Gottes Wort in HD
Für die Minderheit der Christen in den muslimisch geprägten Ländern bietet der Sender Sat7 ein mediales Begleitprogramm. In Zeiten von IS-Anschlägen auf christliche Einrichtungen eine wichtige Stütze im Alltag. Ein Besuch im Studio in Kairo.
Kurz vor Sendebeginn kontrolliert der Toningenieur ein letztes Mal, ob die Moderatorinnen im Kairoer SAT7-Studio auch laut genug zu hören sind. Unterdessen gehen die Kameramänner auf Position. Die Maskenbildnerin packt die Puderquaste weg und tritt hinter die Kulissen. Der Countdown beginnt - Punkt 19 Uhr jeden Mittwoch beginnt das Frauenmagazin auf SAT 7 Arabisch, dem christlichen Fernsehsender für Zuschauer in Nahost.
In der hochmodernen Senderegie sitzt Maggie Morgan konzentriert vor einem guten Dutzend Bildschirmen und hat das Kommando. Die 37-Jährige ist Regisseurin und Redaktionsleiterin des Frauenmagazins. Auch die Gäste der heutigen Sendung hat Maggie Morgan ausgesucht. Es sind drei junge Christinnen vom Land.
"Sie kommen aus Oberägypten und sie haben große Träume, für die sie kämpfen. Sie konnten nicht lange zur Schule gehen. Deshalb unterrichten sie sich jetzt gegenseitig, um besser gebildet zu sein. Eine dieser Frauen hat sieben Brüder und Schwester! Sie sind sehr arm. Alles ist schwierig. Aber sie macht trotzdem mit, um zu lernen."
Keine Handarbeitstipps im christlichen Frauenmagazin
"Ibr we cheeth”, "Nadel und Faden”, heißt das Frauenmagazin des christlichen Kirchensenders SAT7. Aber Handarbeitstipps, wie zu vermuten wäre, gibt es hier nicht, stellt Maggie Morgan klar:
"Es geht überhaupt nicht um Handarbeit. Der Titel ist eine Metapher. Meine Großmutter hat gestrickt und ich war als Kind sehr, sehr schlecht darin. Aber sie sagte: Das ist ok. Du kannst mir nur helfen, die Knoten aus der Wolle zu machen. Und genau das wollen wir hier auch: In unserer Kultur sind viele Praktiken üblich, die wir auch entwirren müssen und dann auf unsere Weise neu gestalten."
Frauen Mut machen, dieses Sendekonzept findet weltweit Unterstützung. Zu den finanziellen Förderern gehören die evangelische Landeskirche im Rheinland und die Landeskirche in Westfalen. Dabei zählen längst nicht nur Christinnen zu den Zuschauern, weiß Maggie Morgan – und die evangelische Regisseurin will sich auch nicht nur an Glaubensschwestern wenden:
"Christliche und muslimische Frauen werden von den gleichen Faktoren unterdrückt. Das hat meiner Meinung nach nichts mit der Religion zu tun. Aber wir sind inspiriert von einem Zitat des heiligen Ignatius von Loyola: 'Die ganze Pracht Gottes zeigt sich im lebendigen Menschen.' Und jede Woche fragen wir die Frauen: Was macht Euch lebendig? Und sagen: Macht weiter damit!"
In 25 Ländern empfangbar
Via Satellit ist das arabischsprachige Programm des Kirchensender in 25 Ländern in Nordafrika und Nahost zu sehen: Rund um die Uhr, 24 Stunden in HD-Qualität. SAT7-Arabisch will die christliche Minderheit in der orientalischen Welt stärken. "Wir senden Gottes Liebe", so das Motto. Auf zwei weiteren Kanälen wird Persisch und Türkisch gesprochen. Zusätzlich gibt es ein Kinderprogramm.
Vor über 20 Jahren wurde SAT7 von dem britischen Baptisten Terence Ascott gegründet. Die Zentrale befindet sich auf Zypern. Aus den Studios des Evangelischen Medienzentrums in Kairo wird zugeliefert, erklärt der geschäftsführende Direktor Albert Fawzy:
"2016 haben wir 700 Stunden Programm produziert. Wir sprechen grundsätzlich alle Menschen an, aber besonders Schwerpunkt Christen. Deshalb senden wir auch Gottesdienste. Die Vision von SAT7 ist die Ökumene. In unserem internationalen Programmrat sitzen Vertreter aller christlichen Glaubensrichtungen: die evangelische Kirche genauso wie etwa die koptisch-orthodoxe oder die koptisch-katholisch Kirche. Von allen senden wir Gottesdienste, auch aus dem Libanon und aus Algerien. Aber die Studioprogramme haben ganz unterschiedliche Themen. Wir haben auch muslimische Gäste, um Brücken zu bauen zwischen den Menschen. Unser Ziel ist es, der Gesellschaft zu helfen, in Frieden zu leben."
