"In den Kreisen, in denen ich verkehre, hat niemand Angst"
Eine grundsätzliche Bedrohung sei für Juden hierzulande nicht zu spüren, sagt Cilly Kugelmann. Anders als im Nachbarland Frankreich gehe vom Antisemitismus keine Lebensgefahr aus, so die Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin.
Aus Sicht von Cilly Kugelmann, der Programmdirektorin und stellvertretenden Leiterin des Jüdischen Museums Berlin, sind die in der deutschen Hauptstadt lebenden Jüdinnen und Juden nicht besonders beunruhigt angesichts des islamistischen Terrorismus in Frankreich und der antisemitischen Tendenzen auch in Deutschland. In der Sendung "Tacheles" von Deutschlandradio Kultur sagte die in Deutschland geborene Jüdin: "In den Kreisen, in denen ich mich bewege, hat niemand Angst und fühlt sich bedroht und meint, er bräuchte Schutz."
Situation "völlig anders" als in Frankreich
Die Situation der Juden in Deutschland sei "völlig anders" als die im Nachbarland Frankreich: "Hier hat es zwar auch den einen oder anderen antisemitischen und antijüdisch eingefärbten Anschlag gegeben, aber es ist keine grundsätzliche Bedrohungssituation wie in Frankreich."
In Deutschland sehe sie "diesen allgemeinen, alltäglichen ressentimentgeladenen Antisemitismus, den es überall gibt." Dazu müsse man sich politisch verhalten, aber es gehe von dieser Form des Antisemitismus keine Lebensgefahr aus.
In Deutschland sehe sie "diesen allgemeinen, alltäglichen ressentimentgeladenen Antisemitismus, den es überall gibt." Dazu müsse man sich politisch verhalten, aber es gehe von dieser Form des Antisemitismus keine Lebensgefahr aus.
Auf die Pegida-Bewegung reagiert Cilly Kugelmann ebenfalls gelassen: "Die machen mir auch keine Angst. Es ist ein Sammelbecken von ressentimentgeladener Dummheit." Pegida und auch die Alternative für Deutschland (AfD) seien eher ein soziales Phänomen als eine politische Gefahr.
Cilly Kugelmann wird 1947 in Frankfurt am Main geboren und emigriert 1966 mit 19 Jahren nach Israel. Dort lebt sie ein Jahr lang als landwirtschaftliche Hilfsarbeiterin in einem Kibbuz, danach studiert sie an der Hebrew University in Jerusalem Kunstgeschichte und Geschichtswissenschaft. Fünf Jahre später – 1971 – kehrt sie nach Deutschland zurück und setzt ihr Studium in Erziehungswissenschaften, Soziologie und Psychologie fort.
Gleichzeitig organisiert sie Tagungen über jüdische Geschichte und den Nahost-Konflikt. Nach dem Studium gibt Cilly Kugelmann Eingliederungslehrgänge für Spätaussiedler und Asylanten, baut eine Selbsthilfefirma für chronisch Kranke in Darmstadt auf und unterrichtet Erziehungswissenschaft an der Heidelberger Universität. Parallel dazu arbeitet sie mit an einer empirischen Untersuchung zur Verfolgung von Sinti und Roma während des Nationalsozialismus. Von 1986 bis 2000 arbeitet sie im Jüdischen Museum ihrer Geburtsstadt Frankfurt am Main und betreut dort das Bildungsprogramm sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Seit 2002 ist Cilly Kugelmann Programmdirektorin und stellvertretende Leiterin des Jüdischen Museums Berlin.