Christian Demand über die Internationale der Populisten

Mehr als einen kleinen gemeinsamen Nenner haben sie nicht

Der brasilianische Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro
Jüngster Wahlerfolg der Populisten: Bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien holte Jair Bolsonaro im ersten Wahlgang 46 Prozent. © picture alliance / Fernando Bizerra Jr./EFE/dpa
Moderation: Anke Schaefer |
Ist der Populismus global auf dem Vormarsch? So jedenfalls deuten viele das gute Abschneiden des Rechtspopulisten Jair Bolsonaro bei der Wahl in Brasilien. Der Kulturphilosoph Christian Demand hält davon wenig: Diese Deutung erscheine ihm "fast zu unterkomplex".
Jetzt also auch Brasilien: bei der Präsidentschaftswahl liegt der Rechtspopulist Jair Bolsonaro vorn und könnte bei der Stichwahl am 28. Oktober den Sieg davontragen.
Von einem globalen Siegeszug des Populismus will der Kulturphilosoph Christian Demand dennoch nicht sprechen. Es sei nicht hilfreich, Fälle wie Bolsonaro, Salvini oder Trump "in eine Klammer fassen zu wollen", so der Herausgeber der Zeitschrift "Merkur" im Deutschlandfunk Kultur.
Einfach zu sagen, "Jetzt haben wir überall Populismus", erscheine ihm "fast zu unterkomplex", denn hinter dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Populisten, ein "vorpolitisches Wir" für sich zu reklamieren, würden sich sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen und Zielsetzungen verbergen.
"Die Populisten wollen auch sehr häufig 'was anderes. Der Trump der Tropen [gemeint ist Bolsonaro, d. Red]? – Alles schön und recht, aber da muss man schon genau hinschauen."

Jahrelang wurde doch gerade die Konsenskultur kritisiert

Ohnehin sei er nicht sicher, "ob es wirklich so unselig ist, wenn Polarisierungen stattfinden", meint Demand mit Blick auf die zunehmende politische Spaltung auch in Deutschland. "Man hat sich sehr lange über eine laue Bundesrepublik beschwert, über eine ständige Konsenskultur." Jetzt habe man die Konflikte: "Und da soll es dann auch schlecht sein."
Christian Demand
Christian Demand, Publizist, Kunsthistoriker und Kulturphilosoph, zu Gast beim Deutschlandfunk Kultur© Deutschlandradio / Jana Demnitz
Diese Konflikte, die inzwischen offen zutage getreten sind, werden Demand zufolge von den Parteien auch nicht unkooperativ behandelt. "Abgesehen von dem Konflikt aller im Bundestag vertretenen Parteien mit der AfD und der Abgrenzung, die da im Moment stattfindet".
Auch den oft vorgebrachten Vorwurf, mit seinen Äußerungen zur Migration als "Mutter aller politischen Probleme in Deutschland" hätte Horst Seehofer zur Verrohung der politischen Sprache beigetragen, teilt der Merkur-Herausgeber nicht. "Ist das tatsächlich ein Bruch, was das humane Sprechen miteinander bedeutet? Man muss nicht seiner Ansicht sein, wirklich nicht." Aber es sei nicht die gleichen Kategorie wie Hasskommentare im Internet. "Also: Das eine mit dem anderen zu vergleichen, hielte ich dann auch für unfair."
(uko)

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Christian Demand" können Sie hier nachhören: Audio Player

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