Christo: "Christo and Jeanne-Claude. L’Arc de Triomphe, Wrapped"
Übersetzt von Matthias Koddenberg
Taschen Verlag, Köln 2021
96 Seiten, 20 Euro
Posthumes Meisterwerk
05:09 Minuten
1961 hatte das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude erstmals die Idee, den Pariser Arc de Triomphe zu verhüllen. 60 Jahre später wird ihre Vision Wirklichkeit. Ein Bildband dokumentiert die Entstehungsgeschichte.
Die Fotografie zeigt Christo im Alter von 84 Jahren in seinem New Yorker Atelier. Der Künstler steht vor einer gewaltigen, weiß getünchten Backsteinwand, gleichsam umrahmt von zwei zentralen Werken: Zu seiner Linken, in Kopfhöhe, hängt ein kleines Bild der Aktion Wrapped Park Ways aus den 1970er-Jahren, der Blickfang allerdings ist die großformatige Zeichnung, die gerahmt rechts neben ihm an der Wand lehnt. Ihr Titel: L’Arc de Triomphe, Wrapped (Project for Paris) Place de l’Etoile – Charles de Gaulle.
Jahrzehnte der Vorarbeit
Im Januar 2020 war der Plan zur Verhüllung des Pariser Triumphbogens nach Jahrzehnten der Vorarbeit zur Vollendung gereift. Die Realisierung sollte wenige Monate später stattfinden, doch es kam anders. Christo starb im Mai 2020 (elf Jahre nach dem Tod seiner Partnerin Jeanne-Claude 2009), und wegen der Corona-Pandemie wurde das Projekt um ein Jahr verschoben.
Somit wirkt die New Yorker Fotografie wie ein Vermächtnis. Zu sehen ist sie nun gemeinsam mit vielen anderen Aufnahmen sowie Dokumenten, Zeichnungen und Texten in einem umfangreichen Bildband, der die Entstehungsgeschichte des Arc de Triomphe-Projekts minutiös aufblättert.
Seit 1961 arbeiteten Christo und Jeanne-Claude, die sich Ende der 1950er-Jahre in Paris kennengelernt hatten, gemeinsam im öffentlichen Raum. Einige ihrer Frühwerke sind einleitend in diesem schönen Buch abgebildet; etwa die gestapelten Ölfässer, mit denen die beiden die Rue Visconti versperrten (1961/62), eine verhüllte Skulptur auf der Esplanade du Trocadéro (1964) und auch die erste Fotomontage zur Verhüllung des Triumphbogens (1962).
Charmantes unperfekt umschnürtes Paketmonstrum
Sie zeigt das französische Monument als gigantisches, charmantes, unperfektes, umschnürtes Paketmonstrum. Die heutige Version ist deutlich zarter und bereits in einer Collage von 1988 zu erahnen. Konkret erkennbar wird sie dann in den eleganten Zeichnungen und Bildern, die Christo 2018/19 erstellte und von denen viele hier doppelseitig abgebildet sind.
Dass es 60 Jahre bis zur Realisierung dauerte, liegt – man liest es erstaunt – nicht an zähen Verhandlungen, die das Künstlerpaar sonst für seine Aktionen führen musste. Es war vielmehr der eigene Unglaube, das symbolträchtige Nationalmonument überhaupt antasten zu dürfen. Erst 2017 gab Christo seine Bedenken auf und bekam, berühmt wie er mittlerweile war, grünes Licht.
Dokumention der akribischen Arbeit
Es ist faszinierend zu sehen, welche Planungen, Arbeiten und Testläufe von da an einsetzten. Fast die gesamte zweite Hälfte des Buches zeigt Fotografien aus dieser Phase; aufgenommen von Wolfgang Volz, der Christo und Jeanne-Claude über Jahrzehnte begleitet hat.
So wird etwa die Entwicklung und Fertigung der Stoffbahnen dokumentiert, die Auswahl der Taue, die Herstellung der das Monument schützenden Stahlelemente oder auch das Training an einem nachgebauten Triumphbogen mit professionellen Kletterern aus Chamonix.
So macht dieser Bildband noch einmal deutlich, wie akribisch Christo und Jeanne-Claude zur Sache gingen, und wie kompromisslos sie ihr Werk entwickelten. Eine schöne Hommage!