Terroranschläge auf Christen
Denn die Realität sieht oftmals anders aus. So erschütterten in der Woche vor Ostern, an Palmsonntag, zwei schwere Terror-Anschläge auf koptische Gemeinden Ägypten. Ein Sprengsatz explodierte während eines Gottesdienstes in einer Kirche in Tanta im Nildelta. In Alexandria sprengte sich kurz darauf ein Mann vor einer Kathedrale in Alexandria in die Luft, in der gerade der koptische Papst eine Messe abhielt. Das Kirchenoberhaupt blieb unversehrt. Doch insgesamt wurden bei den Attentaten mindestens 47 Menschen getötet und über 120 verletzt. Die Terrororganisation Islamischer Staat bekannte sich zu dem blutigen Doppelschlag. Die SAT7-Reporter und Kamerateams waren schon wenig später vor Ort, befragten Augenzeugen und Angehörige der Todesopfer, wie diesen jungen Mann namens Mina Naseem. Er verlor bei dem Anschlag in Alexandria seinen Vater und versucht dennoch, besonnen zu bleiben:
"Ich kann nicht sämtliche Muslime dafür verurteilen. Da sind so viele Muslime, die keine Schuld tragen, aber denen, die diese Person zu uns geschickt haben, um sich in die Luft zu jagen, sage ich, im Namen Gottes, warum habt ihr nicht Euch zuerst gesprengt? Unsere Kinder sollten schon in der Schule lernen, dass Christen und Muslime sich nicht hassen sollen, weil sie verschieden sind. Respektiert Euch! Wir werden nicht aufhören, in die Kirche zu gehen und dort zu beten. Mein Vater Naseem Fahim ist jetzt einer der Heiligen im Himmel."
Der Mann beginnt zu weinen.
"Ich werde meinem ungeborenen Sohn nach ihm benennen und mein Ziel ist es, dass auch mein Sohn in den Himmel kommt. Und ich noch vor ihm. Der Tod ist für Christen keine Bedrohung mehr. Ich spüre, dass Gott jederzeit bei mir ist. Und Gott ist voller Mitgefühl."
Interviews wie diese müssen die Journalisten von SAT7 immer häufiger führen. Vor einigen Wochen waren sie in der ägyptischen Stadt Ismailiya unterwegs. Dorthin waren Hunderte Christen geflohen, nachdem auch im Norden der Sinai-Halbinsel IS-Terroristen die Menschen in Angst und Schrecken versetzt hatten. Mindestens acht Christen wurden von IS-Schergen getötet. Weitere Morddrohungen ausgesprochen. Besonders erschütternd ist ein Gespräch der SAT7-Reporterin mit einem fünfjährigen Mädchen. Die Kleine weiß genau, warum sie ihr Zuhause verlassen musste: "Weil die die Leute abschlachten. Alle, alle. Weil die Menschen sterben. Deshalb musste ich ganz weg aus El Arish."
Die Reporterin versucht das Mädchen zu beruhigen. "Der liebe Gott beschützt uns”, tröstet sie und fragt das Kind nach einem Lied. "Singt weiter", ist auch der Titel einer besonders beliebten Live-Sendung im arabischen SAT7-Programm. Auch sie soll Zuversicht vermitteln und den Zuschauern Kraft geben. Sänger und Bands singen dort alte und neue Lieder zu Ehren Gottes, erläutert Mitarbeiterin Mary Joseph. Die Zuschauer können im Studio anrufen:
"In der letzten Folge hat dann ein Bruder von zwei Männern angerufen, die in Libyen vom IS umgebracht wurden. Er hat erzählt, dass es ihm ein Trost ist, dass seine Brüder als Märtyrer gestorben sind. Dieser Anruf hat uns und die Zuschauer sehr erschüttert. Aber es war bewegend, wie sehr der Mann immer noch auf Gott vertraut."
Das Recht eines jeden auf Frieden
Und genau das sei die Botschaft des Kirchensenders, so Albert Fawzy:
"Wir versuchen eine Stimme der Hoffnung und des Friedens zu sein, für alle Menschen die hier leben. Die Politik von SAT7 ist es, niemanden anzugreifen. Wir sagen nur: Es ist das Recht eines jeden in Frieden zu leben, geschützt zu werden, und ein gleichwertiger Bürger zu sein."
Gleich in der Eingangshalle des Evangelischen Medienzentrums in Kairo zeigt auch ein modernes Gemälde, was den Machern des Arabisch-sprachigen Kirchensenders heilig ist. Es hängt gleich gegenüber der Monitorwand mit den ständig laufenden Fernsehern und erinnert an die Ikonen in den ägyptischen Kirchen. In fröhlich-bunten Farben zeigt es biblische Szenen und orientalische Fernsehzuschauer zuhause in ihren Wohnzimmern. Mitten im Bild steht von funkelndem Blattgold umrahmt der segnende Jesus. Gleich neben ihm schwebt der Satellit von SAT 7.