdamdadadadamm –
Hai sieht – damdamdadadadamm."
Am Ende des Lieds frisst der Hai das Mädchen auf und die Brausen brechen in Gelächter aus. Der humorvolle Umgang mit Geschlechterrollen ist ein häufiges Motiv in den Liedern der Brausen. In einem Lied singen sie vom Karneval und dem Prinz, der sie retten soll. Doch durch ihre Kostüme in Rosarot-Weiß, die blonden Perücken und ihr gleichzeitig sehr selbstbewusstes Auftreten karikieren die Brausen das Klischee der schutzlosen Frau, die von einem Prinz gerettet werden will.
Antje Weiss:"Es gibt schon welche, die finden das total bescheuert. Das ist so ein bisschen diese Barbie-Optik, das ist halt dieses übererfüllte Klischee. Das sind Frauen jenseits der 40 und sich anziehen als wären sie zwölf. Das muss man schon schräg finden. Wenn man´s ernst nimmt, kann man es nur schrecklich finden. (Lachen)"
So ironisch wie ihr Kostüme, so überspitzt sind auch ihre teils selbst geschriebenen Texte:
"Der Absatz ist so hoch und das Laufen fällt schwer, sind die geil und von der Skala, 30 Prozent im Sommerschlussverkauf dafür nehmen wir jeden Schmerz in Kauf. Sie sind so wunderschön und die Haxen tun weh – Stöckelschuh von Sandalo. Löcher an Deck von dem Schuh so schön rot. Oh wenn Käpten das sieht wird Kiel geholt."
Ironischer "Weiberhaufen"
Antje ist schon über fünf Jahre dabei und findet einen ganz speziellen Grund für die Ironie und das Auftreten der Brausen:
"Das ist ein Weiberhaufen und ich glaube, wenn das ein gemischter Chor wäre, dann wäre hier eine ganz andere Atmosphäre, eine ganz andere Spannung und das ganze Konzept, alles was wir gesagt haben mit überhöhten Klischees und übererfüllten Klischees, ich glaube das funktioniert nur so."
Im Leben außerhalb des Chores gehen die Brausen ganz unterschiedlichen Beschäftigungen und Berufen nach, doch beim Singen finden sie zusammen. Seit der Gründung vor acht Jahren haben sie gemeinsam Krisen überstanden und sich weiter entwickelt. Der Umgang unter den Brausen ist heute freundschaftlich und jede trägt auf ihre Art zum Gesamtkunstwerk bei: Eine Gruppe dichtet Liedtexte, manche entwerfen Kostüme, andere entwickeln Choreografien und wieder andere kümmern sich um die Homepage.
Margret ist das neuste Mitglied, sie weiß ganz genau, wieso sie gerade bei den Brausen gelandet ist:
"Wenn ich singe, fühle ich Freiheit, da fühle ich ein ganz intensives Gefühl von Freude, von Abschalten, von Gelassenheit. Und das, was wir genießen, ist letztendlich so der Funcharakter, ein bisschen crazy zu sein. Wir sind alle berufstätig und haben hier eine Wahnsinns-Auszeit und gehen danach immer noch ein Kölsch trinken."
"Es trinken die Matrosen von allen Spirituosen am liebsten Kölsch Fallera, Kölsch Fallera, Kölsch Fallera.
Am liebsten, am liebsten Kölsch aus Colonia, Kölsch aus Colonia."
Brause 1: "Ja wo is et denn, dat Kölsch?"
Brause 2: "Ja, da kricht man richtich Durst, ne!"
(Fröhliches Schnattern)
Brause 1: "Ja wo is et denn, dat Kölsch?"
Brause 2: "Ja, da kricht man richtich Durst, ne!"
(Fröhliches Schnattern)
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