Der große, alte Mann des kubanischen Jazz
Chucho Valdes und seine Band Irakere prägten mit ihrer Fusion aus Funk, Salsa und kubanischen Elementen in den 1970er-Jahren den Latinjazz. Zum 40. Jubiläum der Band spielte sie ihren mitreißenden Sound im Berliner Haus der Kulturen der Welt.
Die Band Irakere hat seit den 70er Jahren die afrokubanische Musik maßgeblich beeinflusst. Mit ihrem mitreißenden Sound wurde sie weltweit bekannt und bekam 1979 sogar einen Grammy verliehen. Der Bandleader Chucho Valdes ist seit Jahrzehnten auch als Solist erfolgreich und hat mit vielen weiteren Bands weltweit gespielt. Gestern Abend waren Irakere und Chucho Valdes im Haus der Kulturen der Welt in Berlin live zu erleben. Burkhard Birke berichtet im Gespräch mit Moderator Mathias Mauersberger von diesem besonderen Konzert.
Seine Schätze aus mehr als 40 Jahren Irakere neu aufpolieren: Das war das Ziel des ewigen Bandleaders Chucho Valdés, als er anfing mit diesen Tribut-Konzerten.
Der mittlerweile 73-jährige kubanische Ausnahmepianist, der schon als Dreijähriger Klavier spielen konnte, hat eine Gruppe meist jüngerer kubanischer Musiker um sich geschart, die Afrocuban Messengers. In der Besetzung Bläser – Trompeten und Saxofon also, Schlagzeug, Bass und vor allem Percussion hat das zehnköpfige Ensemble im Haus der Welt der Kulturen das Publikum beim einzigen Deutschlandkonzert wirklich mitgerissen.
Die ganze Palette, diese unglaubliche Fusion, das Markenzeichen Irakeres, spielte die Band auf filigran, mit vielen Soli – Chucho Valdés hat also auch seinen Musikern den Raum zur Entfaltung geboten und das Ganze in einer unglaublichen Bandbreite von Son, afrokubanischem Jazz, aber auch Tango oder Funk und ein Song durfte dabei natürlich auf keinen Fall fehlen: "Bacalao con Pan", was übersetzt Kabeljau mit Brot heißt, sein Lieblingsgericht und der große Hit von Irakere, wie Chucho Valdés mir im Interview erzählte.
Die Geschichte von Irakere ließe sich auch als eine beschreiben, wie man aus einer Not eine Tugend macht. Irakere bedeutet Wald, stammt aus der Sprache der Yorubá, die in Westafrika lebten und als Sklaven nach Kuba gekommen waren. Jazz war als Musik der wenig geliebten Imperialisten aus den USA, so die offizielle Lesart im postrevolutionären Kuba, tabu.
Sie "afrikanisierten" den Jazz
Was taten also Musiker wie Paquito d’Rivera, Cesar Lopez, Manuel Machado, Chucho Valdés und einige andere, um den Jazz salonfähig zu machen? Sie afrikanisierten ihn im Zeichen der Rückbesinnung Kubas auf seine afrikanischen Wurzeln und bauten dabei auf den ersten Gehversuchen des kubanischen Trompeters Mario Bauzá und des Bepop-Mitbegründers Dizzie Gillespie aus den USA in den 40er-Jahren auf.
Chucho Valdés: "Im Grunde haben wir den afrokubanischen Jazz aus den 40er-Jahren modernisiert. So konnten wir natürlich sagen, wir spielen keine US amerikanische, keine Yankee-Musik, sondern eine Fusion aus Jazz und afrokubanischer Musik. Das hat uns natürlich geholfen und so konnten wir unsere Jazz-Leidenschaft verdecken."
Irakere legte seit den 1970er-Jahren die Basis für die moderne kubanische Musik, die Timba – der Name kommt von Timbales, also bestimmten Trommeln. Der Sound Irakeres ist eine unglaubliche Fusion aus Jazz, afrokubanischen Elementen, aber auch Funk. Und obwohl die Band viele Höhen und Tiefen erlebte, etwa, dass einige Bandmitglieder wie Paquito d’Rivera ins Ausland flüchteten, blieb eine Konstante: Chucho Valdes stand bis auf eine ganz kurze Periode immer an der Spitze der Formation mit wechselnden Musikern. Und er schildert noch einmal, was die Einzigartigkeit des Sounds von Irakere ausmacht:
"Die Timba entstand auf der Basis des kubanischen Son, den wir mit den Batá Trommeln und dem Bass des Funk und der afrikanischen Musik angereichert haben. Diese Fusion haben wir geschaffen: Das Schlagzeug und der Bass spielten Funk und die Batá Trommeln und Congas kubanische Rhythmen. Oscar nannte das Batumbatá und dieser Batumbatá war der Ursprung der Timba."
Interessant ist, dass Irakere nicht nur auf Spanisch, sondern auch in den westafrikanischen Sprachen aus dem heutigen Nigeria, wo Yorubá immer noch zuhause ist, gesungen haben und immer noch singen.