Christoph Nußbaumeder: "Die Unverhofften"
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
671 Seiten, 25 Euro
Eine deutsche Unternehmerdynastie
11:43 Minuten
Sie prägten im Guten wie im Schlechten das Land: Unternehmerfamilien haben für viel Aufschwung gesorgt, aber auch für viel Leid. Das alles bildet der Dramatiker Christoph Nußbaumeder in seinem Debütroman ab.
120 Jahre Familiengeschichte, die auch eine Geschichte der deutschen Wirtschaft sind. Darum geht es in "Die Unverhofften" von Christoph Nußbaumeder. In dem Roman beschreibt er den Aufstieg eines Unternehmers, seiner Vorfahren und seiner Kinder.
"Die Unverhofften" ist der erste Roman von Nußbaumeder, der vorher als Autor von Theaterstücken bekannt wurde. Es handelt es sich um eine Fortsetzung des Stückes "Eisenstein", das vor zehn Jahren am Schauspielhaus Bochum uraufgeführt wurde.
Das Theater als Skizze
Er habe schon von Anfang an das Gefühl gehabt, nicht mit der Geschichte fertig zu sein, erläutert Nußbaumeder. Während ein Theaterstück für ihn eher eine Skizze sei, gleiche der Roman einem Gemälde.
"Die Unverhofften" spielt in dem realen Ort Eisenstein unmittelbar an der deutsch-tschechischen Grenze. Die Gemeinde ist schwer zugänglich mitten im Bayerischen Wald gelegen, sei also über die Jahrhunderte lang abgeschieden gewesen.
"Das macht natürlich was aus den Menschen", sagt Nußbaumeder. "Das sind fast buchstäblich hinterwäldlerische Menschen und gleichzeitig aber auch ein naturwüchsiges Volk. Das war der Ausgangspunkt am Ende des 19. Jahrhunderts. Man verfolgte die Linien dieser Menschen oder der der Nachkommenschaft. Die gehen vom Wald in die Welt."
Vom Aufbau bis zum Neoliberalismus
Ein wichtiger Aspekt, der in dem Buch beleuchtet wird, sei die Wichtigkeit solcher Unternehmensdynastien für die Bundesrepublik nach 1945. Nußbaumeder beschreibt seinen Unternehmer als Kapitalisten, der zum Investor wird, damit auch Arbeitsplätze schafft und Verantwortung für seine Mitarbeiter übernimmt.
Dies würde sich aber nach und nach verändern. Er verliere die Belegschaft aus dem Blick. Zudem würden die für die frühe Bundesrepublik so wichtigen Strukturen von Neoliberalismus und Globalisierung verdrängt werden, erläutert der Autor.
Auch die Gegenwart nach Gerhard Schröders Strukturreformen wie Hartz IV werden in dem Buch gestreift, so Nußbaumeder:
"Das spiegelt schon meine politische Einstellung wieder. Aber es war mir wichtig, keine Parolen oder Kommentare abzugeben." Vielmehr zeige er den Abstieg an der Figur Gerlinde, so der Autor.
Das Theater ist ökonomisch zu klein
Auf die Frage, ob Nußbaumeder nach seinem Debütroman zurück ans Theater will, sagt er:
"Eigentlich ist mir das Theater oder ein Theaterstück ökonomisch zu klein, mit seinem begrenzten Personal. Wenn ich neuen Ideen festhalten will, dann brauchen die mehr Raum. Da ist der Roman schon geeignet dafür."
(hte)