Eine umsichtige und schwindelfreie Fotografin
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Die Fotografin Christine de Grancy ist bekannt für ihre Bilder aus der Vogelperspektive. Doch die Österreicherin hat mit der Kamera im Gepäck auch die ganze Welt bereist. Mehr als nur Abbilder zu produzieren, sei ihr dabei ein Bedürfnis.
„Schwindelfrei“ und „umsichtig sein“, diese Eigenschaften braucht Christine de Grancy ganz besonders bei ihrer Arbeit. Als Fotografin findet sie ihre Motive vor allem auf den Dächern Wiens. Als langjährige Hausfotografin des Burgtheaters stand sie hier häufig ganz oben an den Dachrinnen.
In diesem Mai feiert sie ihren 80. Geburtstag. Eine Ausstellung mit den Theaterfotografien der Österreicherin wird es dazu in Wien geben. Und schon jetzt hat de Grancy sich selbst beschenkt und einen neuen Fotoband herausgebracht: „Über der Welt und den Zeiten“. Das Buch steckt voller Schwarz-Weiß-Fotografien von Denkmälern auf den Wiener Dächern. Sie ist fasziniert, „wie sich diese Stadt mit dieser Götterwelt verbunden hat“.
"Die Fotografie ist zu mir gewachsen"
"Als gelernte Grafikerin „ist die Fotografie zu mir gewachsen und wurde dann bestimmend in meinem Leben“, erzählt Christine de Grancy. Dabei sei der Blick von oben für ihre Arbeit auch immer ein wichtiger Perspektivwechsel.
„Dieses Gefühl, dass immer etwas von oben auf uns kommt, mächtige Chefs, die mächtigen Politiker, die Macht an sich, das ist ja tief in uns verankert. Und darum auch immer wieder der Blick hinunter, wie klein der Mensch doch ist."
Als Fotografin war Christine de Grancy in der ganzen Welt unterwegs, in Pakistan, China oder in der Westsahara. Bis heute lässt sie Russland nicht los, 16 Mal hat die Fotografin das Land bereist. Das hänge vor allem auch mit ihrer Biografie zusammen. Der Vater war in Stalingrad, der Großvater, Siegfried Wagner, am Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt. Von 1995 bis 2005 hatte sie das Land regelmäßig bereist und fotografiert.
„Mit jeder Reise hatte ich das Gefühl, was willst du über dieses Land sagen? Wie leichtfertig wir eigentlich Vorurteile immer transportieren ...", so die Fotografin.
"Ich will mehr erfassen"
In diesen Kriegswochen überrollen sie die Erinnerungen förmlich, sagt de Grancy, „es ist eine Lawine“.
Sie stehe förmlich unter Strom, „es tauchen diese Kindheitserinnerungen wieder auf. Aber natürlich auch diese Betroffenheit dieser vielen Menschen und Freunde, die man in Russland kennengelernt hat. Dieses wunderbare, auch so duldsame Volk, weil es offensichtlich gar nicht anders geht.“
Auch wenn sie die meisten Landessprachen auf ihren Reisen nicht beherrschte, habe Christine de Grancy sehr persönliche Bilder von den Menschen machen können. Die Zeit sei dabei ein wichtiger Faktor gewesen.
„Als normale Pressefotografin könnte ich nicht agieren. Ich habe das Bedürfnis mehr erfassen zu wollen, nicht nur ein Abbild.
(ful)